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Präsidentschaftswahlen in MoldauDie EU muss helfen

Kommentar von Barbara Oertel

Bis zur Stichwahl in zwei Wochen wird Moskau nochmal alle Register der hybriden Kriegsführung ziehen. Die EU muss die jungen Menschen unterstützen.

Hat die erste Runde der Präsidentenwahl deutlich für sich entschieden: die proeuropäische Staatspräsidentin Maia Sandu Foto: Vadim Ghirda/AP/dpa

D as Wäh­le­r*in­nen­vo­tum am Sonntag in der Republik Moldau hat all jenen einen herben Dämpfer verpasst, die das Land schon auf einem sicheren Weg in die EU wähnten. Zwar hat die amtierende proeuropäische Staatspräsidentin Maia Sandu die erste Runde der Präsidentenwahl deutlich für sich entschieden. Doch ein Sieg in der Stichwahl am 3. November ist kein Selbstgänger. Denn es ist nicht ausgemacht, dass ein Zusammenschluss zumindest einiger ihrer Mit­kon­kur­ren­t*in­nen Sandu nicht doch noch das Amt kosten könnte.

Der denkbar knappe Ausgang des Referendums zugunsten eines EU-Beitrittes zeigt überdies, wie tief gespalten die moldauische Gesellschaft immer noch in dieser Frage ist – ein Umstand, der es Sandu im Falle einer Wiederwahl eher schwerer machen dürfte, ihren Kurs fort zu setzen.

Doch auch Russland, das Moldau immer noch als seine Einflusssphäre betrachtet, kann mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein – angesichts des betriebenen Aufwandes, um die Wahl zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Dafür war jedes noch so schmutzige Mittel recht.

Bestechungsversuche, horrende Ausgaben für Stimmenkauf, der Aufbau krimineller Netzwerke sowie abstruse Falschinformationen, um Hysterie zu verbreiten – all diese Methoden fruchteten nicht so, wie erhofft. Auch das Narrativ, die Regierung wolle Moldau in einen Krieg mit Russland stürzen, verfing allenfalls bedingt.

So ist denn zu erwarten, dass Moskau auch in den kommenden zwei Wochen bis zur Stichwahl um das Präsidentenamt noch einmal alle Instrumente hybrider Kriegsführung nutzen wird. Dabei dürfte der Kreml auch die Parlamentswahlen im kommenden Jahr fest im Blick haben, bei der weitere wichtige Weichen für Moldau gestellt werden.

Zugegeben: Die Lage in der Republik Moldau ist und bleibt volatil. Gerade deshalb sollte die EU in ihren Bemühungen, das Land zu unterstützen, nicht nachlassen. Dabei muss es vor allem um die junge Generation gehen, die ihre Zukunft in Europa sieht. Sie jetzt alleine zu lassen, käme einer Art Verrat gleich.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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6 Kommentare

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  • Vielleicht wäre auch einfach etwas mehr westliche Zurückhaltung das beste für Moldawien. Viele Menschen dort sehen die Ukraine als abschreckendes Beispiel. Für viele Menschen wäre ein Krieg ein Horrorszenario - es gibt viele die deswegen eine weitere langsame Annäherung befürworten.



    Hirstorisch betrachtet waren langsame Wechsel der Einflusszonen für die betroffenen Länder auch am besten (siehe zb Österreich oder Finnland).

  • "Der denkbar knappe Ausgang des Referendums zugunsten eines EU-Beitrittes zeigt überdies, wie tief gespalten die moldauische Gesellschaft immer noch in dieser Frage ist..."

    Ein tief gespaltenes Land in die EU zerren? Das wir die EU bestimmt stärken.

    Besser wäre es, das Land in Ruhe zu lassen. Aber in den nächsten 14 Tagen wird man in Moskau und Brüssel weiter alles tun, um die Wahl im eigenen Sinn zu beeinflussen...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "Sich zurückhalten" heißt hier, wie im Falle der Ukraine, das Land Putin überlassen. Wenn einer kämpft, lebt der andere nicht im Frieden, es sei denn nach der völligen Unterwerfung. Das ist eine Binse.



      Was für Putin an Moldau interessant ist, ist nicht das Land selbst (behaupte ich). Sondern die Nähe zu Europa, das Infragestellen von Regeln, die Ausweitung der Einflusssphäre - genauso wie auch in Georgien.



      Und wenn er mit den drei Ländern fertig ist, sind Polen und das Baltikum dran.



      Und Deutschland, ach ja: das steht schon längst mit vielen Posten auf der täglichen ToDo-Liste von Putins Angestellten.

      Zurückhaltung im Jahr 2024 ist nicht mehr von Appeasement zu unterscheiden, bloß dass hier am Ende keine starken Alliierten das Ruder herumwerfen werden: am Ende sind da keine mehr.



      Es ist eine beschissene Realität, aber sie wird morgen, wenn wir den Kopf bis dahin in den Sand stecken, noch schlimmer sein.

      • @Annette Thomas:

        Genau diesen Drang, um Macht- und Einflusszonen zu kämpfen, meine ich.

        Von der Paranoia mal ganz abgesehen...

        Jedenfalls werden diese Machtkämpfe auf dem Rücken der Einwohner Moldawiens ausgetragen. Wohin so etwas führt, kann man in der Ukraine bewundern.

  • www.tagesschau.de/...nipulation-100.htm



    So endet das , wenn frau sich provozieren lässt. Natürlich haben wir gut reden, wir werden (noch) nicht jeden Tag physisch angegriffen. Zwei jeweils knappe Abstimmungen zu verbinden führt dazu, dass jede von beiden knapp bleibt / beide verloren gehen. Um den Kreml mit Papierfliegern zu bewerfen ? Keine Frage : Die EU muss jetzt ihre Anstrengungen deutlich verstärken, nicht ein bisschen, sondern wirksam. Denn Moldau ist ihr Brückenpfeiler im Südosten.

  • Weder die angebliche Wahlbeeinflussung der Russen noch das Wahlzuckerl von über 1 Mrd. von VdL wird die Wahl beeinflussen.



    Nur die Moldavier können die Wahl entscheiden und das Ergebnis müssen wir im Westen akzeptieren auch wenn es nicht unser Wunschergebnis ist.



    Ebenso werden wir das Wahlergebnis in den USA akzeptieren müssen, auch falls Trump gewinnt, der uns als unfähig erscheint, wir werden das Wahlergebnis nicht beeinflussen denn die Amerikaner ticken anders.