Rechtsextreme Rede in Köthen: Ein klarer Fall von Volksverhetzung
Wer von „Rassenkrieg“ faselt, stachelt zu Hass auf. Und wer Menschen zu zerfleischenden Wölfen machen will, fordert Gewalt und Willkür.
Als Volksverhetzung wird unter anderem bestraft, wer gegen „Teile der Bevölkerung“ wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer „rassisch“ bestimmten Gruppe „zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert“ – und dies geeignet ist, den „öffentlichen“ Frieden zu stören. Es droht Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren, wobei Strafen bis zu zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden können.
David Köckert, der Chef des rechsextremen Bündnisses Thügida, hat in seiner Kundgebungsrede beim Köthener „Trauermarsch“ mehrfach Volksverhetzung begangen. Es beginnt schon damit, dass er die Straftaten einzelner Migranten zum Bestandteil eines „Rassenkriegs“ erklärt und vom „Abschlachten des deutschen Volkes“ spricht. Damit stachelt er eindeutig zum Hass gegen die nicht-deutschen Teile der Bevölkerung auf.
Noch weitergehender ist seine Aufforderung zur Gewalt: „Wir müssen endlich erwachen und sagen: Die wollen nicht friedlich mit uns leben. Also: Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Da er eingangs von „Totschlag, Vergewaltigung“ sprach, fordert er hier also zu ähnlichen Taten an hier lebenden Migranten auf. Dies geht auch weit über übliche Selbstjustiz-Forderungen hinaus, weil sich die „Auge um Auge“-Parole nicht auf die konkreten Täter bezieht, sondern auf ihre rassisch definierte Gruppe.
Erinnert an das NS-Regime
Am deutlichsten ist die Gewaltaufforderung ganz am Ende: „Wollt Ihr weiterhin die Schafe bleiben, die blöken, oder wollt Ihr zu Wölfen werden und sie zerfetzen?“ Das Objekt „sie“ sind hier die Gegner im eingebildeten „Rassenkrieg“. Die Frage ist nicht offen formuliert, sondern rhetorisch gemeint. Das ist im Kontext der Rede ganz deutlich, wo es darum geht, dass das deutsche Volk „endlich erwachen“ und „sich wehren wird“. Der Begriff des Menschen, der zum Wolf werden soll, erinnert dabei an die „Operation Werwolf“ des NS-Regimes am Ende des Zweiten Weltkriegs.
Andere Äußerungen könnten auch als Beleidigung, als öffentliche Aufforderung zu Straftaten oder als Bedrohung strafbar sein. Da Köckert aber teilweise bewusst unbestimmt bleibt und die Meinungsfreiheit zudem auch polemische und drastische Äußerungen schützt, ist die Strafbarkeit hier nicht so eindeutig wie bei der Volksverhetzung.
Die beim Trauermarsch skandierte Parole „Nationaler Sozialismus – jetzt, jetzt, jetzt“ dürfte wohl nicht strafbar sein. Als strafbare Verwendung von NS-Kennzeichen gilt zwar auch die Verwendung typischer NS-Parolen wie „Blut und Ehre“, der bloße inhaltliche Bezug zum Nationalsozialismus genügt aber nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“