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Polizeigewalt bei Demos am 8. MärzAuch für die Polizei offenbar ein Kampftag

Im Netz kursieren Videos von Polizeigewalt beim feministischen Kampftag. Die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen sprechen von Vorfällen sexualisierter Gewalt.

Am 8. März schlugen die Gemüter bei einigen Polizisten offenbar hoch Foto: imago

Berlin taz | Im Nachgang der Proteste rund um den feministischen Kampftag am 8. März ist eine Debatte über Polizeigewalt entbrannt. Auf Videos, die zahlreich in sozialen Medien geteilt werden, sind Po­li­zis­t:in­nen zu sehen, die beim Abdrängen eines Demoblocks immer wieder mit Fäusten in Gesichter und Oberkörper schlagen. Die Szenen ereigneten sich am Ende der internationalistischen Demo „Until total liberation“, die eigentlich vom Oranienplatz zum Hermannplatz laufen sollte. Kurzfristig hatte die Polizei die Demoroute drastisch abgekürzt, sodass diese bereits am Spreewaldplatz endete.

In einem Statement prangert unter anderem die Alliance of Internationalist Feminists, die zum Protest aufgerufen hatte, „massenhafte Polizeigewalt“ auf dem Protest an. Die Polizei habe von Anfang an versucht, die Demo am Loslaufen zu hindern. De­mons­tran­t:in­nen seien ins Gesicht geschlagen und über den Boden geschleift worden, einige hätten Verletzungen an Händen, Armen, Beinen und im Gesicht davongetragen.

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Das Bündnis spricht auch von Vorfällen sexualisierter Gewalt. In einem drastischen Vorfall hätten Po­li­zis­t:in­nen bei der Verhaftung einer jungen Frau deren Rock hochgezogen und ihren Körper „absichtlich entblößt“. Die Po­li­zis­t:in­nen hätten die Frau zudem „aggressiv begrapscht“. Es kursieren Videos im Netz, die offenbar diese Verhaftung zeigen.

Darin ist eine junge Frau zu sehen, die auf dem Boden kniet und deren Kopf von mehreren Po­li­zis­t:in­nen heruntergedrückt wird. „Hören Sie auf, sich zu wehren“, brüllt ein Polizist immer wieder, warum, ist nicht ersichtlich. Der Polizist versucht, ihren Kopf zwischen seinen Beinen einzuklemmen. Ihr Gesicht sei „direkt auf seine Genitalien“ gepresst worden, schreibt das Bündnis. Die Frau habe das Bewusstsein verloren.

„Niedrige Einschreiteschwelle“ der Polizei

Am Montag wollte ein Sprecher der Polizei gegenüber der taz die Vorfälle weder bestätigen noch dementieren. Er sagte nur, die vom Bündnis erhobenen Vorwürfe würden geprüft. Eine allgemeine Mitteilung der Polizei zur Versammlungslage am 8. März liest sich allerdings nicht, als sei beim Einsatz eine deeskalative Strategie verfolgt worden. So heißt es, die Einsatzleitung habe die Ver­an­stal­te­r:in­nen bereits vor Demobeginn vor einem Palästina-Block mit „hochemotionalisierten Personen“ gewarnt und angekündigt, „etwaige Straftaten aus diesem Block konsequent und mit niedriger Einschreiteschwelle zu verfolgen“.

Der Polizeisprecher sagte, im Palästina-Block sei unter anderem der Spruch „From the river to the sea“ gerufen worden, den die Berliner Polizei als strafbar einstuft. Bei Festnahmeversuchen hätten Protestierende die Polizei immer wieder körperlich angegriffen, die Beamten hätten daraufhin Pfefferspray eingesetzt.

Die Demo konnte schließlich bis kurz vor dem vorgezogenen Endpunkt am Spreewaldplatz laufen. Als dort die Polizei zwei ebenfalls wegen strafbarer Aussagen verdächtigte Frauen festnahm und in eine nahe gelegene Feuerwache brachte, kam es zur Eskalation und den im Netz kursierenden Szenen augenscheinlicher Polizeigewalt. Mehr als 100 Leute hätten versucht, zur Feuerwache zu gelangen, weshalb Zwang eingesetzt werden musste, so die Polizei.

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22 Kommentare

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  • DIESE Demo brauchte nicht erst gekapert zu werden. Bundesweit gab es einige Versuche, (queer-) feministische Veranstaltungen zu "übernehmen".



    Gut, dass es diese Demo in Berlin gab:



    8m2024.feminism-unlimited.org/

    Und ich bin gegen Polizeigewalt. Und mittlerweile auch gegen Gewalt durch Demonstationsteilnehmer*innen.

    • @Kai Ayadi:

      Komischer Kommentarschlusssatz. Für Gewalt durch Polizei und durch Demonstranten hatte ich noch nie was übrig.

  • Die Schadenfreude der antipalestinensichen Leserschaft war erwartbar. Die Toleranz gegenüber dieser überzogenen Polizeigewalt wird sich für uns als Gesellschaft schnell rächen. Sicher schon bevor die AfD das Innenministerium leitet.

    • @Schleicher:

      Bestimmt! Wenn nun Dobrindt oder Spahn Innenminister werden, dann kriegen wir dieses "Vergnügen" sehr schnell....

  • Möglicherweise zeigen die Videos nur einen Teil der Geschichte.

    Der Polizeisprecher so:

    www.ardmediathek.d...WNfcHVibGljYXRpb24

    Davon abgesehen, wer in die Küche geht, sollte sich nicht wundern, wenn es dort mal heiß ist. Zu meiner Zeit gab es keine Faustschläge, sondern den Knüppel auf den Kopf oder auf die Arme. Das hat unser schräges Weltbild eher befördert und ab und an brach auch ein Knochen.

    Bei diesen Aktivistinnen, die noch ein weitaus schrägeres Weltbild pflegen, Polizisten und Journalisten attackieren, islamistischen Terror feiern und antisemitische Parolen rufen und diesen Wahnsinn als Feminismus verkaufen, dürfte es kaum anders sein.

    Es ist auch ein bisschen komisch zu sehen, wenn Menschen, die mit einer Revolution das Patriarchat und den Kapitalismus abschaffen wohlen, sich beschweren, wenn die Staatsmacht sie an Straftaten hindert oder diese ahnden will.

    Da ist wohl Hopfen und Malz verloren.

    • @Jim Hawkins:

      Sie befürworten (Polizei-)Gewalt als erzieherische Maßnahme?



      Die Rolle Rückwärts findet wohl nicht nur auf politischer Ebene statt. Selten führt zu Gewalt zu Einsicht, in den meisten Fällen zu mehr Gewalt. Mir ist auch nicht klar, wie das den jüdischen Mitbürgern hilft.

  • Egal in was für einem Zusammenhang, aber das Agieren der Polizisten in diesem Video ist unerträglich.



    Ich habe keinerlei Verständnis für das Kapern einer Veranstaltung zum Frauentag durch propalästinensische Demonstranten oder das Rufen der entsprechenden Sätze. Aber die, die das tun könnte man ja auch gezielt ermitteln und im Nachgang entsprechend bestrafen. Wozu gibt es Drohnen Handyvideos etc. So in die Situation hineinzugehen ist doch komplett sinnlos.

    • @Squirrel:

      Da müssten Sie erklären, wie Sie es sich vorstellen, dass im Nachgang erst ermittelt werden soll.

      Die Feststellung der Personalien von Tätern vor Ort ist eindeutig erfolgversprechender als Drohnen und Handyvideos.

      Die Polizei soll dann bei den Straftaten zusehen, statt sie zu unterbinden?

  • Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges Berlin §4:



    Grundsatz der Verhältnismäßigkeit



    (1) Bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges sind von den möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen. Jede Maßnahme darf nur so lange und so weit durchgeführt werden, wie ihr Zweck es erfordert.

    (2) Eine Maßnahme des unmittelbaren Zwanges darf nicht durchgeführt werden, wenn der durch sie zu erwartende Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.

    Das ist in Berlin für jeden Polizisten verbindlich!

  • Beim Tagesspiegel und in der FAZ steht dazu, dass (mal wieder) pro-palästinensische Demonstranten Journalisten angriffen. Gerade bei diesen "Solidaritätsveranstaltungen" mittlerweile ein Standart, wie auch TAZ-Journalisten schon erfahren durften. Die hier als Opfer stilisierten Frauen, griffen die JFDA-Journalistin Yalcin Askin und DJU-Geschäftsfüher Jörg Reichel an und überkippten deren Kollegen Levi Salomon mit heißem Tee. Neben dem üblichen Beleidigungen (Zionazi, Rassisten etc.) gingen diese "Aktivistinnen" dieses mal zu noch massiveren körperlichen Attacken über. Dass die Polizei hier die Journalisten und somit die Pressefreiheit schützt ist genau ihre Aufgabe. Und die Schilderungen vom grapschenden Polizisten und von Gesichtern die gegen Genitalien gedrückt werden, klingen doch sehr nach Märchen aus 1001 Nacht, respektive Paliwood. Vielleicht plaudern Sie einmal mit Nicholas Potter über seine Erfahrungen (Feindmarkierung) mit diesen "friedliebenden" Demonstrant*innen.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • Mein erster Gedanke war, Polizei Berlin mal wieder.



    Unabhängig davon was in der Vergangenheit auf palästinensischen Demos passiert ist, alleine was die Polizei in Berlin zuletzt mit dem Zentrum für politische Schönheit abgezogen hat...

    Selbst wenn es gerufen wurde, ist das doch kein Grund für so massive Gewalt. Die Polizei hätte auch die Möglichkeit gehabt zum Schutz der Menschen diese einzelnen Rufe zu ignorieren oder im Nachhinein zu ermitteln...

  • es war dem demostrationsrecht oder der meinungsfreiheit eher nicht dienlich, den ausspruch ´from the river to the sea´ in berlin verboten zu haben. es schmerzt zu erkennen, dass die berliner innenbehoerde sich scheinbar hat falsch beraten lassen, denn der spruch wird fast im gleichen wortlaut von netanjahu´s likud partei seit 1977 offiziell als leitspruch gebraucht. antisemitisch oder zutiefst israelfreundlich dann je nach interpretation.



    vielleicht waere es hilfreich, wenn sich zu dem thema mal alle eine demo in london anschauen und sich dann die beteiligten beider lager aehnlich entspannt in zukunft dazu verhalten koennten, dass waere dem frieden und dem gegenseitigen verstaendnis sicher dienlicher



    www.youtube.com/watch?v=iAwaxJyhplg

  • Ich bin sehr wahrscheinlich nicht d'accord mit den Aussagen, die auf dieser Demo gefallen sind und halte Teile dieser antisemitisch agierenden antikolonialistischen Bewegung für politisch verirrt, aber nichts rechtfertigt diese Videobilder, die hier zu sehen sind, auf denen hochgerüstete Polizeisoldaten mit ihren Fäusten auf ungeschützte Köpfe von Demonstrierenden immer und immer wieder einschlagen. Was ist das für eine völlig verkorkste Institution, die solche Missstände weiter befeuert, statt endlich besser werden zu wollen?

  • Wer bereits das Vorgehen dieser Aktivist*innen vor Ort erlebt hat und das danach mit deren Videos vergleichen konnte, durfte schon öfter feststellen, wie wenig die verbreiteten Bilder mit der Realität vor Ort zu tun hatten.

    Man sollte die Untersuchung abwarten, bevor man deren Narrativ verbreiteten.

    • @Paul Meier:

      Hier ein Beispiel für eine andere Sicht auf die Ereignisse von Samstag: "Der JFDA-Journalist Levi Salomon sagte, eine solche Brutalität und Aggressivität gegen sich wie am Samstag habe er auf einer Demo noch nicht erlebt. Nachdem die Frau ihn mit Tee übergossen habe, hätten Polizisten sie festnehmen wollen. Die Frau sei aber von Demonstranten abgeschirmt worden. Daraufhin sei die Polizei mit Gewalt gegen die Menge vorgegangen. Ein in sozialen Medien aufgetauchtes Video zeichne ein Zerrbild der Situation, sagte Salomon: „Hier werden bewusst falsche Narrative verbreitet.“ Beschrieben sei das Video mit „Massive Gewalt gegen Frauen durch Berliner Polizei bei Protestaktion zum Weltfrauentag“ und wurde 1,8 Millionen Mal angesehen."

      www.faz.net/aktuel...ert-110347801.html

    • @Paul Meier:

      Sie meinen, dass sind gar keine gut trainierten und mit schweren handschuhen bewehrten polizisten, die da in dem video immer wieder und für jeden menschen gut sichtbar in brutalster art und weise in die gesichter und auf die ungeschützten köpfe von demonstrant*innen einschlagen? und das ist auch gar kein video, sondern ein "narrativ"? Sie scheinen mir selbst ziemlich verroht zu sein.

      • @Pflasterstrand:

        Wenn man mal das ganze Video gesehen hat und nicht nur den Pro-Pali-Cut, dann merkt man schnell, dass ihr Kommentar überflüssig ist. Im übrigen geht die Polizei mit dieser Art von Schutzmontur da rein, weil sie genau weiss mit welcher Art von physischer Provokation sie rechnen muss. Die Aggression geht doch von den Demonstranten aus und nicht umgekehrt.

    • @Paul Meier:

      Wer bereits das Vorgehen der Polizist:innen vor Ort erlebt hat und das danach mit deren Untersuchungsberichten vergleichen konnte, durfte schon öfter feststellen, wie wenig die verbreiteten Ergebnisse mit der Realität vor Ort zu tun hatten.

  • "So heißt es, die Einsatzleitung habe die Ver­an­stal­te­r:in­nen bereits vor Demobeginn vor einem Palästina-Block mit „hochemotionalisierten Personen“ gewarnt ..."



    und



    "... im Palästina-Block sei unter anderem der Spruch „From the river to the sea“ gerufen worden, ..."



    klingen für mich so, als hätten Israelkritiker und Pro-Palästinenser die Frauentagsdemo für ihr Anliegen umdefiniert. Falls es so war, finde ich das schade, da die Demos am Frauentag meiner Meinung nach wichtig sind.

    Vielleicht äußern sich ja noch Autoren und/oder LeserINen, die dabei waren.

    • @*Sabine*:

      Wenn sie sich mit der Alliance of Internationalist Feminists auseinandersetzen, welche die Demo organisiert hat, dann werden sie feststellen das Pro-Palästinenser nicht die "Frauentagsdemo für ihr Anliegen umdefiniert" haben. Zur der Allianz gehören eine Vielzahl von Gruppen unterschiedlicher Religionen, Ethnien, Länder etc u.a. auch Palästina spricht.



      feministalliancebe...rdpress.com/about/



      Wer auf Worte mit Gewalt reagiert (vor allem mit Fäusten immer wieder auf die Köpfe von Demonstranten einzuschlagen die keine Helme tragen), hat das Argument schon verloren. Und wenn es hier tatsächlich zu sexualisierter Gewalt gekommen ist, kann das sowieso nicht damit entschuldigt werden das ein Teilnehmer verbotene Parolen gerufen hat.

    • @*Sabine*:

      "Die Demo umdefiniert"?

      Sie haben teilgenommen.

      Und selbst ein "Umdefinieren" rechtfertigt in keinster Weise Faustschläge auf Kopfhöhe.

    • @*Sabine*:

      ein bisschen off topic was sie da schreiben, angesichts eines artikels über gut dokumentierte massive polizeigewalt, meinen Sie nicht?