Rassismus unter Medienschaffenden: Koloniales Fachgespräch
Eine „Beauty-Influencerin“ interviewt einen Journalisten. Am Ende stehen rassistische Stereotypen im Raum – und dann noch sexistische.
Neben zahlreichen Bikinipics sollen auch die Kulturinteressierten unter ihren FollowerInnen nicht zu kurz kommen. Außerhalb von Strandausflügen berichtet sie auf Instagram unter dem Format „Wie ist Südafrika wirklich?!“ von den Menschen und der politischen Lage vor Ort. Dafür traf sie unter anderem Wolfgang Drechsler. Der 56-Jährige ist seit 1995 Afrikakorrespondent für das Handelsblatt und lebt selbst in Kapstadt.
Nachdem Drechsler im Instagram-Interview zunächst allgemein über den afrikanischen Kontinent doziert, spricht er davon, dass der „Afrikaner“ bedingt durch seine „Kultur“ keinen Unternehmergeist entwickeln könne, da er sich eher auf das „Kollektiv im Dorf“ verlasse. Im rosafarbenen Poloshirt gestikulierend, erklärt Drechsler anschließend, dass „wir“ (Weißen/Europäer*innen) jedoch auch von den „Afrikanern“ lernen könnten: „Der Afrikaner“ lebe nämlich sehr gerne im Hier und Jetzt, während „wir“ uns ständig um unsere Zukunft sorgen.
„Der Afrikaner“ tendiere dazu, in der Vergangenheit zu verharren. Daher käme seitens afrikanischer Staaten immer wieder die Forderung nach Entschädigungen gegenüber den einstigen Kolonialmächten auf. Es sei nun für den afrikanischen Kontinent an der Zeit, sich endgültig von der Kolonialphase zu verabschieden um „aus den Puschen“ kommen zu können.
Unangemessene Kritik
Zur Löwen sitzt lächelnd daneben und nickt. Von der ausbeuterischen Kolonialherrschaft der Deutschen auf dem afrikanischen Kontinent schweigt Drechsler. Dabei ist die maßgeblich für die heutige politische und wirtschaftliche Situation eben dieser Staaten mitverantwortlich. Drechsler bedient sich auf unsubtile Art und Weise des kolonialen Narrativs des „rückständigen Afrikaners“ das der Erzählung des „fortschrittlichen Europäers“ gegenüber steht.
Protest gegen das Video ließ nicht lange auf sich warten. Auf Twitter wurde zur Löwen am Mittwoch als „Rassistin“, „Schande für den Afrikanischen Kontinent“, aber auch, sexistische Stereotypen reproduzierend als „wandelnde Werbefläche“ und „Püppi“, von der man nicht erwarten könne, dass sie mitdenke, bezeichnet. Das Video hat die Influencerin mittlerweile gelöscht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte