Protest gegen Milei-Besuch in Hamburg: Ein Preis für den Staatsfeind

Der argentinische Präsident Javier Milei bekommt in Hamburg den Wirtschaftspreis der Marktradikalen. Vertreter von Werteunion und AfD sind dabei.

Demonstrationszug auf einer Straße, vorn ist ein Transparent zu sehen, auf dem steht "Nein zu Milei in Hamburg"

Gegen den Besuch von Javier Milei: Protest an den Hamburger Landungsbrücken Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

HAMBURG taz | „Fuera Milei“, Weg mit Milei. Das forderten rund 300 De­mons­tran­t*in­nen am Samstag in Hamburg angesichts des Besuchs des argentinischen Präsidenten Javier Milei. Bevor sich Milei am Sonntag in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft, bekam er von der rechtslibertären Hayek-Gesellschaft im Hotel Hafen Hamburg einen Preis für sein „unerschrockenes Eintreten für individuelle Selbstbestimmung und freie Märkte“ verliehen, so heißt es in der Begründung. Die De­mons­tran­t*in­nen hingegen kritisierten die neoliberale Politik des selbsternannten Anarcho-Kapitalisten und richteten ihre Appelle auch an den Kanzler.

Zur Demonstration hatte ein Bündnis aus über 30 argentinischen und deutschen zivilgesellschaftlichen Organisationen aufgerufen. Eine aus Argentinien angereiste Sprecherin forderte bei der Kundgebung an den Landungsbrücken internationale Solidarität, da Milei auch außerhalb des eigenen Landes rechte Netzwerke knüpfe. Er pflegt Kontakte zu den rechten Regierungen in Italien und Ungarn, zum französischen Rassemblement National und der spanischen Vox.

Auch der Hayek-Gesellschaft, die am Wochenende ihre jährlichen Hayek-Tage unter dem Motto „80 Jahre Weg zur Knechtschaft“ in Anlehnung an das berühmteste Buch ihres Namensgebers abhielt, grenzt sich nicht nach rechts ab. Mitglieder sind unter anderem die rechtsnationale AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch und Werteunion-Chef Hans-Georg Maaßen.

Letzterer trat auch auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltung auf, bevor Milei als „leuchtendes Beispiel für die Kraft liberaler Ideen“ die Hayek-Medaille verliehen bekam und einen Vortrag hielt.

Katastrophale Auswirkungen neoliberaler Politik

Die De­mons­tran­t*in­nen hingegen machten auf die katastrophalen Auswirkungen von Mileis neoliberaler Politik aufmerksam. „Kein Preis für Faschisten“, forderten sie. „Mileis Politik hat nichts mit Freiheit und Selbstbestimmung zu tun“, sagte ein Sprecher. Er betreibe eine völlige Entmenschlichung des Wirtschaftssystems.

In den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit hat der Kahlschlag gegen den Sozialstaat die Armutsquote in Argentinien von zuvor 44 Prozent auf 55 Prozent getrieben. Laut UNICEF leben mittlerweile 8,6 Millionen Kinder in Armut. Die Lebensmittel für Suppenküchen, von denen zehn Millionen Menschen in Argentinien abhängig sind, hält Mileis Regierung systematisch zurück. Proteste schlägt die Polizei gewaltsam nieder.

Die Demonstrant*innen, von denen viele aus Argentinien stammten, richteten ihre Worte daher auch direkt an den Kanzler: „Herr Scholz, Elend und Armut, Hunger und Misogynie wird nicht belohnt“, sagt eine Sprecherin. Dem Rechtsextremen dürfe durch einen offiziellen Staatsbesuch keine Bühne geboten werden.

Zahlreiche De­mons­tran­t*in­nen forderten zudem ein Ende der Verhandlungen über das EU-Mercosur-Abkommen. Sowohl Milei als auch Scholz gelten als Verfechter des Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem lateinamerikanischen Staatenbund. Bereits während eines Telefonats im Januar hatten die beiden über das Abkommen geredet.

Die De­mons­tran­t*in­nen befürchten, dass es auch am Sonntag in Berlin wieder zu einem Gespräch darüber kommen könnte. Ihrer Ansicht nach würde ein Abschluss des Abkommens ein ökologisches und soziales Desaster für die lateinamerikanischen Staaten bedeuten. Auf einem Plakat fordern einige daher eine „neue internationale Wirtschaftsordnung statt neoliberalem Faschismus“.

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