Polizeigewalt: Demonstrant klagt gegen Polizisten
Ein Übergriff bei einer Anti-AfD-Kundgebung hat für einen beteiligten Polizisten ein gerichtliches Nachspiel. Eine Verurteilung wäre ein wichtiges Signal.
Der Übergriff hatte sich im Laufe von Protestaktionen im Juni 2021 in Biesdorf ereignet. Der Demoteilnehmer war dort demnach von einem Polizisten umgeschubst und zu Boden gerungen worden. Zuvor hatte das Amtsgericht Tiergarten den Aktivisten am 20. September von der Anschuldigung freigesprochen, dass dieser dort selbst einen Polizisten geschlagen haben soll. Für die Richter:innen stand nach Sichtung von Videos zweifelsfrei fest, dass der Mann im mittleren Alter die Tat nicht begangen hat.
Auch der taz liegen Videos vor, die den Vorfall in Gänze zeigen. Zu sehen ist, wie acht Polizist:innen eine Demonstrantin abführen. Der nun klagende Mann steht auf dem geräumigen Platz herum. Als die Polizist:innen auf ihn zukommen, tritt er beiseite. Ein Polizist, gegen den sich die Klage nun richtet, schubst ihn leicht. Anschließend dreht er sich unvermittelt um, packt den Mann am Arm und zerrt ihn ruppig zu Boden.
Von dem „Handkantenschlag“, den der Demonstrant ihm zugefügt haben soll, ist nichts zu sehen. Der Demoteilnehmer wird von mehreren Beamt:innen abgeführt, dabei drehen sie die Arme des Mannes auf seinen Rücken. In dem folgenden Tumult beschweren sich Demonstrierende über das Vorgehen der Beamt:innen. Polizist:innen greifen wiederholt nach den Köpfen von Demonstrant:innen und ringen sie teils brutal zu Boden. Laut „Kein Raum der AfD“ mussten Protestierende anschließend im Krankenhaus behandelt werden.
Klare Beweislage
Für den beschuldigten Polizisten hat der Einsatz während der Kundgebung nun ein Nachspiel. Zwar laufen Strafanzeigen gegen Polizist:innen oftmals ins Leere. Angesichts der Klarheit der Beweislage hofft Tim Reiche, Pressesprecher von Kein Raum der AfD, dennoch auf eine Verurteilung. „Ein Urteil gegen den Beamten wäre ein wichtiges Zeichen gegen Polizeigewalt“, sagte er der taz.
Auch der Anwalt des klagenden Demonstranten, Peer Stolle, sagte, es brauche „Druck von außen“, damit sich in der Polizei eine „Fehlerkultur“ entwickle. Klagen wie diese könnten helfen, indem sie interne Ermittlungen anstoßen. „Es geht auch darum, Aktivist:innen zu schützen, die friedlich ihre Meinung bekunden wollen“, sagte Stolle.
Es ist nicht der erste Prozess im Nachgang des fraglichen Polizeieinsatzes. Das Verwaltungsgericht befasst sich bereits mit einer Klage des Versammlungsleiters, die die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes insgesamt feststellen soll.
Zu der Eskalation auf der friedlichen Kundgebung mit rund 30 bis 40 Teilnehmer:innen kam es, nachdem der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber sich von einer Demonstrantin beleidigt fühlte und Strafanzeige erstattete. Schreiber hospitierte an dem Tag bei der in der linken Szene berüchtigten 11. Einsatzhundertschaft. Weil Aussagen von Polizist:innen Schreibers Eindruck deckten, verurteilte das Amtsgericht Tiergarten Mitte Oktober eine Aktivistin.
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