Rechtsextremer Personenschützer: Bodyguard von Knobloch bleibt trotz Hitlergrüßen Polizist
Als Polizist schützte er Charlotte Knobloch, in Chats befürwortete Michael R. „KZs für Ausländer“. Nach einem Urteil bleibt er dennoch im Dienst.

Besonders brisant ist der Fall, weil der Personenschützer Michael R. zeitweise auch beim israelischen Generalkonsul und bei Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, eingesetzt war. „Ich scheiß’ ihr vor die Tür, schön braun, mit Fähnchen“, schrieb R. in einem Chat. Nachrichten wurden mit „HH“ oder „SH“ unterzeichnet, was bei Nazis für „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“ steht. Über eine Bahnfahrt schrieb er: „Nur K******* im Zug.“
Das Münchener Polizeipräsidium wollte den heute 45-Jährigen deshalb aus dem Dienst entfernen. Doch das Münchener Verwaltungsgericht stufte ihn 2023 nur um zwei Dienstgrade zurück. In der Berufungsinstanz urteilte der VGH München noch milder und stufte Michael R. nur um einen Dienstgrad herunter, vom Kriminalhauptmeister zum Kriminalobermeister. Das Urteil liegt der taz vor.
Der VGH sah in den Chatnachrichten kein außerdienstliches Fehlverhalten, weil es sich überwiegend um einen 1:1-Chat mit seinem zeitweise einzigen Freund Philipp D. handelte. Äußerungen im engsten Familien- und Freundeskreis dürften aber nicht disziplinarisch geahndet werden, so die Richter:innen. Hier müsse sich jeder frei aussprechen können.
Private Hitlergrüße keine Abkehr von Demokratie
Rechtlich relevant wären die Chatnachrichten nur gewesen, wenn sich daraus eine „innere Abkehr“ Michael D.s von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ergeben hätte. Davon waren die VGH-Richter:innen aber nicht überzeugt, obwohl sie die Kommunikation als „absolut verwerflich“ einstuften.
„Hat ein Beamter seine Äußerungen nicht ernst gemeint, fehlt es an einer verfassungsfeindlichen Gesinnung“, erklärten die Richter:innen, etwa wenn in einem Chat „ein auf kurzfristige Lacher angelegter Überbietungswettbewerb an geschmacklosen und menschenfeindlichen Bemerkungen“ stattfand. So sei es wohl auch bei Michael R. gewesen. Mit der Äußerung zu Charlotte Knobloch habe Michael R. seinen Ärger darüber ausgedrückt, dass er ihren durchfallkranken Hund ausführen musste.
Für R. sprach jedoch, so der Gerichtshof, dass er sich im Dienst nie rassistisch, antisemitisch oder extremistisch geäußert habe. Es habe auch nie Beschwerden über ihn gegeben. Einmal habe er sogar unter Lebensgefahr einen angeschossenen syrischen Flüchtling gerettet. Auf seinen Geräten seien auch keine Nazi-Inhalte gefunden worden. Vor Gericht habe er Reue gezeigt. Den Kontakt zu extremistischen Freunden habe er abgebrochen.
R. soll nun im Innendienst eingesetzt werden
Nur eine Äußerung im Jahr 2021 sahen die Richter:innen als Dienstpflichtverletzung an. Als in einem nicht vertraulichen Chat der Vorschlag aufkam, KZs für Ausländer einzurichten, die sich nicht an Coronaregeln halten, habe er geantwortet: „vernünftig wäre es, wirklich“.
Hauptvorwurf gegen R. war aber die Mitteilung von vertraulichen dienstlichen Informationen an andere Polizisten, eine Staatsanwältin und eine Tante. Vor allem darauf stützte sich die Disziplinarmaßnahme gegen R. Michael R. war in den letzten viereinhalb Jahren suspendiert. Er soll nun im Innendienst wieder eingesetzt werden.
Charlotte Knobloch sagte der taz am Mittwoch: „Das Urteil macht mich ratlos.“ Und weiter: „Menschen, die auf den Schutz von Sicherheitskräften angewiesen sind, müssen diesen vertrauen können. Aber wie ist das möglich, wenn eine solche Gesinnung als privates Entertainment abgetan wird?“
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