Raketenbeschuss aus Israel und Libanon: Die Gefechte werden immer heftiger
Die Hisbollah feuert aus dem Libanon tiefer denn je ins israelische Staatsgebiet hinein. Israelische Luftangriffe töten am Freitag 45 Menschen.
Im Libanon waren im Süden und im Osten mehrere Ortschaften zum ersten Mal von israelischen Angriffen betroffen. Eine Person wurde bei dem israelischen Angriff auf ein Haus in dem Dorf Aitaroun getötet, so das libanesische Gesundheitsministerium. Einheimischen zufolge seien zwei Personen verletzt worden.
Die Hisbollah feuerte mehr als 100 Raketen auf den Norden Israels, die diesmal so weit reichten wie nie bei den seit einem Jahr andauernden alltäglichen Grenzgefechten. Die Hisbollah meldete, sie habe drei Raketenangriffe auf die Region Haifa verübt. Die ersten beiden Angriffe, die erstmals mit Fadi-Raketen durchgeführt wurden, zielten auf den Stützpunkt und Flughafen Ramat-David südöstlich von Haifa.
Der Rettungsdienst Magen David Adom behandelte vier Menschen mit Schrapnellwunden. In der Ortschaft Kirjat Bialik nahe Haifa wurden Gebäude beschädigt, Autos gerieten in Brand. Unklar war zunächst, ob die Schäden durch ein Geschoss aus dem Libanon oder eine israelische Abfangrakete entstanden.
Kinder und Krankenhauspersonal unter Toten
Die neue Eskalation folgt auf einen israelischen Luftangriff in Beirut am Freitag. Dabei war ein Wohngebäude eingestürzt, das libanesische Gesundheitsministerium zählt mindestens 68 Verletzte und 45 Tote. Unter den Toten seien mindestens drei Kinder im Alter von 4, 6 und 10 Jahren. Die libanesische Zeitung L’Orient-Le Jour berichtete, dass fünf Angehörige einer Familie getötet wurden, darunter vier Frauen.
Nach Angaben der israelischen Armee hatten sich zur Zeit des Angriffs Hisbollah-Kommandeure bei einem Treffen in einer Parkgarage unterhalb des Gebäudes aufgehalten. Die Hisbollah bestätigte, dass insgesamt 16 ihrer Kommandeure getötet wurden – darunter die zwei Chefs der Kampfeinheit Radwan, Ibrahim Akil und Ahmed Mahmud Wahbi. Die Radwan ist für die Bodeneinsätze der Hisbollah verantwortlich.
Es ist der dritte israelische Luftangriff auf Wohnhäuser in Beirut, um hochrangige Kommandeure zu töten. Bei den Angriffen starben immer auch Zivilist*innen.
Am Dienstag und Mittwoch explodierten Tausende Funkgeräte im Libanon. Sicherheitsquellen zufolge hatte der israelische Geheimdienst die Pager und Walkie-Talkies mit Sprengstoff präpariert. 37 Menschen starben, 2.931 wurden verletzt. Unter den Toten und Verletzten sind Hisbollah-Mitglieder sowie Kinder und Krankenhauspersonal.
UN-Menschenrechtskommissar verurteilt Pager-Angriffe
„Es ist ein Kriegsverbrechen, Gewalt zu verüben, um Terror unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten“, sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats am Freitag. Türk forderte eine unabhängige Untersuchung der Pager-Attacken. Sie stellten eine neue, erschreckende Entwicklung in der Kriegsführung dar.
Die tragische Situation könne nicht isoliert betrachtet werden, so der Menschenrechtskommissar weiter. Er verwies auf die humanitäre Katastrophe in Gaza, die zunehmende Gewalt durch israelische Siedler im Westjordanland und die Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel.
Durch israelische Angriffe im Gazastreifen wurden über 41.200 Palästinenser*innen, vor allem Frauen und Kinder, getötet und über 95.500 verletzt. Die humanitäre Lage für die 2,2 Millionen Palästinenser*innen in Gaza ist katastrophal. Am 7. Oktober vergangenen Jahres wurden in Israel über 1.200 Menschen getötet, und in Gaza halten die Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppierungen noch immer über 100 israelische Geiseln fest.
Die Beendigung des Krieges im Gazastreifen habe absolute Priorität, so Türk. Er forderte einen sofortigen Waffenstillstand, den ununterbrochenen humanitären Zugang zum Gazastreifen, die sofortige Freilassung aller Geiseln aus Gaza und einen Stopp der willkürlichen Inhaftierung von Tausenden von Palästinenser*innen durch Israel. Zudem müsse Israels illegale Besatzung der palästinensischen Gebiete angegangen werden, die der Internationale Gerichtshof in seinem Gutachten vom Juli deutlich dargelegt habe.
Die UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, betonte: „Es gibt keine militärische Lösung, die irgendeine der beiden Seiten sicherer machen wird.“
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