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Reiche zur Kasse bittenPetition für Vermögenssteuer gestartet

Die neue Regierung will von einer Vermögenssteuer nichts wissen. Nun will eine Bundestagspetition die Debatte anstoßen.

Luxusjachten auf der Messe Boot in Düsseldorf: Auch die steigenden Mieten tragen zum Vermögenszuwachs der Reichen bei Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Berlin taz | Wenn 30.000 Bürgerinnen und Bürger unterschreiben, muss sich der Bundestag mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer beschäftigen. Attac hat eine Petition für ein entsprechendes Gesetz gestartet. Ziel des Vorschlags ist es, nur das reichste Prozent der Bevölkerung zu belasten. Der progressive Steuersatz soll bei 1 Prozent für Millionäre starten und 20 Prozent für Milliardäre betragen.

In den vergangenen Jahren ist der Reichtum am oberen Ende der Gesellschaft auch deshalb extrem gewachsen, weil diese Bevölkerungsgruppe prozentual wesentlich weniger Steuern und Abgaben zahlt als Normalverdienende. Auch die steigenden Mieten haben bei ihnen überproportional eingezahlt. „Mit einer fairen Vermögenssteuer schaffen wir nicht nur mehr Gerechtigkeit, sondern gewinnen auch dringend benötigte Einnahmen für öffentliche Infrastruktur, Klimaschutz und soziale Sicherheit“, begründet Julia Elwing aus dem attac-Koordinierungskreis die Initiative.

1996 war die Vermögenssteuer in Deutschland ausgesetzt, aber nicht abgeschafft worden – könnte also im Prinzip relativ einfach wieder eingeführt werden. Im Koalitionsvertrag steht davon erwartungsgemäß nichts. Statt sich nach neuen Einnahmequellen umzuschauen, will die Merz-Regierung die dringend notwendigen Investitionen ausschließlich über Schulden finanzieren. Wer die attac-Petition unterstützen will, kann auf https://attac.de/taxtherich Listen herunterladen und Unterschriften sammeln oder das online kundtun. Unterschreiben darf jede*r, unabhängig von Alter, Staatsangehörigkeit oder Wohnort.

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15 Kommentare

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  • "...und 20 Prozent für Milliardäre betragen."



    Keine nachaltige Geldquelle. Wenn jährlich 20 % des Vermögens weggesteuert werden, sind nach einem Jahr nur noch 80 % da, die besteuert werden können. Die Steuereinnahmen sinken von Jahr zu Jahr, und nach zehn Jahren sind von dem Vermögen (und den Steuereinnahmen) nur noch ca. 10 % da.



    Dazu kommt, dass die großen Vermögen weniger groß sind, als sie aussehen. Sie bestehen zum großen Teil aus völlig überbewerteten Aktien. Müssen Vermögende in großen Stil Aktien verkaufen, um ihre Steuern zu bezahlen, fallen die Aktienpreise in den Keller, ihrem realen Wert entgegen.



    Als Attac noch von einer Transaktionssteuer redete, habe das für recht vernünftig gehalten. Was sie jetzt mit der Petition macht, ist Populismus. Höhere Einkommensteuerprogression wäre sinnvoller.

    • @sollndas:

      "Höhere Einkommensteuerprogression wäre sinnvoller."



      Eindeutig richtige Aussage. Einmal Steuern zahlen, und zwar bei ALLEN Einnahmeformen.

  • "1 Prozent für Millionäre"



    1 Million sind heute schon hunderttausende Einfamilienhäuser und in den Großstädten sogar Eigentumswohnungen wert. Es wird also auch sehr viele Familien und Rentner treffen, die dann jährlich 10.000€ zusätzlich zur Rente versteuern müssen, ohne wirklich "reich" zu sein.



    Was solls, kommt eh nicht durch.

  • "In den vergangenen Jahren ist der Reichtum am oberen Ende der Gesellschaft auch deshalb extrem gewachsen, weil diese Bevölkerungsgruppe prozentual wesentlich weniger Steuern und Abgaben zahlt als Normalverdienende."

    Das stimmt leider nicht. Durch die Steuerprogression zahlen Besserverdiener prozentual deutlich mehr Einkommensteuer als Durchschnittsverdiener, absolut sehr viel mehr. Aber auch mit Progression wächst selbstverständlich das Vermögen umso schneller je mehr man verdient; um das zu verhindern müsste die Steuerprogression so extrem sein dass alle netto das gleiche verdienen, und das war noch nicht einmal in der DDR so.

    • @Descartes:

      Süss, wie naiv man sein kann !



      - Kein Reicher zahlt doch den Spitzensteuersatz !



      Stattdessen wird sich mit legalen und illegalen (z.B. CumEx) Tricks armgerechnet.



      Sehr anschaulich dargestellt in der Doku "Schön reich. Steuern zahlen die Anderen":



      youtu.be/_xW89MXjNio?feature=shared

    • @Descartes:

      Im zitierten Satz geht es aber nicht nur um die Einkommenssteuer, sondern generell um "Steuern und Abgaben", also sind auch so Sachen wie die Mehrwertssteuer dabei. Alle Steuern betrachtet zahlen Menschen weiter unten deutlich mehr Steuern relativ zu ihrem Einkommen als Reiche.

    • @Descartes:

      Bin mir recht sicher, dass es doch stimmt, wenn man Besserverdienende nicht mit Reichen gleichsetzt.

    • @Descartes:

      Wenn sie Einkommenssteuer zahlen, dann gehören sie nicht zum reichsten 1% in Deutschland.



      Jetzt kommt das Argument, insgesamt werden 55% Steuern von 2(!) verschiedenen, einer juristischen und einer natürlichen, Personen bezahlt.



      Stimmt, sind 2 Personen und wenn sie beachten wie teuer eine alternative Versicherung für den Haftungsausschluss wäre, dann sehen Sie, dass es gerechtfertigt ist.



      Aber betrachten wir nur die persönliche Person. 25% Kapitalertragssteuer. Ab dem Zeitpunkt wo sie weniger ausgeben als sie einnehmen fangen sie an zu thesaurieren. Senkt mit jedem thesaurierten Euro ihre %uale Gesamtsteuerlast.



      Also nein, ich kann ihnen nicht zustimmen.

      • @Littleneo:

        Im Erbfall gibt es dann die Verschonungsbedarfsprüfung und man sieht, dass das thesaurierte Geld nie! weder beim Erblasser noch beim Erben besteuert wurde.

  • Die ursprünglichen Gesetze und Mechanismen der Wirtschaft sind ja schon lange nicht mehr gültig.

    Geld wird einfach erfunden (Stichwort "Börsenwert")

    Und da die Gier kubisch mit dem Vermögen steigt, reicht kein Vermögen dieser Welt aus um die Gier zu stillen.

    Also muss Tag für Tag neues Geld erfunden werden ("Wachstum" genannt).



    Aber die Erde wächst nicht.



    Im Gegenteil.



    Sie verteilt sich auf immer mehr Menschen die dann immer weniger haben.



    Im Durchschnitt - also ein paar Wenige haben nicht weniger.

    Aber seien sie versichert: Dagegen ist kein Kraut gewachsen !

    Und mit Dreschflegel und Sense kann ja heute niemand mehr umgehen ...

  • Das momentane Wirtschafts- und Verteilungssystem sorgt dafür, daß der sog. Reichtum immer mehr zu Gunsten einer kleinen Geld-Elite verteilt wird.



    Was dazu führt, daß ab einer bestimmten Grenze überhaupt keine Güter mehr existieren, die dieser Personenkreis noch nicht besitzt. Das nennt man dann *Über-Reichtum*.



    Was also sollen diese Menschen noch mit ihrem Über-Vermögen anfangen.? Bleibt eigentlich nur eine Option: ihre Macht auszuweiten.



    Und an diesem Punkt wird es problematisch, denn zu Ende gedacht, ist die unausweichliche Folge: ein neuer Geldadel..und in der Gesamtbetrachtung die Entstehung einer neuen OLIGARCHIE..



    Was sich ja auch bereits zeigt. Nicht mehr nur in Bananerepubliken und Rußland sondern mittlerweile auch in den USA.



    Es wird Zeit hier genauer hin zu schauen und das Gesamtbild zu erkennen, damit nicht auch noch Europa schlafwandelnd in eine neue (alte.?) Aristokratie abrutscht.

    Egal ob über eine Vermögens- Erbschafts oder sonstige Steuer..wenn wir verhindern wollen, daß die Demokratie (Herrschaft des Volkes) durch die Herrschaft einer kleinen Elite abgelöst wird, dann brauchen wir ein neues System tragfähiger, nachhaltiger und gerechter Ausgleichsmechanismen...

    • @Wunderwelt:

      „wenn wir verhindern wollen, daß die Demokratie (Herrschaft des Volkes) durch die Herrschaft einer kleinen Elite abgelöst wird“ - das ist doch längst auch in D der Fall!

      • @Tiene Wiecherts:

        "das ist doch längst auch in D der Fall!"



        Ansätze mögen vorhanden sein, doch in dieser absoluten Form ist das doch eher nicht so.



        Eine absolute, gesicherte Oligarchie würde sich keinen Deut um Durchschnittsprobleme scheren bzw. deren Lösung verhindern, wenn es Geld kostet. Eine solche Lösung findet aber - je nach dem mehr schlecht als recht, aber doch - statt.

  • taz: *Wenn 30.000 Bürgerinnen und Bürger unterschreiben, muss sich der Bundestag mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer beschäftigen.*

    Da unterschreibe ich natürlich sofort, und dann warte ich mal ab, und schaue dann, welcher CDU-Politiker die Petition "abbügelt" und anschließend in den Müll wirft.

  • Blos weil ein paar Abgeordnete der SPD bei der Kanzlerwahl Rückrat gezeigt haben, bedeutet das noch lange nicht, dass die SPD ihrem Koalitionschef in die Kniekehle träte.

    Aber dennoch ist diese Petition zu begrüßen - allein um mal ein Gefühl dafür zu bekommen wie groß der Unmut über die "Gerechtigkeitslücke" ist.