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Reform des ProfifußballsSchöne neue Welt

Es grünt so grün: Wie eine gemeinnützige GmbH den Fußballclubs in der Bundesliga Nachhaltigkeit beibringen will.

Einfach nachhaltig: Musterbeispiel für die Begrünung eines Stadion-Außengeländes Foto: Reuters/Fabian Bimmer

Z ur Begrünung des schlechten Gewissens gibt es im Vorfeld grüner Parteiinteressen eine Reihe von Organisationen; sie schießen förmlich wie Pilze aus dem Boden. Eine davon ist die IMPCT gGmbH. Sie arbeitet genauso wie jene Bundeskanzlerinnen-Aspirantin, die erst vom Völkerrecht her kam und jetzt vom Sport, an einer besseren Welt. Es versteht sich natürlich von selbst, dass im Bereich des Fußballs viele Dinge einer grundlegenden Verbesserung harren. Darum kümmern sich, und das ist kein Schmäh, künftig im Verbund mit der Deutschen Fußball-Liga eben jene IMPCT-Leute, die sich „Creative Supporter“ nennen oder „Global Team Player“.

Impact misst in der Werbebranche übrigens den Wumms, der von einer Maßnahme ausgeht. Und der soll gewaltig sein, denn es geht der Fußball-Liga bei der Erziehung ihrer Profivereine um Nachhaltigkeit. Diese Nachhaltigkeit ist ein recht schwammiger Begriff, er kann alles mögliche meinen, aber wenn wir die DFL richtig verstanden haben, geht es ihr wohl um Klimaschutz und Kohlendioxid-Reduktion.

Die „Nachhaltigkeit der Clubs“ soll, wie es die DFL-Taskforce „Zukunft des Fußballs“ erarbeitet hat, schon im Dezember dieses Jahres in die Lizensierungsrichtlinien einfließen und dort als Neuerung einen solchen Schmackes entwickeln wie seinerzeit die verordnete Gründung von Nachwuchsleistungszentren; es geht die Legende, dass dadurch der deutsche Fußball in die Moderne geführt wurde. Das Thema Nachhaltigkeit sahen die Clubs in der Vergangenheit als erledigt an, wenn sie Werbung für Solarfirmen machten oder die stromfressende Lichtanlage zum Aufpeppen des welken Stadiongrüns ein paar Minuten weniger lang laufen ließen. Aber jetzt soll es ans Eingemachte gehen. An die Grundfesten.

Im E-Bus zum Champions-League-Spiel?

Dürfen Clubs künftig noch Trainingslager in Katar veranstalten oder zum PR-Termin nach China jetten? Geht das nicht auch per Zoom beziehungsweise reicht nicht auch der Fußballplatz in Herzogenaurach zur Saison-Vorbereitung? Warum nicht mal mit dem Zug zum Champions-League-Spiel nach Rom reisen oder mit dem E-Bus nach Paris? Das alles wird jetzt von der DFL und IMPCT unter die Lupe genommen. Die Werber besuchen in den kommenden Wochen die Vereine und schauen, was geht.

Gut möglich, dass sich die Club-Oberen fürchten vor den Inspizienten, aber das muss nicht sein, denn die Leute von IMPCT, das erkennt man schon an ihrer Eigenwerbung, sind liebe Menschen mit guten Absichten. „IMPCT will die großen Herausforderungen unserer Zeit auf neuen Wegen meistern. Hand in Hand“, schreiben sie – und man kann nur hoffen, dass sie beim Beratungs-Ringelpiez auf die Abstandsregeln achten. Super klingt auch, dass sie Räume schaffen und Welten zusammenbringen wollen.

Dass mit ihnen nicht zu spaßen ist, verrät dieser Satz: „Wer mit uns arbeitet, muss an sich arbeiten wollen.“ Schirmherrin von IMPCT ist die Grünen-Politikerin Katharina Fegebank, Vizebürgermeisterin In Hamburg. Die Gründerin ist Tanja Ferkau, die ihre Firma im Februar 2017 mit 25.000 Euro Stammkapital eintragen ließ. Ferkau ist ein Profi, sozusagen mit allen Werberinnenwassern gewaschen.

Das zeigt allein schon ihre Flexibilität im Abarbeiten von Aufträgen. Sie war in leitender Funktion beim Zigaretten-Multi British American Tobacco für die Marken Gauloises, Dunhill, Kent und Gitanes zuständig, später arbeitete sie auch im Marketing des Formel-1-Teams „Prost GP“. Man könnte also sagen: Ferkau musste in ihrer Karriere einen krassen Nachhaltigkeits-U-Turn hinlegen, um jetzt bei den von der UN entwickelten Zielen für nachhaltige Entwicklung, den 17 SDGs anzukommen, also den Sustainable Development Goals. In der graphischen Darstellung sind sie so bunt wie die schöne neue Welt. Tanja Ferkau würde wohl sagen: Es ist nie zu spät für eine Umkehr.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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2 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Immerhin ein gutes Foto!

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Die beste Reform wäre eine Obergrenze für den Verdienst der Fußballer u.a. Profi-Sportarten. Mir schwebt da 200.000 € im Jahr vor.



    Ein perverses System sollte schnellstmöglichst abgeschafft werden.