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Pro & ContraSollen alle Schüler KZs besuchen?

In Deutschland tritt Antisemitismus wieder offen zutage. Ist eine KZ-Besuchspflicht ein wirksames Mittel dagegen?

Auschwitz steht für nichts mehr als den Tod – und weckt dadurch mehr Empathie als jedes Schulbuch Foto: reuters

Demonstranten, die mitten in Berlin israelische Flaggen verbrennen. Lehrer, die unverhohlen rassistisch-antisemitisches Gedankengut verbreiten. Jugendliche, die ihre jüdischen MitschülerInnen offen angreifen und beleidigen. Die jüngsten Vorfälle in Deutschland werfen die Frage auf, ob das Land 73 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder ein Antisemitismusproblem hat. Und ob es – diese Frage rückt die Politik in den Vordergrund – durch muslimische Migranten verstärkt wird, die ihren mutmaßlichen Judenhass mit nach Deutschland bringen.

Der Streit über diese Fragen hat diese Woche neue Nahrung erhalten. Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) hatte in der Bild am Sonntag Pflichtbesuche in ehemaligen Konzentrationslagern gefordert. „Ich fände es sinnvoll, wenn jeder, der in diesem Land lebt, verpflichtet würde, mindestens einmal in seinem Leben eine KZ-Gedenkstätte besucht zu haben“, sagte Chebli. Das gelte auch für Zuwanderer. KZ-Besuche sollten zum Bestandteil von Integra­tionskursen werden.

Die Forderung stieß im ganzen Land auf Widerspruch: Der thüringische Bildungsminister Helmut Holter (Linkspartei), der ab kommender Woche den Vorsitz der Kultusministerkonferenz übernimmt, sagte am Montag, er halte das „Du musst“ für den falschen Weg. Das Lernen an authentischen Orten sei „richtig und wichtig“. Es wäre aber besser, Anreize zu setzen, damit die Jugendlichen dieses Thema für sich entdeckten und sich damit auseinandersetzten.

Auch der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, sprach sich gegen verpflichtende Besuche aus. Nicht zuletzt die Erfahrungen in der DDR hätten gezeigt, dass diese Formen von „Zwangspädagogik“ häufig kontraproduktiv wirken und das historische Lernen eher verhindern als befördern. Der Theologe Björn Mensing, der seit über zehn Jahren Besuchergruppen durch das KZ Dachau führt, bemerkte: Den Gedenkstätten fehle es an qualifiziertem Personal. Das sei aber nötig, damit ein Besuch für wenig motivierte Jugendliche „ertragreich“ sei.

Schon im November hatte der Zentralrat der Juden gefordert, dass SchülerInnen der höheren Klassen eine KZ-Gedenkstätte besuchen müssen. Das ist bisher nur in wenigen Bundesländern wie etwa in Bayern so.

Ist eine KZ-Besuchspflicht für alle Schülerinnen und Schüler in der Bundesrepublik ein wirksames Mittel gegen Antisemitismus?

Ja:

Es spricht nichts dagegen, während der Schulzeit einmal auch eine KZ-Gedenkstätte besuchen zu müssen. Mit 22 Jahren war ich in Auschwitz und zum ersten Mal überhaupt in einer KZ-Gedenkstätte – was, wie ich finde, eindeutig zu spät war. Bis dahin hatte ich kein greifbares Bild der „Rampe“ vor Augen, an der über den Zeitpunkt des Todes entschieden wurde. Ich konnte mir die Enge in den Wohnbaracken nicht vorstellen, den Blick durch die schmalen Fenster auf die Hinterhöfe mit den Backsteinwänden, an denen Menschen der Reihe nach erschossen wurden.

Alles, was ich aus der Schule wusste, stand auf Papier und war weit weg. Auch sechs Millionen ist eine ungeheuer abstrakte Zahl, wenn man in einem Klassenraum mit 29 anderen SchülerInnen sitzt. Mit SchülerInnen, die lamentieren: „Boah, ich kann’s einfach nicht mehr hören“ oder: „Ganz so stimmt das aber alles nicht.“ Und ja, das waren erschreckend viele.

Es ist zunächst einmal unerheblich, ob SchülerInnen einen intensiven Unterricht über die nationalsozialistische Vergangenheit unnötig und tendenziös finden, ob migrantische Jugendliche in Berlin Israelflaggen verbrennen oder ob das deutsche (Ur-)Enkelkind eines Wehrmachtsoldaten behauptet, es sei ja nichts dabei, geschmacklose Fotos zwischen den Stelen des Holocaustmahnmals zu schießen. All diese unterschiedlichen antisemitischen Anknüpfungsmomente zeigen: Die Unsensibilität und der emotionale Abstand zum Holocaust sind riesig.

Für einen der zahlreichen jüdischen Menschen, die heute wieder in Berlin leben, dürften jene Beobachtungen dagegen bedrohlich wirken. In Israel muss jede*r die Holocaustgedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem während seiner obligatorischen militärischen Ausbildung besuchen. Das soll vermitteln, wie wichtig es ist, das Land Israel zu verteidigen, weil die Bedrohung für Jüd*innen allgegenwärtig ist. Der Besuch ist für die jungen Frauen und Männer, wie ich aus eigener Beobachtung sagen kann, extrem emotional.

An deutschen Schulen steht zum Beispiel das Lernen der Winkelberechnung zwischen zwei Vektoren verpflichtend im Lehrplan. Warum sollten wir nicht ebenso verinnerlichen müssen, wie weit Menschen aufgrund von Allmachtsfantasien und wahnwitzigen Rassen­ideologien bereit sind zu gehen? Daten und Fakten reichen dafür offenbar nicht aus; was es braucht, ist Empathie. Das eine zu lernen kann man verordnen, das andere nicht, heißt es. Ich bezweifle allerdings, dass wirklich alle in meiner Stufe verstanden haben, wie man Winkel zwischen zwei Vektoren berechnet. Man kann immer nur versuchen, die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen SchülerInnen lernen können.

Genauso kann man die Rahmenbedingungen für das Entstehen von Empathie schaffen. Den sechs Millionen getöteten Juden müssen Gesichter und Geschichten gegeben werden. Das funktioniert nicht in Klassenzimmern oder Seminarräumen. Das funktioniert nur da, wo diese Menschen beispiellos gelitten haben. Rund 80 Jahre bevor man selbst auf dem Appellplatz steht, wurden Menschen dort wie Vieh zusammen- und in den Tod getrieben, andere am Sammelgalgen aufgehängt. Genau hier ist das passiert, da, wo ich jetzt bin. Verblasste Namensschilder an Koffern und Brillenetuis, die hinter Glasscheiben aufgetürmt wurden, zeigen, dass sie tatsächlich mal jemandem gehört haben.

Man erkennt lieb gehabte und liebevoll ausgesuchte Habseligkeiten, die schnell zusammengepackt wurden, bevor man aus seiner Wohnung geholt wurde. Teddybären, von denen man sich vorstellen kann, wie sie vor lauter Angst an eine zitternde Kinderbrust gedrückt wurden. Oder man sieht Ausweise mit dem eigenen Vornamen, einem ähnlichen Nachnamen. Auschwitz, das für nichts mehr steht als den Tod, erweckt diese Menschen in einem selbst zum Leben. Und weckt dadurch mehr Empathie als jedes Schulbuch.

Und selbst wenn das nicht bei jedem Menschen gleichermaßen passiert – es gibt so viele unsinnige Ausflüge während der Schulzeit. Ich zum Beispiel war insgesamt dreimal in der DASA, der Arbeitsschutzausstellung in Dortmund, zweimal im Klettergarten, einmal im Schokoladenmuseum in Köln. Auf all das hätte ich verzichten können, nichts davon hat im Anschluss für Gespräche gesorgt. Diese Gespräche braucht es aber für mehr Empathie. Austausch zwischen SchülerInnen, Menschen, die hier aufgewachsen sind, und jenen, die neu dazukommen.

Hanna Voß

***

Nein:

Wenn es männliche Juden aus Furcht vor Aggressionen vermeiden, mit einer Kippa auf dem Kopf gewisse Stadtteile zu betreten, wenn das Wort „Jude“ auf Schulhöfen als Schimpfwort gebräuchlich ist, wenn muslimische Demonstranten israelische Flaggen verbrennen und Schüler das Wirken Adolf Hitlers mit dem von Erich Honecker verwechseln, dann ist in Deutschland ganz offenbar verschiedenes gründlich schiefgelaufen.

Nicht nur Juden beobachten, dass sich antisemitische Ressentiments in jüngster Zeit offener zeigen als zuvor und judenfeindliche Äußerungen in der Gesellschaft auf eine breitere Zustimmung stoßen. Es ist wie das Zerbröseln von trockenem Zement zwischen den Steinen eines Hauses: Die Fassade der Zivilisation wankt noch nicht, aber man möchte auch nicht darauf wetten, dass sie nicht irgendwann in Zukunft einmal einstürzt.

Das Geschichtsbild ist mit bestimmend für die Entwicklung der eigenen gesellschaftlichen Vorstellungen, ja, es bildet ein Fundament. Deshalb ist es richtig, gerade an den Schulen darauf hinzuwirken, dass der jungen Generation eine Vorstellung darüber vermittelt wird, was die Generation ihrer Urgroßväter getrieben hat, und zugleich klarzustellen, dass sie selbst dafür keine Schuld trägt, wohl aber eine historische Verantwortung. Mithilfe trockener Lehrstunden und belehrender Geschichtsbücher allein ist das allerdings nur schwierig zu bewerkstelligen.

Die Vorstellung aber, diesem Ziel mithilfe obligatorischer Besuche von KZ-Gedenkstätten näher zu kommen, zeugt von viel gutem Willen. Dennoch halte ich sie für wenig erfolgversprechend. Um nicht falsch verstanden zu werden: Der Besuch eines solchen Horrorplatzes deutscher Vergangenheit ist für die politische Bildung wichtig. Wer einmal die engen Pritschen in den Baracken gesehen hat, in denen die Häftlinge nächtigen mussten, den Stacheldraht, der um das Lager gezogen war, und die Krematorien, in denen die Leichen der Opfer verbrannt wurden, wird künftig möglicherweise weniger leichtfertig den Judenmord abtun und unterlässt es künftig, einen Witz dar­über zu reißen.

Aber eben nur möglicherweise. Denn ob die Schüler die Gedenkstätte auch als solche begreifen oder nicht doch als einen Ort, wo antisemitische Provokationen geradezu besonderen Spaß machen, hängt ganz wesentlich davon ab, wie die Lehrer selbst vorbereitet sind und wie sie ihre Schüler darauf vorbereiten.

Deshalb kann der Besuch einer KZ-Gedenkstätte Sinn machen, muss es aber nicht. Wirklich wichtig ist es nicht, auf einem früheren Appellplatz zu stehen, sondern zu begreifen, was damals warum geschehen ist. Es geht um das Wecken von Empathie für die Opfer, darum, dass die nächste Generation diese nicht einfach als Millionenheer von Schattengestalten begreift. Das wird, zugegebenermaßen, mit dem Tod der letzten Zeitzeugen schwieriger. Aber es ist nicht unmöglich.

Es existieren durchaus andere Orte als ehemalige Konzentrationslager, die diese Ausein­andersetzung mit der Geschichte fördern können. Nehmen wir nur die Stolpersteine, die fast überall in Deutschland am Ort ihrer letzten Wohnadresse an die Ermordeten erinnern. Auf vielen dieser Gedenkorte sind Namen von Mädchen und Jungen eingraviert, die in dem Alter sterben mussten, das die heutigen Jugendlichen gerade erreicht haben. Lasst sie recherchieren, was das für Kinder waren, die damals sterben mussten!

Es gibt Gedenkstätten und Museen, die sehr gut anhand von Beispielen vermitteln, was damals geschehen ist. Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Der Besuch der Räume der Blindenwerkstatt Otto Weidt, der in Berlin Juden vor der Deportation versteckte, macht eindrücklich, was ein Leben in der Illegalität bedeutete. Es vermittelt, welche Risiken die Retter auf sich nahmen – und, umgekehrt, wozu die Mehrheit der Bevölkerung eben nicht bereit war. Ein solcher Besuch lässt nachfragen, auch darüber, wozu man selbst gegenüber Verfolgten in solch einer Situation bereit zu sein glaubt.

Ein KZ-Besuchszwang dagegen, so steht zu befürchten, könnte das Gegenteil dessen bewirken, was intendiert ist: Weniger engagierte Lehrer können den Besuch als lästigen Punkt des Lehrplans abhaken, mit dem sie ihrer Pflicht Genüge getan haben. Entsprechend unvorbereitete Schüler können die Mordstätte als historischen Abenteuerplatz begreifen, ohne sich wirklich damit auseinanderzusetzen. Und die Politik könnte sich zufrieden zurücklehnen – sie hat ja alles vermeintlich Notwendige getan, um den Antisemitismus zu bekämpfen.

Klaus Hillenbrand

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76 Kommentare

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  • vor allen dingen sollten sie die freien mitarbeiter der gedenkstaetten ,wie zb oranienburg ueberpruefen, weil es dort immer wieder zu verharmlosung des holocausts und israel-bashing kommt!

    hab einen fall bei rias angezeigt! angeblich konnte diese spanischsprachige frau nicht ausfindig gemacht werden!

  • Seit wann sind Lerninhalte "Zwangspädagogik"?

     

    Ein KZ-Besuch sollte in jeder Schulklasse dazugehören. Per You-Tube Video den Lernstoff nahezubringen wäre verlorene Zeit. Jedes größere KZ hat hervorragendes Personal, welches einer Klasse die Geschichte vor Ort nahe bringen kann.

    • @Rudolf Fissner:

      Genau! Für die Deutschen und in Deutschland besteht bezüglich Judenermordung ein PIETÄTSGEBOT (Holocaustleugner sitzen hier deshalb lieber im Gefängnis). KZ-Besuche gehören in den Lehrplan. Handys sind vor solchen Exkursionen auszuhändigen (damit Kids kapieren, dass es ernst ist)

  • Eine verpflichtende Klassenreise mit KZ-Besuch bringt natürlich auch nur soviel wie die flankierende Aufarbeitung im Unterricht. Hier ist es mit der Eingrenzung auf den Antisemitismus aber bei weitem nicht getan, erst die Beschäftigung mit der Massenpsychologie des Faschismus und dem Überleben dieser Strukturen in den Köpfen der Menschen bis in die heutige Zeit ergeben einen Sinn.

     

    Selbst in der TAZ gibt es unter fast jedem Artikel mit Israelbezug reihenweise antisemitische Kommentare, in denen das Handeln Israels mit dem von Nazideutschland gleichgesetzt wird und darüberhinaus fragt man sich, welcher heutige Nazi schlimmer ist: Der Holocaustleugner oder derjenige, der Auschwitz bis heute gut findet, weil dort Juden getötet wurden. In Marokko herrscht über die Deutschen bis heute größtenteils ein Bild vor, nach dem diese im Herzen noch immer Hitler-Fans sind und selbigen insbesondere verehren, weil er die Juden so hasste. Auch von dieser Seite besteht noch großer Bedarf an Aufarbeitung.

    • @Khaled Chaabouté:

      oder diejenigen die den Kommunismus noch immer toll finden, bis auf ein paar klitzekleine vernachlässigbare Fehlerchen, die uns beim nächstenmal garantiert nicht nochmal passieren. Großes Stalinistisches Antifaschisten Ehrenwort.

      • @Werner S:

        Ja ja, in Zeiten, wo selbst die linkeste linke Socken-KommiePartei des Landes in etwa frühere sozialdemokratische SPD-Positionen vertritt, derweil die Asozialdemokraten unisono mit grün und den Pseudochristen einen auf alternativlosen HartzIV-Sozialstaatsabbau machen, und die parlamentarische "Alternative" mit Höcke und Störchin von der Wiederkehr des tausendjährigen Reiches träumt... da ist das Gespenst des pseudokommunistischen Stalinismus natürlich unser wirklich drängendstes Problem.

         

        Schauen Sie mal hier, wie Fachleute die aktuelle politische Verteilung im Land einsortieren: https://www.politicalcompass.org/germany2017

         

        Also zwischen mehr Solidarität über Sozialismus bis zu stalinistischem Autoritarismus ist da noch reichlich leere Luft nach oben. In ihre Richtung dagegen wird's langsam ziemlich eng.

  • Sorry, Selbstkorrektur: Die Kritik am ZWANGs-Vokabular bezog sich natürlich auf die Intro des Artikels ("Zwangspädagogik"-Zitat) bzw. auf die Unterzeile ("Besuchspflicht"), nicht auf die Haupt-Überschrift. Rest wie schon abgeschickt.

  • Ich finde, dass alle Schüler ein KZ besuchen sollten aber finde den Einwand in der "Nein"-Sektion wichtig, dass das allein natürlich nicht langt, wenn nicht auch die entsprechende Vorbereitung etc. da ist.

     

    Nur ist das ja eigentlich kein "nein"; sondern eher ein "jein" oder ein "dann aber richtig". Und genau an dieser Stelle, liebe taz, verhagelt (um nicht zu sagen ver-blödet) ihr euch doch die eigenen Argumente, wenn ihr versucht, sie in reisserisch-binaristische "ja oder nein, entweder oder"-Formatschemata zu packen. Weder das Format noch die Überschrift werden euren Diskutanten und ihren Argumenten m.E. wirklich gerecht.

     

    A propos Überschrift: was soll das mit dem "GEZWUNGEN werden"? Schüler haben gewöhnlich ja nicht die freie Auswahl, ob sie überhaupt zur Schule gehen wollen bzw. auf welche Lieblingsthemen sie da gerade Lust haben oder nicht. Es langt also doch die Frage: "Sollten alle Schüler im Laufe ihrer Schulzeit ein KZ besuchen?"

    Mit dem reißereischen "GEZWUNGEN werden"; als ob die nicht freie Auswahl der Lieblingsbildungsinhalte hier irgendwas besonderes sei, gebt ihr leider trübes Wasser auf die Mühlen all jener bräunlichen Gestalten, die eh schon dauernd über "PC-Diktatur" etc. halluzinieren. Muss das wirklich sein, dass ihr bei diesen Spielchen gewollt oder ungewollt immer wieder so willfährig mitmacht?

     

    Bin mal gespannt, ob der Kommentar veröffentlicht wird. Derzeit zensiert ihr ja wieder die Hälfte meiner sachlichen Kommentar einfach ganz weg, wo sie auf solche Dinge aufmerksam machen. Immer nach der Behauptung, ich hätte ja mal irgendwo anders mal irgndwie nicht die Netiquette beachtet. Während Pegidisten und pi-ler mit teils echt menschenfeindlichen Komentaren unter der Hälfte der Artikel weiterhin fröhliche unzensierte Urständ feiern. Langsam fällt's mir immer schwerer, das noch als schräges Spiel einiger Moderatoren und nicht als traurige Absicht in eine ziemlich traurige Richtung zu sehen.

  • Also hat auch ein Aborigine eine "Historische Verantwortung"?!?

     

    Denn das kann ja nicht nur deshalb gelten, weil man das Pech hatte in Deutschland geboren zu sein...

    Besonders wenn ICH nicht mal von "uns" oder "wir" spreche, wenn es um Deutsche oder Deutschland geht.

    Ausschließlich von "die Deutschen", "Deutschland" etc..

     

    Ich glaube eher dass es Rechtsgefährdete eher noch in eine Trotzhaltung treibt.

    Und auch als Intelligenter Mensch, der statitisch viel öfter links ist, fühle Ich mich davon abgestoßen. Das hat etwas paternalistisches, kindliche Dummheit unterstellendes. Das ist beleidigend!

     

    Was Isrealische Besucher angeht, die übertreiben es maßlos.

    Ich sah eine Reportage, da sollten sich die Kinder irgendwo hinkauern, um es "zu erleben", um dann zu weinen...

  • Empathie entsteht wenn ein Mensch am Beginn bereits Lebens Empathie und Respekt erfährt. Das ist allerdings bei den wenigsten Menschen gegeben. Unterricht kann die Lücke zwischen Sehen und Verstehen nur mit Hintergrundinformation füllen. Dazu sind die Bücher eines Bernt Engelmann sehr nützlich. Der stand nicht umsonst bei den Neonazis auf der Todesliste. Er hat mit den Büchern " Wir Untertanen" und "Einig gegen Recht und. Freiheit" die Grundlage für Verstehen von Mechanismen und Ursachen der Nazibarbarei geliefert. Ohne das Verstehen der Vorgeschichte sind Besuche von Konzentrationslagern nutzlos.

  • Die KZ-Gedenkstätten sind Mahnmale des monströsen Endpunktes der Judenverfolgung.

    Viel zu wenig werden da Mahnmale beachtet, die an die ganz alltäglichen Demütigungen der Juden Jahre vor dem Holocaust erinnern, z.B. die Orte des Erinnerns im Bayerischen Viertel im Berliner Stadtteil Schöneberg: https://de.wikipedia.org/wiki/Orte_des_Erinnerns_(Bayerisches_Viertel)

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    In Frankreich gibt es den " Concours de la Résistance et de la déportation", das ist ein Wettbeweb auf freiwilliger Basis für alle Schüler der 9. und 10. Klasse. Jedes Jahr gibt es ein Thema mit Bezug auf den Widerstand und eins mit Bezug auf die Deportation. Dabei wird auch die Rolle, die Frankreich bei der Deportation der Juden gespielt hat mit einbezogen. Die Schüler z.B. bei uns in Toulouse besuchen das Musée de la déportation et de la Résistance und eine Reise nach Auschwitz ist auch auf dem Programm. Am Tag x müssen die Schüler dann eine schriftliche Aufgabe( dissertation) zum vorgegebenen Thema bewältigen. Die besten Arbeiten werden dann bei einer feierlichen Preisverleiung prämiert.

    Ich habe mehrmals als Deutschlehrer an den Vorbereitungen mitgemacht und gerade die muslimischen Schüler aus Brennpunktschulen waren stark beeindruckt und haben oft ihre Vorurteile revidiert, leider nicht alle.

    Die Diskussion, ob es freiwillig oder Pflicht sein soll, gibt es bei uns auch. Die Antwort ist nicht einfach. Es liegt viel am persönlichen Engagement der Lehrer, aber auch der Eltern.

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Das ist meiner Meinung auch ein gewaltiges Problem. Und das ist auch vom Thema völlig unabhängig.

       

      Ich habe einen sehr schönen Schüleraustausch mit einem Schüler aus Bordeaux, der mich dann auch besuchte, ü gehabt. Wir hatten eine belgische französisch Lehrerin die das sehr lange mit uns vorbereitet hat, wir haben vor der Reise sehr viel über Frankreich gesprochen, was uns erwartet etc. Das war sehr intensiv, wir waren einen Monat an einem Lycee und ich habe viel mitgenommen. Mein Bruder hat genau das gleiche Austauschprogramm gemacht, ein paar Jahre später. Sein Lehrer war sogar Franzose, aber dem war das lästig Weiler es eben machen musste. Der hat ein paar Bücher verteilt und gesagt, Frankreich ist praktisch so wie Deutschland, was es nicht ist.

       

      Mein Bruder hat es gehasst, weil er viele Reaktionen der Franzosen nicht verstanden hat und ein eine jahrelange Abneigung gegen Frankreich gehabt.

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Ja es ist nicht immer einfach mit den Franzosen, weil die " Occupation " immer noch als nationale Schande und Demütigung gesehen wird. Das schlimmste ist aber, dass Franzosen den Deutschen in die Hände gespielt haben. Der Meseumspädagoge vom Musée de la Résistance et de la déportation in Toulouse erzählt immer wieder von der Kassiererin eines Toulouser Kaufhaus, die eine Jüdin denunziert hatte, weil sie ihren Stern nicht trug. Die Frau wurde nach Auschwitz deportiert. Es hat viel Verrat und persönliche Abrechnungen gegeben während der " Occupation" und daran sind in den Augen der Franzosen, die Deutschen schuld. Die jetzige Generation hat dazu keinen Bezug mehr, aber diese Ignoranz führt eben dazu, dass der neue Antisemitismus der "Banlieues" auch auf die Innenstädte überschwappt. Und das antisemitische " Komiker" wie der kamerunesisch-französische Alleinunterhalter Dieudonné auch immer mehr Zuschauer aus den " Beaux Quartiers" anzieht.

        Ich glaube, dass wir beiderseitig des Rheins die gleichen Probleme haben. Das Elsass ist die Schnittstelle, wo sich auch antisemitische Akte häufen, wie die Profanation von jüdischen Friedhöfen.

  • Ja, wäre wohl angebracht.

     

    “Ein KZ-Besuchszwang dagegen, so steht zu befürchten, könnte das Gegenteil dessen bewirken, was intendiert ist: Weniger engagierte Lehrer können den Besuch als lästigen Punkt des Lehrplans abhaken, mit dem sie ihrer Pflicht Genüge getan haben. Entsprechend unvorbereitete Schüler können die Mordstätte als historischen Abenteuerplatz begreifen, ohne sich wirklich damit auseinanderzusetzen. Und die Politik könnte sich zufrieden zurücklehnen – sie hat ja alles vermeintlich Notwendige getan, um den Antisemitismus zu bekämpfen.“

     

    Ich kann die Kritik an Herrn Hillenbrand nicht verstehen.Das Zitat differenziert völlig.

  • Ich denke, die große Mehrheit der PEGIDA-Demonstranten, zumindet die über 50jährigen mit DDR-Hintergrund, haben in ihren Leben ein Konzentrationslagergedenkstätte besucht. Das war nämlich in der DDR im Rahmen der Jugendweihe und FDJ-Arbeit Pflicht. Geholfen, denen ein Fundament gegen eine Entwicklung zu hassenden und ausgrenzenden Menschen mitzugeben, hat es offenbar nicht.

    Das ist erst einmal nur eine Beobachtung, kein Argument für oder gegen einen Pflichtbesuch.

    Ich glaube, die Wirkung eines Besuch in einem KZ hängt davon ab, wie dies im Lehrplan intergiert ist und wie gut Führung, die Arbeit mit den Besuchenden und die Ausstellung ist. Ein Beispiel für einen guten Lernort in dieser Hinsicht ist ist für mich Topf&Söhne in Erfurt, jene Firma, die die Öfen für Auschwitz u.a. KZs gebaut hat.

    Und ein positives Ergenbis hängt davon ab, ob in der Schule nur Wissen und Techniken vermittelt wird, oder auch staatsbürgerliche Reflektion und insbesondere Empathie.

    Als ich mit vierzehn unvorbereitet bei der Judenweihestunde das KZ Buchenwald besuchen musste, konnte ich den Besuch weder positiv noch negativ verarbeiten. Trotzdem habe ich ein, zwei Jahre später als Teenager angefangen, mich intensiv mit der Nazizeit zu beschäftigen. Das KZ- Ravensbrück habe ich freiwillig besucht, als ich als Student in der Nähe zum Überleben im Atomkrieg geschult wurde, Ausschwitz einige Zeit später. Mit der inzwischen erworbenen Einsicht in verantwortungsvolles Handeln jedes Einzelnen haben diese Besuche ganz andere Spuren hinterlassen.

  • Das würde höchstens gegen den Antisemitismus der bei Einheimischen vorliegt helfen. Denen kann man damit "ins Gewissen reden" weil deutsch sein Teil ihrer Identität ist.

    Bei antisemitischen Migranten wird das nix bringen. Die denken sich einfach, dass sie ja mit dem Holocaust zu tun haben. Einfach weil viele gar keine Deutsche Identität haben. "Stolze "Platzhalter" eben".

    • @EinfachIch:

      "Bei antisemitischen Migranten wird das nix bringen. Die denken sich einfach, dass sie ja mit dem Holocaust zu tun haben. Einfach weil viele gar keine Deutsche Identität haben. "Stolze "Platzhalter" eben"."

       

      Nur waren die Mörder nicht alle Deutsche, sondern es waren auch Polen dabei und Ukrainer, und auch viele anderer Europäer halfen mit, die Juden aus ihren jeweiligen Ländern in die KZs deportieren zu lassen. Sich mit Antisemitismus und dem Holocaust zu beschäftigen, ist keine rein deutsche Hausaufgabe. Und wenn man den zunehmenden islamischen Antisemitismus sieht, dann sollten gerade solche Schüler mit Migrationshintergrund, die "Jude" als Schimpfwort benutzen, dazu verdonnert werden, ein KZ zu besuchen und sich alle vorhandenen Dokumentarfilme über den Holocaust anzusehen.

       

      Es käme auf einen Versuch an. Allerdings glaube ich auch nicht, dass KZ-Besichtigungen bei Migranten, denen die Judenfeindschaft mit der Muttermilch anerzogen wurde und die Hitler auch deshalb noch heute ganz toll finden, etwas nutzen werden. Allerdings sollte man SchülerInnen - ob mit oder ohne Migrationshintergrund - den Besuch eines

      • @Nicky Arnstein:

        Da hatte sich das "nix" aus dem Kommentar rausgeschlichen. Nur um keine Verwirrung aufkommen zu lassen

  • Es stört Herrn Hillenbrand, daß Geschichtsbücher belehrend seien. Sollen da vielleicht lieber Comics gezeigt werden? Oder sollen Youtuber im Geschi-Unterricht Schminktipps geben? In Ihrer Welt sind alle Lehrer schlecht vorbereitet und alle Schüler gelangweilt. Klischee hoch drei.

  • @Klaus Hillenbrand,

    es wäre gut, die Überschrift zu ändern. Sie ist nicht zuletzt eine Steilvorlage für zynische Witze von Nazis und rechten oder gedankenlosen Jugendlichen.

    Es geht nicht darum, ein KZ zu besuchen.

    • @Margit Englert:

      Eine klare Überschrift führt doch zu einer guten Debatte, da finde ich beide Beiträge sehr klug und eingehend.

      Es ist schwer, mit Leuten aus der Steinzeit die Sprache einer höheren Zivilisation zu reden. Nicht alle sind Anthropologen. Sollen die Rechten doch spotten: Trump tut es jeden Tag.

  • Hallo! Das hatten wir schon einmal, damals, wisst ihr noch?

    Viele Grüße

  • Gelebte Empathie gegenüber den Opfern des Faschismus würde ja zumindest bedeuten, dass man die Menschen, die heute in dieser Gesellschaft leben und, hätten sie damals gelebt, zu den Opfern gehört hätten, mit Menschlichkeit und Respekt behandeln würde.

    Zu den ersten Opfern des Nationalsozialismus gehörten Bettler_innen, Obdachlose, Arbeitslose und Prostituierte, die als sogenannte „Asoziale“ verfolgt wurden. Beginnend mit den „Bettlerrazzien“ des Jahres 1933 wurden sie von den Straßen weg verhaftet und verschleppt. Gleichzeitig wurde die Wohnungsbauförderung im NS gegenüber der Weimarer Zeit deutlich zurückgefahren. Man bekämpfte die Armen, nicht die Armut.

    Die Schule macht sich mit ihren Versuchen der Förderung von Empathie zwangsläufig genauso unglaubwürdig wie der Staat, der heute Menschen aus ihren Wohnungen auf die Straße wirft, damit ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzt und unfähig ist, für eine gerechte und humane Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen zu sorgen.

    • @Margit Englert:

      "Man bekämpfte die Armen, nicht die Armut."

       

      Sie sagen es, und das gleiche Spiel wird heute von unserer "demokratischen" Regierung weiter gespielt. 860.000 Wohnungslose, überall Bettler auf den Straßen, 5 Millionen Hartz IV Empfänger die man mit Sanktionen gefügig machen will, arme Kinder und arme Rentner, sowie immer mehr Niedriglohnsklaven haben wir in unserem reichen und angeblich "sozialen Land". Wie soll man bei der sozialen Ungerechtigkeit, die einem täglich ins Auge springt, aber von den meisten Menschen nicht mehr wahrgenommen wird, von unserer Jugend da noch Empathie für andere Menschen verlangen? Bevor man also immer wieder die alten Geister der Vergangenheit als Mahnung heraufbeschwört, sollte man sich fragen, ob die alten bösen Geister der Vergangenheit überhaupt jemals weg waren. Art. 1. GG und Art. 20 GG ist doch nur noch Folklore für unsere Politiker, die in Wahrheit nur noch von einem Aufsichtsratsposten in der Wirtschaft träumen und sich von den kleinen Bürgern, mit ihren Sorgen und Nöten, schon längst entfernt haben.

      • @Ricky-13:

        Doch, man muss die NS-Vergangenheit heute thematisieren, und zwar sehr genau. Genau dann wird man sehen, wie vieles sich bereits wiederholt. Antisemitismus zu einen, ja. Es gehört zur Staatsräson, gegen ihn anzugehen, das ist wenigstens etwas.

        Die Verfolgung der sogenannten "Asozialen", sowie auch die der Sinti und Roma dagegen verschweigt man lieber, weil sonst allzu deutlich würde, wie sehr sie nach wie vor ins kapitalistische System passen.

  • Ihnen empfehle ich dringendst den Besuch eines KZs und sich Dokumentarfilme anzusehen, in denen dargestellt wird, was mit den Juden passierte, die gezwungen wurden, ein "KZ zu besuchen".

    • @Nicky Arnstein:

      Das ging an Lichtschwert

  • besser: Firmen besuchen, die Profiteure

    von Hitlers Verbrechen waren - und fragen, warum sie immer noch existieren. Und nicht abgewickelt, bzw. enteignet wurden zum Nutzen der Hinterbliebenen von NS-Opfern...

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Als wir damals in der Schule zum Thema Nationalsozialismus hätten kommen können, weil die Weimarer Republik durchgenommen war, war die Schulzeit vorbei. Was ich darüber weiß, habe ich aus den zahlreichen Büchern meiner Eltern und durch spätere Beschäftigung mit dem Thema.

     

    Auschwitz habe ich im letzten Jahr besucht und war mir unsicher, wie ich reagieren würde. Die inhaltlich durchaus gute Führung ließ indes kaum Raum für Emotionen, weil sie einfach zu schnell vonstatten ging, ohne jedoch gehetzt zu wirken.

     

    Vor einigen Jahren war ich im berüchtigen Pawiak-Gefängnis in Warschau bzw. dem, was von ihm übrig ist. Ich habe ein Photo von der Plakette einer jungen Frau des Widerstands gemacht, die dort mit 22 ums Leben gebracht wurde und so traurig und zugleich so heutig aussah mit all dem Lebenswillen auf ihrem jungen Gesicht. Meines Erachtens führt der Weg zum Verstehen, was diese Menschen erleiden mussten, über eine wie auch immer geartete persönliche Beschäftigung mit einzelnen Opfern.

     

    Bevor also die Schüler nach Auschwitz fahren, sollten sie m.E. den Arbeitsauftrag bekommen, das Leben einer Familie oder eines Teils davon zu recherchieren und einen Aufsatz und ein Referat darüber zu halten. Mit den allgemeinen Auskünften im Vorfeld wären sie dann, so denke ich, gut gerüstet. Einfach nur hinfahren ohne gründliche Vorbereitung hielte ich dagegen eher für kontraproduktiv.

     

    Grundsätzlich finde ich es aber außerordentlich wichtig, diese Gedenkstätten zu besuchen und skandalös, dass eine solche eine Fahrt in meiner Schulzeit nicht einmal ansatzweise als Option gehandelt wurde, obwohl einige meiner Mitschüler und ich das vorgeschlagen hatten.

    • @849 (Profil gelöscht):

      "Bevor also die Schüler nach Auschwitz fahren, sollten sie m.E. den Arbeitsauftrag bekommen, das Leben einer Familie oder eines Teils davon zu recherchieren und einen Aufsatz und ein Referat darüber zu halten. Mit den allgemeinen Auskünften im Vorfeld wären sie dann, so denke ich, gut gerüstet."

       

      Sehr guter pädagogischer Ansatz, der auch dann ohne einen Besuch Früchte tragen würde. Auch die Rückführung auf die persönliche Situation mit einem Thema "Wie sähe mein Leben im Nationalsozialismus aus?" würde einiges bringen.

       

      Es ist eben nur so, wie Sie anfangs erwähnen, dass die Lehrpläne nicht mal ausreichend Zeit wohl hergeben, um das Thema zu behandeln. Ich bin eigentlich schon dafür, dass solche allgemeinen ethischen Überlegungen in ein gesondertes Pflichtschulfach gehören, dass möglichst von Beginn an unterrichtet werden sollte.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        Ich weiß nicht, wie es heute ist. Meine Kinder haben alle den NS-Staat irgendwie gestreift, aber ich habe nie nachgefragt, wie. Das werde ich bei Gelegenheit nachholen.

         

        Vielleicht geben die momentanen Lehrpläne tatsächlich die Zeit nicht her, aber das Thema böte sich ja nicht nur in Geschichte an, sondern auch in Sozialkunde, Religion oder Ethik.

         

        Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ein deutscher Sozialkundeunterricht etwa (Adornos) autoritäre Persönlichkeit zum Thema machte.

         

        Wir brauchen m.E. einen anderen Fächerkanon bzw. die Redefinition einzelner Fächer. Psychologie (im Sinne der Psychoanalyse, allerdings ohne sie als sakrosankt zu verstehen), Philosophie, Soziologie sollten die Sozialkunde ersetzen. Nichts gegen die MINT-Fächer, aber die Geisteswissenschaft in ihrer ganzen Breite kommt bei uns schon seit jeher zu kurz und tangiert eher Faktenwissen oder - im Bereich der Sprachen - die Ästhetik.

         

        Ein Abiturient sollte drei Fremdsprachen beherrschen und weitaus mehr wissen über die Vergangenheit, als er heute vermittelt bekommt. z.B. was weiß der Deutsche über die deutsche Besatzung der Niederlande oder Polens?

         

        Es gibt so viel Zeit, wie BE schreibt. Warum denn bloß vergeuden wir sie zu einem großen Teil mit Lapalien?

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @849 (Profil gelöscht):

      Ich stimme Ihnen zu, in allen Bereichen.

      Danke!

      Es ist allerhöchste Zeit, sich damit zu beschäftigen, mehr als je zuvor.

    • 8G
      80336 (Profil gelöscht)
      @849 (Profil gelöscht):

      "Bevor also die Schüler nach Auschwitz fahren, sollten sie m.E. den Arbeitsauftrag bekommen, das Leben einer Familie oder eines Teils davon zu recherchieren und einen Aufsatz und ein Referat darüber zu halten."

       

      Ja, so viel Zeit sollte bei mehr als 8 Jahren Schulzeit schon drin sein. Danke!

  • Ein Besuch wird keinem Schüler Schaden zufügen.

    • @insLot:

      Ich wage zu behaupten: Doch.

       

      So oft wie wir im Unterricht die NS-Zeit durchgenommen haben (3-mal das gleiche, dafür wurde die Zeit nach 45 fast gar nicht und die Zeit nach 90 überhaupt nicht behandelt), eröffnet sich das Gefühl dass man uns daran die Schuld geben wollte. Ein Besuch einer solchen Städte hätte bei mir nur dazu geführt dass sich diese Ansicht noch verfestigt hätte.

      • @Bastian Heinrich:

        Die Zeit nach 45 und 90 wurde ja auch nicht von einem verbrecherischen Regime geprägt und von daher für den Geschichtsunterricht nicht ganz relevant. Allerdings frage ich mich, ob nicht die Zeit dazwischen, also die linke DDR- Diktatur, Unterrichtsstoff geworden ist.

      • @Bastian Heinrich:

        Dem Deutschen Reich daran die Schuld zu geben ist ja auch richtig, aber es ist auch nicht deckungsgleich mit der aktuellen Bevölkerung Deutschlands

  • Der Besuch einer KZ-Gedenkstätte ist sicher sehr zu empfehlen, aber nicht als Muß. Schulunterricht muß Interesse und Neugier wecken. Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen (Heraklit). Jedes Muß wirkt demotivierend.

     

    Antisemitismus darf nicht verwechselt werden mit dem Unmut über die politischen Usancen und Ziele der derzeitigen Regierung des Staates Israel und der USA, kann aber leicht dadurch entstehen. Diese Differenzierung zu verdeutlichen ist genauso wichtig.

  • Wenn in Deutschland Millionen RECHTS wählen, sind massivste Entnazifizierungsprogramme Pflicht!

  • 8G
    80336 (Profil gelöscht)

    Es ist ein Armutszeugnis für Staat und Pädagogen, den Besuch eines Konzentrationslagers immer noch nicht zur Pflichtveranstaltung an deutschen Schulen einzuführen. Es ist erstaunlich, was nicht alles zur Schulpflicht gezählt wird: Schulausflüge, Besuch von Schullandheimen, etc.

     

    Die Konzentrationslager sind das anschaulichste Mittel, den Schülern nahezubringen, was deutsche Familienangehörige, die sich irrtümlich für Erwachsene hielten, ihren Nachbarn zufügten, was diese Nachbarn, Kollegen, Bekannten, deren Familien zu erleiden hatten, ohne jeglichen Grund, also völlig grundlos. Und dieser Nichtgrund ist noch nicht ausgestorben, bis auf den heutigen Tag. Der Vorwand für diesen Nichtgrund ist beliebig: er ist Zigeuner, er ist Sozialist, er ist jüdischen Glaubens, er ist Priester, ... was einem halt gerade so einfällt. Und die Mehrzahl erweist sich dann - als Mitläufer.

    • @80336 (Profil gelöscht):

      Aber doch nicht grundlos.

      Das war alles wohl begründet, wissenschaftlich abgesichert, sozial verträglich, zivilgesellschaftlich akzeptiert, nicht angenehm, aber politisch alternativlos notwendig.

      Wie heute wieder alles begründet wird. Und damit das nicht so auffällt, wird der Teil nicht aufgearbeitet. Wir sind heute die Guten. Punkt.

    • @80336 (Profil gelöscht):

      Es gibt jedoch auch ein Argument, das abseits von pro und contra, einen "KZ-Besuchszwang" ethisch ad absurdum führt: Niemand sollte gezwungen werden ein KZ zu besuchen! Die Nazis haben schließlich Juden auch nicht gefragt, ob sie ein KZ besuchen wollen, sondern sie gezwungen. Der Besuchszwang steht dann für: Wir haben aus der Geschichte dann doch nicht viel gelernt.

      • 8G
        80336 (Profil gelöscht)
        @Lichtschwert:

        Mit Verlaub, Ihr Satz, die "Juden" seien damals zu einem "Besuch" eines Konzentrationslagers gezwungen worden, ist an Unerträglichkeit und Schäbigkeit kaum noch zu überbieten. Das ist eine nicht mehr zu überbietende Verharmlosung von systematisch betriebenem Massenmord.

        • @80336 (Profil gelöscht):

          Ich glaube, dass Sie meinen Kommentar nicht verstanden haben. Sie reduzieren meinen Kommentar auch auf ein Zitat, ohne den Kontext zu beachten. Schade! Wissen Sie, wie der KZ jüdischen Kindern verkauft worden ist? "Du und deine Eltern werdet einen tollen Ort besuchen, dort gibt es auch viel Schokolade". Meine (jüdische) Oma hat es erlebt und auch überlebt (Sie müssen mir nicht glauben, ist aber so). Es geht mir um ein ethisches Problem. Feuer mit Feuer zu bekämpfen, klappt nur in Ausnahmefällen. Ich bin Ihnen nicht böse, Sie meinen es gut, aber weil ich mich als Jude oute, kann ich leider keine weiteren Kommentare schreiben (Stigmatisierung). Aber, das ist mir die Sache wert.

          • @Lichtschwert:

            Würden Sie freundlicherweise erklären, wer genau jüdischen Kindern die KZs mit der Aussicht auf Schokolade schmackhaft gemacht haben soll? Ich frage, weil Sie doch vorher noch behauptet hatten, Juden seien gezwungen worden, die KZs zu "besuchen". Mussten sie dann Eintrittsgeld zahlen? Ich fürchte, Sie machen sich über das Schicksal von Millionen von Menschen lustig.

            • 6G
              61321 (Profil gelöscht)
              @Nicky Arnstein:

              NYCKYARNSTEIN und BE, Sie jubeln beide LICHTSCHWERT eine absurde Aussage unter, die so nicht gemeint war und die, so kommt es einem vor, auf einem 'absichtlichen' Missverständnis eurerseits beruht.

              Was soll der Unsinn?

              Und was soll, NYCKYARNSTEIN, die Forderung nach einem Beleg dafür, dass den Deportierten das Blaue vom Himmel (hier: Schokolade) heruntergelogen wurde, damit sie in den Waggon steigen?

              Setzen Sie sich doch selbst mit Zeugnissen, abgegeben von Deportierten auseinander. Es gibt sie zu Tausenden.

              Kein Grund, hier den Korinthenkacker zu geben

              • @61321 (Profil gelöscht):

                !!

              • 8G
                80336 (Profil gelöscht)
                @61321 (Profil gelöscht):

                Es wurde von mir dem Kommentator keine "absurde Aussage untergejubelt", nichts hinzugedichtet, und nichts unterschlagen. Seine Aussage war deutlich.

                Die Unterstellung eines "absichtlichen Missverständnisses" ist zurückzuweisen.

                Der Hinweis, dass eine Lehrtätigkeit bei Kindern der Form, durch Besichtigung des Tatorts sich die Verbrechen bewusst zu vergegenwärtigen, nicht gleichzusetzen ist mit dem Verbrechen selbst, ist keine "Korinthenkackerei".

              • @61321 (Profil gelöscht):

                " Sie sich doch selbst mit Zeugnissen, abgegeben von Deportierten auseinander. Es gibt sie zu Tausenden."

                 

                Also Tausende deportierter Kinder haben den Holocaust überlebt und legten Zeugnis ab. Nun machen Sie mal halblang. Die Kinder wurden als erste in die Gaskammern geschickt! Ich habe im übrigen kein "Beleg" gefordert, sondern eine aufhellende Erklärung, die es natürlich nicht geben wird.

          • 6G
            61321 (Profil gelöscht)
            @Lichtschwert:

            Ich bin schwer betroffen von Ihrer Aussage, dass Sie hier nicht weiter kommentieren sollten und den Gund den Sie dafür anführen.

            Sollten Sie tatsächlich so denken oder empfinden, dann sollten wir sofort zusammen überlegen, was schief gelaufen ist

          • 8G
            80336 (Profil gelöscht)
            @Lichtschwert:

            Ich habe Ihren Kommentar sehr wohl verstanden, und insbesondere den Kontext dabei beachtet. Ihr Term "Feuer mit Feuer zu bekämpfen" bestätigt es. Ich teile Ihren Standpunkt nicht.

             

            Zu den Erzählungen Ihrer Großmutter lege ich Ihnen abschließend ein weiteres Dokument vor, welches die Perfidie der Täter und Mitläufer (vor der Lüge an die Kinder und Eltern) dokumentiert:

             

            //http://www.birdstage.net/pdf/gretels_albums.pdf

  • Die ersten im KZ waren nicht die Juden, sondern die politisch aktiven Deutschen. Darüber durfte aber nicht gesprochen werden. Alle Deutschen waren Täter und alle Juden Opfer. Einen Lebenslauf eines Nazis zu erforschen? Undenkbar. Sofort kam der Aufschrei: Wer beschäftigt sich mit uns, den Opfern? Dabei sind die Opfer für die Aufarbeitung der Geschichte, wie es zum Faschismus kam, völlig uninteressant. Nach gängiger Lehre verbreitet sich Faschismus und Antisemitismus noch immer irgendwie wie die Grippe.

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @Werner S:

      Was soll den Ihr Kommentar? Der ist völlig absurd!

      • @39167 (Profil gelöscht):

        Er will damit sagen, die Deutschen waren die ersten und eigentlichen Opfer des NS-Regimes, so dass ein Besuch von KZs obsolet wäre. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass ein KZ-Besuch ein Heilmittel gegen Antisemitismus ist.

    • @Werner S:

      "Die ersten im KZ waren nicht die Juden, sondern die politisch aktiven Deutschen. "

       

      Kann es sein, dass die politisch aktiven Juden in Deutschland für Sie keine Deutsche waren?

      • @Nicky Arnstein:

        Ist es ja auch für einige nicht, wie nannte man es so schön, Vaterlandslose Gesellen

    • @Werner S:

      Selten so einen Blödsinn gelesen, das im KZ auch noch andere Menschen waren, wurde denn wo bestritten? Kommunisten, Wiederständler, Sozialisten, Pfarrer, Systemkritiker, Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, geistig Behinderte und angebliche „Asoziale.“

       

      Das wird auch in jeder KZ Ausstellung so thematisiert.

       

      Vielleicht sollten Sie doch mal eins Besuchen, das hilft auch aus der eigenen Blase zu kommen.

       

      Und Faschismus und Antisemitismus gehören nicht zusammen. Es kann zusammen vorkommen, muss aber nicht.

      • @Sven Günther:

        Selten so einen Bödsinn gelesen? Wenn es so wäre wie es deine Meinung nach ist, hätten wir heute weit weniger Probleme.

        Arroganz und Intoleranz - wie in deinem Beitrag - sind übrigends die Hauptursachen für Faschismus, Antisemitismus und Totalitarismus.

        In dem Tonfall kannst Du die Nazis alleine bekämpfen. Viel Spaß.

        • @Werner S:

          Na, auf solche Hilfe verzichte ich gerne.

          • @Sven Günther:

            Ich weiß nicht, wie oft Du ein KZ besucht hast, eine Hilfe war es offensichtlich nicht.

            • @Werner S:

              Wie oft ich die KZ besucht habe, ist irrelevant, du hast dieses "Argumente" gebracht,

               

              "Darüber durfte aber nicht gesprochen werden."

              Habe gerade mal die HP eines KZ in meiner Nähe aufgerufen, aktuelle Ausstellung im KZ Buchenwald-Mittelwald-Dora "Roter Winkel. Politische Häftlinge im Konzentrationslager Bergen-Belsen"

              https://www.buchenwald.de/47/date/2017/10/23/roter-winkel-politische-haeftlinge-im-konzentrationslager-bergen-belsen/

               

              Ist der rote Winkel nicht das Zeichen der politischen Häftlinge?

               

              "Einen Lebenslauf eines Nazis zu erforschen? Undenkbar." Die Lebensläufe der meisten handelnden in den Vernichtungslagern und der Führung des 3. Reichs, gelten als eine der best erforschten Gruppen der Geschichte, bei Interesse kannst du dir praktisch den ganzen Tag Dokus darüber auf n-tv oder ZDF info anschauen.

               

              "Nach gängiger Lehre verbreitet sich Faschismus und Antisemitismus noch immer irgendwie wie die Grippe." Wird wo behauptet? Wie der Faschismus in Italien, Portugal, Deutschland, Spanien, Österreich etc. entstanden ist, was die Unterschiede sind, Klerikalfaschismus, Austrofaschismus etc. und wie Faschismus entsteht ist hundertfach erforscht worden, mit Büchern über die Faschismustheorien kann man kleine Hallen füllen.

              • @Sven Günther:

                Wenn das alles so gut aufgearbeitet wird, womit erklärst Du dann die Erfolge der AfD und die Mißerfolge der linken Parteien?

                Das was uns heute als Antifaschismus verkauft wird, hat nichts mit Faschisten zu tun. Es ist eine reine Panikreaktion gegen die AfD.

                • @Werner S:

                  Seit wann lernen die Menschen aus der Geschichte?

                   

                  Das wäre eine neue Entwicklung...

                  • @Sven Günther:

                    Warum erwarten wir es dann von unseren Schülern? Es hilft nicht gegen die AfD, es hilft nicht gegen den Antisemitismus. Die Schüler sind wohl nur Opfer unseres nutzlosen populistischen Aktivismus.

  • Ich bin da eher bei Klaus Hillenbrand. Das ganze Moralisch-Obligatorische bringt nichts, eher der abenteuerliche Aspekt (Blinden-Werkstatt), weniger der Morbide-Voyeuristische.

    Obligatorisch waren bei uns in der Schule z.B. bestimmte Größen der Literatur. Danach hatten Leute wie Schiller, der übrigens, wie wir heute sagen würden, durch die grausige Isolationshaft seines Freundes politisiert wurde, ihren Sex-Appeal endgültig verloren.

    Schulen, die eine freie Atmosphäre verbreiten, wie die SFE, kommen mit dem Thema vielleicht besser klar.

    Bei meinem Auschwitz-Besuch (im Lager I, nicht Birkenau) war ich

    am meisten betroffen von einer Vorrichtung, in der Menschen einzeln eingemauert wurden und qualvoll bei lebendigen Leib starben. Da hätte man sich nach den Todesschüssen der Wachen gesehnt, die bei Flucht nach Überquerung der elektrischen Zaundrähte zu erwarten waren, im besten Fall, denn auch das hätte man als geschwächter, wehrloser Mensch nie erzwingen können: Die Sadisten hätten einen vorher noch gefoltert.

    El Duderino:

    Es gab zu allen Zeiten einige Gruppen von Personen, im Moment z.B. Saudis und Iraner im Jemen, oder Assad-Loyalisten in Syrien, die ziemlich unabhängig vom "System" Macht auf grausigste Art ausüben und bekämpft werden müssen (um bei deiner Tante zu bleiben: Russen/Ukraine, Israel/Gaza). Also selbst das Erkennen der Buhmann-Funktion reicht nicht.

    Nazideutschland ist nur durch Gewalt von außen befreit worden. Deshalb ist die Frage von militärischer Intervention zum Schutz von Menschen, also kleine Barbarei, um größere Barbarei abzuschaffen, so schwierig. Machtstreben, meist männliches (nicht immer, siehe Thatcher oder Indira Gandhi), sehe ich als Urgrund, unabhängig vom "System". Gerade Machtausübung mit ursprünglich altruistischer Motivation (Lenin,Stalin). Ganz ohne Macht gäbe es aber keinen menschlichen Fortschritt, lebten wir jetzt im Tausendj. Reich.

  • Dass „die Diskussion, wie sie im Artikel ausgetragen wird“, am „Kern der Sache“ zwar relativ dicht aber eben doch „vorbei [geht]“, scheint ein Prinzip der taz zu sein. ;-)

     

    Artikel, die unter der Überschrift „Pro und Contra“ erscheinen, sollen offenbar zum Selberdenken anregen. Dafür scheint es nötig zu sein, dass gewisse Punkte offen und kleine Widersprüche enthalten bleiben. Ich wünschte, Lehrer würden ihren Unterricht nach dem selben Prinzip aufbauen. Vielleicht würden dann weniger Schüler „Schon wieder!“ stöhnen.

     

    Leider scheint vielen Lehrern das aller Wichtigste am Unterricht zu sein, den Schülern ihre (der Lehrer) Kompetenz zu beweisen. Es gibt kein „Pro und Contra“ in der Schule. Es gibt ein: „Das ist Fakt“. Einen (kleinen) Teil der Schüler kann man so zu Gläubigen erziehen. Einen anderen Teil macht man aber zu Oppositionellen. Und den größten Teil erreicht man gar nicht. Die interessieren sich weder für den Lehrer noch für den Stoff. Die befassen sich lieber mit den Angebern aus der eigenen Peergroup.

     

    Wie auch immer. Sie haben jedenfalls recht, werter EL_DUDERINO: Empathie ist nicht alles. Empathie zu wecken ohne den Umgang damit zu üben, ist sogar gefährlich. Wer sich von seiner Empathie überrumpeln lässt, der bildet schnell Opfer-Hierarchien aus. Und wer das tut, wird eine leichte Beute für Dogmatiker aller Art. Er klebt dann Zettel mit dem Statement: „Tod allen Kinderschändern!“ an seine Heckscheibe oder hasst alle Juden, weil die angeblich alle Palästinenser unterdrücken.

     

    Ich bin immer wieder erstaunt, wie schwer wir Deutschen uns mit Schuld- und Verantwortungsfragen tun. Theoretisch ist (fast) allen Linken klar, dass Schuld individuell und nicht vererbbar ist. Im Konfliktfall können sie den Unterschied zwischen individueller Schuld und nationaler Verantwortung aber trotzdem nicht erklären. Für sich nicht und auch nicht für Israelis, Palästinenser oder sonst irgendwen.

    • @mowgli:

      Wenn Schuld nicht vererbbar ist, warum sind dann Schulden vererbbar?

       

      Wenn meine Eltern oder Großeltern jemanden ausgebeutet haben und dessen Geld geklaut haben und ich habe dies geerbt, dann hätte ich zumindest kein Eigentumsrecht daran afaik,, weil man das nicht von gestohlenen Sachen erwerben kann.

       

      Es geht heute nicht mehr um irgendeine moralische, individuelle Schuld von gestern. Es geht um das, was wir unrechtmäßig besitzen und nicht hergeben. Und das ist unsere Schuld ganz konkret von heute.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        "Wenn meine Eltern oder Großeltern jemanden ausgebeutet haben und dessen Geld geklaut haben und ich habe dies geerbt, dann hätte ich zumindest kein Eigentumsrecht daran afaik,, weil man das nicht von gestohlenen Sachen erwerben kann."

         

        Fragen Sie mal bei den Quandts nach!

    • @mowgli:

      Fakten haben nix mit Glauben zu tun.

  • Wichtig bei dem ganzen Komplex Antisemitismus ist in erster Linie, die persönliche Betroffenheit und damit Empathie bei jungen Menschen zu erzeugen. Durch obligatorische KZ-Besuche geschieht dies nach meiner Erfahrung kaum. Wenn man daran erinnert, welche emotionale Betroffenheit die amerikanische Serie Holocaust in Deutschland ausgelöst hat, dann hat man schon einen Hinweis , der in die richtige Richtung geht. Diese emotionale Betroffenheit muss natürlich dann entsprechend pädagogisch aufgefangen und mit Fakten unterfüttert werden. Regionale Bezüge herzustellen, hat sich auch als hilfreich erwiesen, so habe ich immer eine nahe gelegene Gedenkstätte einer Euthansieanstalt mit Schüler besucht. Ob da ein Besuch im 300km entfernten Buchenwald mehr gebracht hätte, wage ich zu bezweifeln.

    Deshalb halte ich von den obligatorischen KZ-Besuchen wenig, zumal auch z.B. die pädagogische Konzeption in Buchenwald wenig geeignet ist, emotionale betroffenhheit zu erzeugen. Da war das late DDR-Konzept trotz Thälmann-Kult eindrucksvoller.

  • Ich habe mit 16 Jahren Auschwitz gesehen. Wir waren damals in der Pubertät, hatten alles mögliche im Kopf und überhaupt keinen Bock da hin zu fahren. Auf der Rückfahrt herrschte Stille und ich werde nie die Fassungslosigkeit in den Gesichtern meiner Freunde vergessen.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob es reicht, die Fähigkeit zur Empathie zu fördern. Es ist sicher notwendig in der Lage zu sein, andere als menschliche Wesen wahrnehmen zu können, aber das allein reicht nicht, um Antisemitismus vorzubeugen. Meine Tante ist empathisch, sie hat ein Herz für Kinder. Aber trotzdem ist sie ein Nazi ("Die Juden sind diesdas, die Russen haben diesjenes getan"... whatever). Was gegen Antisemitismus hilft, ist eine Einsicht in die Ursachen des Antisemitismus ("Externalisierung von dem Kapitalismus innewohnenden Widersprüchen" usw., "Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen", usw.). Es reicht nicht, ein netter Mensch mit Einfühlungvermögen zu sein. Das ist *notwendig*, aber *nicht hinreichend*. Die Ursache von Antisemitismus ist nicht, dass wir uns nicht gern genug haben, oder dass wir kalt bleiben, wenn wir Kinder sterben sehen. Die Ursache ist, dass die meisten Leute nicht lernen und auch nach tausenden von Jahren der Menschheitsgeschichte *immer* eine Person oder eine Gruppe von Personen für ein auftretendes Problem verantwortlich machen müssen (einen Buhmann schlagen können müssen), weil es zu abstrakt ist, und zuviel Mühe kostet, die Ursachen *im System*, im entfremdeten Miteinander aufzuspüren.

     

    Deshalb geht die Diskussion, wie sie im Artikel ausgetragen wird, am Kern der Sache vorbei.

    • @el_duderino:

      Den "Buhmann", das "schwarze Schaf", gab es auch schon lange bevor die Verhältnisse so relativ schwer durchschaubar waren wie im Kapitalismus. Feindschaft und Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden ist viel älter als der Kapitalismus.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @el_duderino:

      Ja, die Ursache ist sicher, dass Menschen oft gar keine Erfahrungen machen wollen jenseits der Erfahrungen, die sie machen müssen. Aber was ist die Ursache diese Ursache?