Proteste gegen die IAA: Ein wankender Gigant
Die Proteste gegen die Automesse in München haben Wellen geschlagen. Es zeigte sich: das Auto ist umkämpft.
I n München sind bei der IAA zwei Welten aufeinander geprallt: hier die Klimaaktivist*innen, dort Polizei und Automobilindustrie. Die Münchner Polizei warnte schon vorab vor „Krawallmachern und Randalierern“ und wollte mit dem größten Polizeieinsatz seit 20 Jahren jeden Protest im Keim ersticken.
Dabei schreckte sie weder vor Angriffen auf Pressevertreter*innen zurück noch davor, Menschen unverhältnismäßig lang festzuhalten und Hostelzimmer und Messebesucher*innen zu durchsuchen. Es war ein überzogener, paranoid-aggressiver Polizeieinsatz.
Es geht ja um einen Kulturkampf um das größte Heiligtum der Deutschen: das Auto. Der Kampf um die Verkehrswende ist ein schmerzhafter Prozess, der noch am Anfang steht. Für die eine Seite der Front steht die IAA für eine milliardenschwer subventionierte Industrie, die bis heute von der Bundesregierung hofiert wird und entmachtet gehört. „Die Verkehrswende kann nur gegen die Autoindustrie gelingen, nicht mit ihr“, erklärte das Bündnis „Sand im Getriebe“. Autogegner*innen skandierten in den Straßen: „Ganz München hasst die IAA!“
Doch so ist es nicht. Denn auf der anderen Seite steht eine Gesellschaftsschicht, die in Abendgarderobe in die Freiluft-Ausstellungsflächen der Messe strömte. Ihnen gefallen die aufwändigen Bühnen, die Mercedes, BMW und Co. in die Münchener Altstadt platzierten und damit große Teile des öffentlichen Raums für Werbezwecke vereinnahmten.
Waren die Proteste gegen die von der Polizei geschützte IAA ein Erfolg? Zum Teil. Die Aktivist*innen konnten den Diskurs zwar massiv zu ihren Gunsten beeinflussen. Schlagzeilen wie „Tausende bei IAA-Demo, Polizei setzt Pfefferspray ein“ und „Schlagstöcke gegen Autogegner“ dominierten die Medienberichte.
Angesichts der Tatsache, dass sie wenige waren und München für Protest ein Alptraum ist, haben sie viel erreicht. Die Autoindustrie ist ein angeschlagener Gigant. Doch die Eingänge der Messe zu blockieren wie 2019 in Frankfurt, haben die Aktivist*innen nicht mal versucht. Sie hätten wohl keine Chance gehabt.
Gravierende gesellschaftliche Veränderungen, wie sie die Klimakatastrophe verlangt, erfordern einen gesamtgesellschaftlichen Dialog. Die Klimabewegung hat längst angefangen, diesen Prozess einzuleiten: auf juristischem Weg, über Bildungs- und Vernetzungsarbeit, auf dem Weg einiger Fridays-Vertreter*innen ins Parlament, durch Besetzungen und Konfrontation auf Autobahnen und Straßen. Eine Automesse ist indes kein geeigneter Ort, um über die Zukunft der Mobilität zu verhandeln.
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