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RAF-SolidarisierungsdemoLasst sie doch Capoeira tanzen

Etwa 200 Menschen solidarisieren sich bei einer Demo mit der festgenommenen RAF-Terroristin Daniela Klette. Die Polizei ist mit 450 Personen vor Ort.

„Freiheit für Daniela – Terroristisch ist das System“ Foto: Christophe Gateau/dpa

Berlin taz | Es scheint als wären die RAF-Jäger*innen heiß auf Überstunden, um ihrer neuen Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Anders ist der Großaufmarsch an Polizist*innen, der am Samstagabend am Mariannenplatz anrückt, kaum zu erklären. Unter dem Motto „Stoppt den Staatsterrorismus – Solidarität mit den Untergetauchten und Gefangenen“ haben sich dort rund 200 De­mons­tran­t*in­nen zur RAF-Solidarisierungsdemo versammelt.

Gegen 18 Uhr haben sich im Park damit ähnlich viele De­mons­tran­t*in­nen versammelt, wie Polizist*innen. Ein Großteil der De­mo­teil­neh­me­r*in­nen ist eher älter, im grauhaarigen Bereich, dazwischen wenige Jugendliche. In schwarze Schals und Corona-Masken vermummt stehen Protestierende zunächst in kleinen Grüppchen und halten Plakate in die Luft: „Freiheit für Daniela – terroristisch ist das System“, steht auf einem, „Wo war der Staat bei der NSU-Aufklärung?“ auf einem anderen. Durch einen Lautsprecher werden Solidaritätsbekundungen von verbündeten Gruppierungen vom Band abgespielt.

Sie fordern etwa einen „Stopp des Staatsterrorismus“, dieser wird den Red­ne­r*in­nen zufolge durch den Staat, die Polizei und die Medien ausgeübt. „Der Staat scheut keine Mittel, um seinen Rachedurst zu stillen an denen, die das Machtmonopol in Frage stellen“, heißt es in einer Solidaritätsbekundung.

„Die Menschenjagd wird zum Happening“, schallt es aus den Lautsprechern. Bür­ge­r*in­nen würden „in alter deutscher Manier“ dazu aufgefordert, ihre Nach­ba­r*in­nen zu verraten. Gefördert werde die „Menschenjagd“ durch die Medien, die sich durch das „Anbiedern als Hilfspolizisten“ hervorhöben. Die Antwort der De­mons­tran­t*in­nen auf die „staatliche Offensive“ sei „Internationale Solidarität“. „Egal, wie man die RAF und ihre Taten beurteilt, sie sind Teil unserer Bewegungsgeschichte“, tönt es über den Platz.

Medienkontakt unerwünscht

Das Bild der Medien als Hilfs­po­li­zis­t*in­nen scheint Eindruck hinterlassen zu haben: Mit dem „Drecksblatt“, wie einer die taz bezeichnet, wollen die meisten De­mo­teil­neh­me­r*in­nen nicht sprechen. Zwei Jugendliche geben jedoch an teilzunehmen, „wegen der Cops und dem Wohnheim“, nicht, weil sie der Meinung seien, „Daniela“ habe „alles richtig gemacht“.

Ein anderer Jugendlicher findet: „Ist doch scheiße mit den ganzen Wohnungsdurchsuchungen.“ Er sagt auch, dass er die Capoeira-tanzende Rentnerin, in deren Wohnung eine Kalashnikov und eine Panzerfaustgranate sichergestellt wurde, ungefährlich findet. Ihre Taten seien wohl eh verjährt: „Lass die doch in Ruhe“.

Neben Kritik, etwa an dem Vorgehen der Polizei, oder der „Boulevardblätter, denen jedes kleine Detail eine Schlagzeile wert ist“, werden auch deutlich unterstützende Stimmen laut: „Daniela ist jemand, die was super tolles gemacht hat und uns geschützt hat vor dem Rechtsterrorismus“, sagt ein Mann mittleren Alters. Klette habe nie etwas Falsches getan, man könne ihr nichts nachweisen.

Als der Demomarsch vom Mariannenplatz loszieht, wird die Absurdität des Polizeiaufmarsches noch einmal augenfällig: Denn deutlich mehr Po­li­zis­t*in­nen als De­mons­tran­t*in­nen sind unterwegs. Vom Mariannenplatz ziehen die nach Schätzung der Polizei rund 200 De­mons­tran­t*in­nen und nach eigenen Angaben 450 Po­li­zis­t*in­nen in Richtung Görli, unter anderem durch die Sebastianstraße, in der Klette bis zu ihrer Festnahme wohnte.

Polizei rechnete mit Pyrotechnik

Auf Anfrage der taz, warum so ein großes Polizeiaufgebot notwendig gewesen sei, heißt es: Man sei davon ausgegangen, dass Vermummungen angelegt, Pyrotechnik gezündet und polizeifeindliche Sprechchöre gerufen würden. Mit der Einschätzung lag man nicht falsch, doch anscheinend hat die Polizei das Mobilisierungspotential dann doch etwas überschätzt.

Immer wieder werden „Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen“-Rufe laut. Hier und da werden Böller geknallt, Pyro oder Feuerwerke gezündet. Als der Demozug auf die Adalbertstraße einbiegt, zieht sich die Polizei Schutzhelme auf, vielleicht auch nur, um die „BRD-Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt“-Rufe nicht so deutlich hören zu müssen.

Angekommen am Lausitzer Platz setzten die De­mons­tran­t*in­nen mit „Bullen, Schweine…“ an, und noch bevor der Demoruf beendet werden kann, haben sie sich in alle Richtungen verteilt und sind wie vom Erdboden verschluckt. Die Polizei beobachtet das Spektakel wie bestellt und nicht abgeholt. Darauf folgt eine Görli-Version von Räuber und Gendarmen rund um den Lausitzer Platz: Sprintende De­mo­teil­neh­me­r*in­nen gejagt von Mannschaftswagen mit quietschenden Reifen. Gegen 19:30 Uhr erklären die An­mel­de­r*in­nen die Demo vorzeitig für beendet.

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17 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Sowjetfahnen zur Erinnerung an die "Rote Arme", wo "sie sind Teil unserer Bewegungsgeschichte“ weder Kritik am Stalinismus noch Kritik an politischen Morden und Goldlager im Schlafzimmer bedeutet.

    Kurz, da hat sich gar nichts bewegt in den letzten 50 Jahren.

  • Joa, was soll man noch zu solchen Veranstaltungen sagen? Muss man sich davon als linker öffentlich distanzieren oder darf ich das als selbstredend betrachten.

    Irgendwie kann ich die Polizei auch verstehen eher auf Nummer sicher zu gehen wenn sich Leute versammeln die Mord- und Bombenanschläge befürworten.

    Menschen die absurde Positionen vertreten tendieren eben auch sonst gerne mal zu Gewalt.(Wenn auch meistens nicht so stark wie bei rechtsextremen, schon klar.

    • @syle x:

      Genauso....

      Trittin...vor wenigen Tagen



      "wir haben immer friedlich demonstriert" sic !

      • @Peace85:

        Verleihung..ich Check nicht was mir dieses Zitat sagen soll..? Bitte um Erläuterung

  • „Egal, wie man die RAF und ihre Taten beurteilt, sie sind Teil unserer Bewegungsgeschichte“

    Was für ein durch und durch dummer und entlarvender Satz. Politische Ideologie über allen anderen Werten. Mörder und Terroristen? Egal, sind ja "unsere Mörder und Terroristen". Und mit den "Drecksblättern" wie der taz wird natürlich nicht geredet. Ne Aussagen, wie man sie auf jeder Fascho Demo hören kann. Mehr muss man gar nicht wissen.

    • @Deep South:

      Der Weg ist ja auch nicht so weit.



      War da nicht ein Horst Mahler?

      • @Sonntagssegler:

        Horts Mahler ist sogar fast sowas wie ein innofizielles Gründungsmitglied der RAF. Zumindest war er von Anfangan mit dabei. Ein hochintelligenter Mann, der erst links und dann rechts völlig abgedreht ist. Ein exremistischer Geist.



        Aber gegen Mao, Stalin, Pol Por und Konsorten, die ja auch irgendwo Teil der linken "Bewegungsgeschichte" sind, ist der nur ein ganz kleiner Fisch.

  • Alter Verwalter, eine RAF-Soli-Demo.

    Die letzte, auf der ich war, ist gut vierzig Jahre her. Das waren immer recht ungemütliche Veranstaltungen und gegen die Angst hat man gepfiffen wie im Wald:

    "Drinnen und draußen, eine Bewegung, Einheit im Kampf um Zusammenlegung".

    Und ab 1982, nach dem "Mai-Papier", mit dem die Zusammenarbeit der europäischen "Guerilla" beschlossen wurde:

    "Die Front entsteht als kämpfende Bewegung, Einheit im Kampf um Zusammenlegung".

    • @Jim Hawkins:

      Naja, "RAF-Solidemo" - so titelt die TAZ. Ob alle Teilnehmer*innen so denken, wie die Zitierten bleibt offen. Mag sein, dass es viele sind. Manche, womöglich, haben an sich ein Problem mit Einknasten und Diskursverschiebung nach rechts ("Die pösen Linksextremistisch*innen!1elf Der Feind steht links!"), schätze ich.

      • @Uranus:

        Ist schon klar, dass gegen links immer größere Fässer als gegen rechts aufgemacht werden.

        Selbst die Berliner Cops haben gesagt, dass sich das LKA und das SEK aufgeführt hätten, "wie die Russen in Prag". Ein Hauch vom "Deutschen Herbst".

        Der Fisch wird bald geputzt sein.

        Aber, so wie es in der Linken die durchgeknallten Post-Kolonialen mit ihrem Israel-Wahn gibt, gibt es offensichtlich auch noch ein paar Hundertschaften von Antiimperialisten, die ihr Weltbild schon lange nicht mehr überprüft haben.

        Die Schnittmenge zwischen den beiden ist womöglich größer, als einem lieb sein kann.

        Emanzipatorische Linke kann man derzeit fast an zwei Händen abzählen.

    • @Jim Hawkins:

      Ich erinnere mich an das "Mai Papier", ein mit wirren politischen Phrasen verfasstes Pamphlet, welches eine sinnlose Mordserie einleitete.

      • @Goodfella:

        Das ist mir mittlerweile auch klar.

  • 4G
    47351 (Profil gelöscht)

    Auch Beate Zschäpe musste mit dem Hubschrauber zum BGH fliegen. Und sitzt schon ganz schön lange ein. Ohne die beiden Uwes geht von ihr sicher keine Gefahr mehr aus, zumal sie ja offenkundig bei keinem der Morde persönlich anwesend war, was die böse Klassenjustiz nicht davon abhielt, sie als Mittäterin anzusehen. Also lasst sie frei.

    • @47351 (Profil gelöscht):

      Ich versuche gerade, ihr schräges Rechtsverständnis auf sowas wie "Ocean Eleven" & Co anzuwenden.



      Demnach wäre jedes Bandenmitglied, das im Tresorraum persönlich nicht dabei war, prinzipiell ungefährlich, unschuldig und freizulassen.



      LOL

      • @Sonntagssegler:

        Sie haben den Kontext nicht verstanden. Genau dieses absurde Rechtsverständnis, welches Linke derzeit in Bezug zu RAF-VerbrecherInnen zeigen, kritisiert Jan Sch. mit seinem Vergleich. Also: noch mal lesen, nachdenken und verstehen.

    • @47351 (Profil gelöscht):

      Nicht zu vergessen Prinz Reuß und sein Schattenkrampfgeschwader, welches im Rollatorcorso durch die GSG9 abgeführt wurde. Von Solidaritätskundgebungen keine Spur. Und das ist natürlich auch gut so. Die Linken ticken da einfach anders. Wenn es um Gewalttäter aus den eigenen Reihen geht, ist der Staat der Gewalttäter und die Terrortanten und -onkels werden zu Opfern staatlicher Verfolgung. Selbstreflexion wird buchstäblich zum unbekannten Fremdwort.

    • @47351 (Profil gelöscht):

      Ihr Kommentar ist eine ziemlich gelungene Parodie auf's schräge Verharmlosungsgeschwurbel der RAF-Sympathisantenszene.

      Faktisch ist Beate Zschäpe als Angehörige des NSU-Trios natürlich eine enorm wichtige, zudem weiterhin gut vernetzte Symbolfigur für alle Hardcore-und sonstigen Rechtsextremisten. Schon deswegen geht von ihr eine Gefahr aus.