RWE baut das Portfolio um: Heuchlerische Pläne

Die RWE feiert sich dafür, dass man jetzt auf Ökoenergien macht. Dabei ist der Konzern viel zu spät dran und zerstört weiterhin Dörfer für die Kohle.

Offshore-Windräder, davor ein Segelboot

RWE-Windpark in der Ostsee vor Rügen Foto: Paul Langrock/zenit

Sie nennen sich „Menschenrecht vor Bergrecht“ und hatten zumindest am Montag keine Chance gegen RWE: Der Essener Energiekonzern generierte eine Menge positiver Schlagzeilen an der Börse und in der Wirtschaftspresse. Am Morgen präsentierte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz die Neuaufstellung des Konzerns und bastelte daraus eine Jubelmeldung.

Fast zeitgleich schickten Anwohner*innen des Tagesbaus Garzweiler II einen Brief an Schmitz. Sie forderten eine „Klarstellung, dass in Zeiten des beschlossenen Kohleausstiegs und der Klimakrise keine Dörfer mehr für den Kohleabbau zerstört werden dürfen“. Der Konzern will die Orte Keyenberg, Kuckum, Berverath, Ober- und Unterwestrich und weitere trotz Kohleausstiegs zerstören und abbaggern. Das, obwohl Berechnungen etwa des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben haben, dass für die Restlaufzeit der Kraftwerke bis 2038 mehr als genug Kohle in den vorhandenen Tagebauen abgebaut werden kann.

Schmitz' Konzernumbau ist deshalb heuchlerisch. Bis 2040 will er RWE „klimaneutral“ und zu einem weltweiten Player für erneuerbare Energien machen. Bereits 2018 hat RWE dabei mit Eon, dem zweiten großen deutschen Energiekonzern, das Terrain in Sachen Energiewende abgesteckt: Die beiden Energiealphatiere haben die Eon-Tochter Innogy unter sich aufgeteilt. Eon bekommt die Stromnetze, die wegen der Energiewende digitaler und intelligenter werden müssen, und außerdem das Geschäft mit den Endkunden, also uns. RWE übernimmt dafür komplett die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von Eon und Innogy.

Kurzum, beide Konzerne kommen sich nicht in die Quere, in guter, alter Tradition: Seit der Weimarer Republik haben sich in Deutschland RWE und die Firmen, aus denen Eon im Jahr 2000 zusammenfusioniert wurden, den deutschen Strommarkt staatlich abgesegnet fein aufgeteilt. In den Nullerjahren sprachen sich die Konzerne regelmäßig ab, das Bundeskartellamt sprach damals von einem „Duopol“.

Kein einziges neues Windrad

Die Aufteilung der Geschäfte jetzt trägt zumindest an der Börse Früchte für RWE, dort ist der Wert des Konzern seit Anfang des Jahres um 40 Prozent gestiegen. Eine innovative Leistung lässt sich in der neuen Strategie trotzdem nicht erkennen. Wenn RWE jetzt behauptet, zu einem der führenden Produzenten erneuerbarer Energien weltweit aufzusteigen, dann liegt das ja nicht daran, dass man die Chance frühzeitig erkannt und investiert hat.

Durch den selbst ausgerufenen Aufstieg in die Ökoliga wird zunächst auch kein neues Windrad und keine neue Solaranlage aufgestellt – RWE übernimmt nur Vorhandenes und erzeugt weiterhin den meisten Strom aus Kohle. Außerdem kündigt Schmitz zwar 1,5 Milliarden Euro Investitionen in Ökoenergien im Jahr an, allerdings kaum in Deutschland. Dass man mit erneuerbaren Energien weltweit eine Menge Geld verdienen kann, ist seit Jahren bekannt. Für die späte Erkenntnis kann man Schmitz getrost die goldene Schnecke verleihen.

Ein großes Opfer ist der Kohleausstieg für RWE ohnehin nicht: In Deutschland kassiert er dafür Milliardenentschädigungen, in den Niederlanden 2,9 Milliarden Euro Förderung, um Kohlemeiler auf Biomasse umzurüsten. Die groß angekündigte Umstellung bis 2040 ist eine Anpassung an politische, gesellschaftliche und ökonomische Realitäten. Der Wandel wurde über Jahre von Umweltverbänden, Politikern, Wissenschaftlern und all denen, die für die Energiewende auf die Straße gingen, erkämpft. Gegen den Widerstand von RWE-Managern, die sich jetzt feiern lassen.

RWE ist zu den Veränderungen jetzt, metaphorisch gesprochen, geprügelt worden. Und am einzigen Punkt, an dem die Essener Dinosaurier aktiv positiv handeln könnten, da versagen sie wie eh und je: Zu einem Verzicht auf die mutwillige Zerstörung weiterer Dörfer für die Kohle muss RWE wohl von Gerichten gezwungen werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.