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Putin trifft Xi JinpingPeking und Moskau sind ganz einig

Wladimir Putin und Xi Jinping verlangen vom Westen Sicherheitsgarantien. Sie verbitten sich jegliche Belehrungen des Westens.

Die Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping am 4. Februar in Peking Foto: Sputnik/reuters

Peking taz | Als Russlands Präsident Wladimir Putin das Pekinger Staatsgästehaus Diayutai betrat, wirkte die Begrüßungsgeste noch etwas unbeholfen: Die erste Andeutung eines Handschlags erwiderte Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping nicht. Kein Wunder: Schließlich war es das erste Mal, dass der 68-Jährige seit Ausbruch der Pandemie eine internationale Regierungsdelegation trifft.

Doch abseits des holprigen Starts war das Treffen der zwei politischen Schwergewichte eine bisher nie dagewesene Zurschaustellung von gegenseitiger Solidarität. Mehr noch: Moskau und Peking machten außergewöhnlich selbstbewusst und unmissverständlich klar, dass sie in ihren außenpolitischen Vorstellungen als einheitlicher Block auftreten werden – gegen die von den USA angeführte Weltordnung.

Über 5.300 Wörter enthielt die Stellungnahme von Xi und Putin. Deren Kernaussagen gingen weit über die erwarteten Energie-Deals hinaus. Beide Seiten unterstützen sich unter anderem bei der Forderung nach verbindlichen Sicherheitsgarantien im Konflikt mit dem Westen.

Zudem sprachen sich Moskau und Peking – wenig überraschend – gegen eine Nato-Erweiterung aus. Das Verteidigungsbündnis solle „die ideologischen Ansätze der Ära des Kalten Krieges aufgeben“ und „die Souveränität, Sicherheit und Interessen anderer Länder respektieren“. Das bedeutet im Klartext unter anderem: China verbittet sich jegliche Kritik an seiner Hongkong-Politik sowie an den Menschenrechtsverletzungen in Hongkong.

Die Botschaft richtet sich auch an Europa

Ohnehin warfen die zwei Staaten den USA unmissverständlich vor, „Farbenrevolutionen“ in der Ukraine und Hongkong angefeuert zu haben. Um sich dem entgegenzustellen, versprachen sich Xi und Putin gegenseitige Unterstützung. Wie diese ausschauen wird, lässt sich kaum ausmalen. Denn Chinas Staatsführung geht bereits ohne Moskauer Schützenhilfe rigide gegen sämtliche Kritik vor: Allein am Freitag ließ man erneut einen Hongkonger Aktivisten Koo Sze-yiu festnehmen, nachdem dieser gegen die am Freitag startenden Olympischen Winterspiele protestieren wollte. Laut der chinesischen Regierung verstößt jene Kritik gegen das „nationale Sicherheitsgesetz“.

Beim Gipfel zwischen Xi und Putin haben die zwei Staatschefs auch den sogenannten Aukus-Pakt verurteilt, ein trilaterales Militärbündnis zwischen den USA, Großbritannien und Australien, das zweifelsohne als Eindämmungsversuch gegen Chinas Machtinteressen im Indo-Pazifik zu verstehen ist.

Es besteht also kein Zweifel daran, dass die Botschaft des bilateralen Treffens an Freitag vorrangig an Washington gerichtet ist, aber in Abstufung auch an die europäische Staatengemeinschaft. Dem politischen Westen solle deutlich gemacht werden, dass hier zwei militärische Weltmächte als einheitlicher Block zusammenstehen.

Insbesondere in Kiew dürfte man sich besorgt fragen, wie weit die solidarische Einheit in außenpolitischen Fragen reicht. Denn offiziell befürwortet Chinas Staatsführung im Ukraine-Konflikt eine friedliche Lösung. Doch das Treffen zwischen Putin und Xi hat nochmals eindrücklich untermauert, wie weit Pekings Loyalität mit Moskau bereits fortgeschritten ist. Immerhin könnte Peking dafür sorgen, dass es zu keiner Eskalation während der gerade begonnenen Winterspiele kommen wird. Diese will Chinas Staatsführung nämlich vor allem als Plattform für die eigene Inszenierung nutzen. Diese soll natürlich nicht durch negative Schlagzeilen gestört werden.

Dass Putin seinem Amtskollegen Xi überaus respektiert, wurde bereits am Donnerstag deutlich. Da hat der russische Präsident einen Artikel bei Chinas staatlicher Nachrichtenagentur Xinhua publiziert, der mit Lobhudeleien nicht hinterm Berg hält. Putin schrieb darin von einer „jahrhundertelangen Tradition der Freundschaft und des Vertrauens“ beider Länder.

Die Freundschaft führte die zwei „besten Freunde“ schließlich ins Pekinger Vogelnest-Stadium, wo sie der Eröffnungszeremonie der Olympischen Winterspiele beiwohnten – passenderweise ohne hochrangige Sitznachbarn westlicher Regierungen.

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9 Kommentare

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  • Apropo Privilegien nur ein paar Beispiele um Ihr Blickfeld zu korrigieren: EON, Watterfall.



    Als die USA Grenzen sowohl z. B. Panama, Lybien, im Irak wie auch im Syrien unterschritten haben, war unsere Grenze erreicht?



    Die Narrative von Menschenrechten ist nur für naive Menschen. Es gelten nur knallharten Interessen.



    Wir sollten uns nicht anmaßen. Wir verhalten gegenüber anderen Dritte-Welt Ländern kein Deut besser.

  • "Es ist nicht alles Gold was glänzt!"

    (Alte Volksweisheit)

  • Gegenwärtig existiert, wie richtig vermerkt, ein Zweckbündnis zwischen zwischen Russland und China, aber das wird nicht ewig halten. Eines Tages werden sie erkennen, dass die Welt zu klein ist für beide. Hin und wieder hört man, dass sie sich schon jetzt beim „Land Grabbing“ in die Quere kommen, z. B. in Afrika. Oder in den Staaten an der ehemaligen Seidenstraße, die zum Teil auch zum Hinterhof Russlands gehören. Wohin wird das führen?

    • @Pfanni:

      Klar ist das ein Zweckbuendnis auf Zeit ... aber noch vor dem Gedanken, dass diese beiden Großmächte sich weltpolitisch in die Quere kommen könnten, steht die gruselige Vorstellung, dass sie sich zuerst einmal untereinander die Welt aufteilen können. Die USA als Weltmacht in Agonie, innenpolitisch auf dystopische Zustände zusteuernd ... das liberale westliche Demokratiemodell global überall auf dem Rückzug, stattdessen ein Siegeszug (rechts)populistischer, autoritärer und autokratischer Herrschaftsformen. Dann die Durchsetzung der bellizistischen/militaristischen Logik als Krisenloesungsstrategie anstelle politischen Handelns und Diplomatie. Dazu noch die globale Klimakrise, Fluechtlingskrisen etc. ... wem fällt noch mehr ein?



      Das alles zusammengenommen lässt mich frösteln.

      • @Abdurchdiemitte:

        Ja, wenngleich etwas überspitzt dargestellt.



        Was mich irritiert ist in diesem Zuge dass immer noch so viele Mitbürger ihren Anti-Amerikanismus pflegen müssen. Trump ist/war beinahe eine politische Katastrophe für die Welt. Leben möchte ich nicht in den USA, nur möchte ich mir in diesen Zeiten keine neuen Verbündeten suchen müssen.



        In einer friedlichen, halbwegs demokratischen Welt schimpfe ich gerne aus Amerika. Wenn die Alternative Putin und Xi heißen sind mir nahezu alle anderen Freunde lieber.

        • @Michael Renper:

          Volle Zustimmung!

        • @Michael Renper:

          Ich persönlich pflege hier keinen Anti-Amerikanismus ... allerdings sehe ich, dass ein bestimmtes Gesellschaftsmodell an sein Ende gekommen ist und ich frage mich, ob diejenigen, die Verantwortung für das Fortbestehen eines zivilisierten demokratischen (Über)Lebens auf diesem Globus tragen, die Gefahr wirklich erkennen und ernsthaft dagegen steuern wollen.



          In den USA implodiert dieses westliche Gesellschaftssystem übrigens von innen, dazu bedarf es keiner aeusseren Feinde oder Bedrohungen.

  • Genau davor "Driving the Russians into Chinas arms" hat Prof. Mearsheimaer schon 2014 gewarnt. Man hätte die Russen in Osteuropa alleine lassen sollen.

    • @Kartöfellchen:

      Wir haben die Russen alleine gelassen. In Tchetchenien, in Georgien sogar auf der Krim. Und allges getan um eine regulären wirtschaftlichen Austausch zu fördern.



      Schauen Sie sich mal an welche Privilegien Gazprom in Deutschland geniesst. Keinem anderen ausländischen Unternehmen hätte man einen derart großen Teil des Gasnetzes überlassen.



      Die Grenze ist erreicht wenn Rußland Grenzen überschreitet. Diese Rußland wird sowieso kein zuverlässiger Partner gegen China sein.