Privatisierung von Agrarflächen im Osten: Bund stoppt Verkauf von Äckern
Die meisten staatlichen Felder und Wiesen sollen Bio- und andere „nachhaltige“ Höfe pachten. Das hat die Ampelkoalition nun beschlossen.
Das Finanzministerium hatte Mitte Dezember verfügt, dass die ihm unterstehende Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) vorläufig kein Agrarland mehr verkaufen darf. Sie hat seit 1992 mehr als 893.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche der DDR privatisiert. Die verbliebenen Grundstücke liegen vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Wie es nach diesem Verkaufsmoratorium weitergehen soll, war bislang in der Ampelkoalition umstritten. Vor allem die Grünen drangen darauf, die Verkäufe zu stoppen und nicht automatisch an die Höfe zu verpachten, die am meisten zahlen.
Rund 19 Prozent der Flächen will der Bund den Ministerien zufolge nun für seine Initiative „Nationales Naturerbe“ bereitstellen, die Gebiete etwa mit vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten bewahren soll. 9.800 Hektar davon sollen weiter dem Bund gehören. 7.700 Hektar werden Ländern, Stiftungen oder Naturschutzverbänden geschenkt. Nur noch knapp 7 Prozent der Bundesflächen sollen bis 2024 verkauft werden – vor allem um bestehende Rechtsansprüche, etwa von enteigneten AlteigentümerInnen, zu erfüllen.
Bei der Verpachtung der übrigen 67.500 Hektar ist neu, dass nicht mehr regelmäßig der Höchstbietende den Zuschlag bekommt. Stattdessen wollen die Ministerien jetzt Nachhaltigkeitskriterien für die Vergabe festlegen. Bis dahin würden keine neuen Pachtverträge abgeschlossen, sagte eine Sprecherin des Agrarressorts der taz.
„Wir sind sehr zufrieden, dass die Privatisierung beendet wird“, teilte Julia Bar-Tal, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Brandenburg/Berlin/Mecklenburg-Vorpommern, der taz mit. Sie forderte, dass bei der Verpachtung künftig zum Beispiel Höfe mit wenig Land, vielen Hecken oder Bio-Zertifizierung bevorzugt werden. Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbands Brandenburg, dagegen schrieb der taz: „Nachhaltig wirtschaftet jeder Landwirt, der einen EU-Agrarförderantrag stellt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste