Prozess nach großem Tierschutzskandal: Viehhändler wegen Quälerei verurteilt
Ein Gericht verhängt eine Geldstrafe gegen einen Mann, der verletzte Rinder in einen Schlachthof gefahren haben soll. Tierrechtler hatten das gefilmt.
„Er hat nach Überzeugung des Gerichts zwei nicht transportfähige Rinder aufgeladen“, sagte Kirchhoff der taz. Da die Tiere bei der Ankunft im August 2018 in einem Schlachthof von Bad Iburg nahe Osnabrück nicht mehr aufstehen konnten, habe der Angeklagte eines der Rinder mit einer Seilwinde ohne Betäubung aus dem Transporter gezogen. Das zweite musste demnach auf den „Kniegelenken“ die Rampe herunterhumpeln. „Beides hat zu Schmerzen geführt, das hat die Sachverständige gesagt“, berichtete Kirchhoff.
Die Strafe liege über der Forderung der Staatsanwaltschaft, ergänzte die Juristin. Zulasten des Angeklagten habe das Gericht berücksichtigt, dass gleich zwei Rinder betroffen waren und dass er „keine Einsicht und keinerlei Mitgefühl mit den Tieren gezeigt hat“. Auch nach dem Urteil habe er gesagt, dass er die Strafe nicht akzeptieren wolle. Seiner Darstellung zufolge seien die Rinder beim Aufladen sehr wohl transportfähig gewesen. Er habe nun eine Woche Zeit, um Berufung einzulegen.
„Wir werten das Urteil angesichts der Schwere der Tat und des extremen Leidens dieser Tiere und seiner Verantwortung als viel zu niedrig“, schrieb Friedrich Mülln der taz. Er ist Vorsitzender der Organisation Soko Tierschutz, die den Vorfall heimlich auf Video aufgenommen hatte und damit ein wichtiges Beweisstück lieferte. Soko-Aktivisten demonstrierten am Freitag auch vor dem Gericht.
Mehr als 100 Beschuldigte
Die Organisation hatte 2018 aufgedeckt, dass bundesweit schwer kranke und verletzte Kühe über den Schlachthof in die Fleischproduktion eingeschleust wurden. „Der Schlachthof in Bad Iburg galt als Geheimtipp, um solche leidenden Tiere illegal loszuwerden. Bauern und Tiertransportfirmen aus ganz Deutschland machten damit Profit“, so die Soko.
„Der Fall Bad Iburg ist der größte Tierschutz- und Schlachtskandal der deutschen Geschichte. Es gab hunderte Täter, Bauern, Tiertransportfahrer, Viehhändler und Schlachter. Über 100 werden nun zur Rechenschaft gezogen.“ In mehreren Fällen sei es bisher „zu geringen Strafen zwischen 300 und wenigen Tausend Euro“ gekommen. „Solche Leute gehören ins Gefängnis und dürfen nie wieder an Tiere Hand an legen!“, forderte Mülln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland