Prozess um Munitionsaffäre beim KSK: Operation Frühjahrsputz geht schief
Brigadegeneral Markus Kreitmayr hatte verfügt, dass gestohlene Munition straffrei zurückgegeben werden konnte. Nun steht er vor Gericht.
An diesem Freitag steht Kreitmayr nun selbst vor Gericht. Um die fehlende Munition aufzuspüren, ist er möglicherweise illegale Wege gegangen. Die Staatsanwaltschaft wirft Kreitmayr vor, trotz gesetzlicher Pflichten weder den Fehlbestand noch die Namen der betroffenen Soldaten an Vorgesetzte und Strafverfolger gemeldet zu haben.
Kreitmayr gibt vor dem Tübinger Landgericht einen klar strukturierten Bericht, wie er die Dinge sieht. Er gibt zu, den Soldaten die Möglichkeit gegeben zu haben, die Munition zurückzugeben, ohne dass sie Disziplinarmaßnahmen zu befürchten hätten.
Es sei ihm darum gegangen, zu verhindern, dass Soldaten aus Angst vor den Folgen die Munition vom Kasernengelände schmuggeln und Privat lagern, was eine Straftat darstellt. Er habe gegenüber den Soldaten nie eine „Amnestie“ angekündigt, sondern von einer letzten Chance gesprochen. „Ich stehe auch heute noch zu meiner Entscheidung“, sagt Kreitmayr vor Gericht.
Rechte Netzwerke
Als der Brigade-General im Jahr 2019 zum Kommandeur des KSK ernannt wird, steht die Truppe wegen rechter Umtriebe in der Kritik. Es geht um Feiern, die nicht mit Girlanden, sondern mit Schweinsköpfen dekoriert waren und bei denen Nazi-Lieder gesungen wurden.
Durch Recherchen auch der taz sind Verbindungen aktiver und ehemaliger KSK-Soldaten in den rechtsextremen Netzwerken Nordkreuz und Uniter bekannt geworden. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) berichtet von einer wesentlich höheren Dichte an rechtsextremen Verdachtsfällen beim KSK als beim Rest der Bundeswehr.
Etwa zur gleichen Zeit, als Kreitmayr die Soldaten zur Rückgabe von Munition auffordert, nimmt die Polizei den noch aktiven KSK-Stabsfeldwebel Philip Sch. fest. Im Garten seines Privatgrundstücks hat er Gefechtsmunition, Sprengstoff und Waffen vergraben.
Das Problem von Munition, die nach Manövern rechtswidrig bei den Soldaten verbleibt, ist in Armeen verbreitet. Dies geschehe oft auch aus Versehen, erklärt Kreitmayr. Er sei zu keinem Zeitpunkt von Straftaten ausgegangen, sondern von Dienstvergehen, über die er als Vorgesetzter entscheiden könne. Zudem habe er den großen Fehlbestand als jahrelanges Führungsversäumnis seiner Vorgänger gesehen, das er nicht auf dem Rücken der Soldaten habe austragen wollen.
Kein Vorwurf des Rechtsextremismus
Seinen Vorgesetzten im Verteidigungsministerium habe er erst Meldung über die Fehlbestände machen wollen, wenn er einen vollständigen Überblick über das Problem habe. Möglicherweise wollte der Offizier aber auch lieber die Lösung des Problems als das Problem selbst melden.
Niemand wirft Kreitmayr selbst irgendeine Nähe zum Rechtsextremismus vor. Zeitweise wurde gegen ihn ermittelt, weil er Krankenschwestern im KSK-Lazarett angewiesen haben soll, ihm rechtsextreme Tatoos der Soldaten zu melden. Das wäre allerdings nicht zulässig. Womöglich wollte er durch sein Schweigen zur fehlenden Munition verhindern, dass das letzte Argument zur Auflösung der Sondereinheit von ihm selbst kommt.
Das persönliche Risiko für sein Vorgehen ist hoch. Im Fall einer Verurteilung drohen Kreitmayr bis zu drei Jahre Haft. Vier Jahre hat es gedauert, bis der Karriereoffizier sich vor Gericht verantworten und vielleicht rehabilitieren kann. Die Tübinger Kammer erklärt das mit der komplizierten Materie und der Überlastung des Gerichts.
Der ehemalige Stabsfeldwebel Philipp Sch. mit seinem Waffenarsenal im eigenen Garten hat seine Haftstrafe schon abgesessen und ein Buch geschrieben. Er hat stets alle rechtsextremen Tendenzen abgestritten. Das Urteil über Markus Kreitmayrs Pflichtverletzung soll Ende Februar fallen.
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