Rechter Richter Bengt Fuchs: Vom Geschassten zum Boss
Bengt-Christian Fuchs ist neuer Referatsleiter im Thüringer Justizministerium. Zuvor war er von seiner Funktion am Verwaltungsgericht Gera enthoben worden.
Neues Amt, neue Tätigkeit. Im Thüringer Justizministerium steht der Name des berufenen Referatsleiters bereits am Türschild: „Herr Dr. Fuchs“. 2024 war Richter Bengt-Christian Fuchs wegen möglicher Verbreitung von rassistischen Ressentiments und homophoben Positionen in Internetforen seiner Funktion am Verwaltungsgericht Gera enthoben worden. Seit Dezember vergangenen Jahres ist der ehemalige Vizepräsident nun als Referatsleiter ins Ministerium abgeordnet.
Der Alte Herr der Verbindung Turnerschaft Salia Jenensis Göttingen leitet das Referat 45, welches für die Wirtschaftsverwaltung, den Europäischen Sozialfonds (ESF Plus) oder auch die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Zu der Abordnung möchte die Pressestelle des Ministeriums um Beate Meißner (CDU) nicht viel sagen.
Eine Anfrage der taz zwischen den Feiertagen blieb unbeantwortet. Auf Nachfrage legte der Pressesprecher dar, „dass personelle Einzelmaßnahmen und deren zugrundeliegende Beweggründe nicht kommentiert werden“. Und er schob nach: „Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt ein mutmaßlicher Tatverdächtiger im deutschen Recht als unschuldig.“
Warum Fuchs, gegen den ein Disziplinar- und ein Strafverfahren laufen, vor deren Ergebnissen einen Posten als Referatsleiter erhielt, bleibt offen. Doch die Vorhaltungen, beruhend auf Postings unter anderem in der burschenschaftlichen Internetplattform „Tradition mit Zukunft“ (Tramizu), die die taz im Juni 2024 öffentlich machte, ließen nicht bloß Zweifel an der richterlichen Unabhängigkeit aufkommen.
Über rassistische und sexistische Posts gestolpert
Über die Postings eines „Bengt Fuchs“ oder „BeFuchs287“ berichteten auch das Portal Legal Tribune Online und der MDR. Nicht ohne Folgen: Nach den Veröffentlichungen betreute Fuchs keine Asylverfahren mehr. Bereits zuvor hatte eine Statistik der Bundesregierung offenbart, dass Richter Fuchs überdurchschnittlich häufig die Ablehnung von Asylanträgen bestätigte, wie die taz berichtete.
In den Beiträgen schrieb ein „BeFuchs287“ im Januar 2009: „Beim Anblick der Photos habe ich mich einen Augenblick gefragt, was wäre, wenn die in Deutschland Asyl beantragen würden und nach erfolglosen Verfahren zur Abschiebung anstünden. Würden die von evangelischen Kirchgemeinden Kirchenasyl gewährt bekommen, würde Claudia Roth heulen, würden häßliche Frauen mit Hängetitten, Doppelnamen und Schlabberhemden gegen die Abschiebung demonstrieren?? Oder umgekehrt: Der Asylrichter, der diese Sportsfreunde als Asylbewerber anerkennen würde, wäre das ein Naziburschenschaftlermachofaschist“.
Im Mai des Jahres schrieb der User: „Jetzt breche ich mal eine Lanze für die Mitteldeutsche Provinz: Wer den Quatsch mit den Migranten nicht haben will, zieht zu uns. Keine 2 % Ausländer“. Vom ausländerfreien Osten schwärmt „BeFuchs287“ nochmal im Dezember des Jahres: „Ich muss gestehen, dass es auch für mich Wessi schon ein deutlicher Kulturschock ist, wenn ich aus dem beschaulichen Thüringen in die ‚alte Heimat‘ komme und kein Taxifahrer mehr der deutschen Sprache mächtig ist und das überwiegende Stadtbild meiner westdeutschen Heimat-Groß-Stadt völlig verschleiert daherkommt. Das will ich nicht und damit basta.“
Irritierende Aussagen
Im Juni 2011 schrieb „BeFuchs287“: „Wenn ein Lehrer sich anschicken sollte, meinen Kindern vermitteln zu wollen, dass homo- oder transsexuelle Veranlagungen einem heterosexuellen Dasein gegenüber als gleichberechtigt und normal zu beurteilen sind, hat er mich ebenso am Hals wie jene Lehrer, die meinen Kindern zu vermittel versuchen, dass es in der ‚DDR‘ nicht so schlimm gewesen sei.“
Über Jahre klinkte sich „BeFuchs287“ in die Plattform ein. 2.554 Nachrichten verfasste allein der User. Der taz gegenüber bestätigte Fuchs, Alter Herr der Turnerschaft zu sein, betonte aber nach Vorhaltung verschiedener Zitate dieses Users im Juni 2024: „BeFuchs287 bin ich definitiv nicht“. Seitdem schweigt er.
Ein Nachsatz irritierte allerdings damals schon: „Ich werde dies zum Anlass nehmen, dieses Portal für mich zu löschen.“ Für mich löschen? Gab es doch eine Verbindung? Einzelne Angaben aus der Vita des Users legen zudem die Autorenschaft nahe. Diese Daten deckten sich mit Fuchs’ Angaben bei LinkedIn, wo er angab, von 2007 bis 2009 im Justizministerium tätig gewesen zu sein. Die Abordnung ist nach der Gesetzeslage erneut zeitlich begrenzt.
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