Politische Krise in Pakistan: Regierung und Opposition suchen Ausweg
Von den Gesprächen erhofft sich die Regierung in Islamabad politische Stabilität. Oppositionsführer Imran Khan hofft währenddessen auf seine Freiheit.
![Ranger des Militärs vor einer Barrikade aus Containern in Islamabad zum Schutz vor wütenden Anhängern von Imran Khan Ranger des Militärs vor einer Barrikade aus Containern in Islamabad zum Schutz vor wütenden Anhängern von Imran Khan](https://taz.de/picture/7471662/14/37276166-1.jpeg)
Khan gilt weiterhin als der beliebteste Politiker des Landes, obwohl er bereits im April 2022 durch ein Misstrauensvotum des Parlaments sein Amt verloren hatte. Im Mai 2023 darauf wurde er wegen angeblicher Korruption erstmals kurz verhaftet, seit August 2023 sitzt er ununterbrochen im Gefängnis.
Khans Anhänger fordern immer wieder mit Massenprotesten seine Freilassung. Doch blieben die Regierung und die hinter ihr stehenden Generäle bisher hart. Das Militär ist in Pakistan ein Staat im Staate und hatte sich mit dem Populisten Khan überworfen.
Am Donnerstag wurden die Gespräche nach taz-Informationen von der ultimativen Forderung der PTI dominiert, bis Monatsende einen Justizausschuss einzurichten. Der soll die Umstände der Inhaftierung von hunderten Khan-Anhängern überprüfen und zu ihrer Freilassung führen.
Opposition pocht auf Freilassung ihrer Anhänger
Gegen die PTI-Märsche auf Islamabad wusste sich die Regierung nur durch die Absperrung des Regierungsviertels mit großen Containern zu wehren. Bei Straßenschlachten, für die sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich machen, wurden hunderte Anhänger Khans verhaftet. Immer wieder gab es dabei Tote.
Die Gespräche gehen auf den amtierenden PTI-Vorsitzenden Gohar Ali Khan zurück. Premierminister Shahbaz Sharif stellte darauf ein Verhandlungsteam aus Vertretern der beiden Regierungsparteien zusammen. Am 23. Dezember 2024 gab es die ersten Gespräche, am 2. Januar 2025 die zweiten. Das PTI-Verhandlungsteam durfte sich am 12. Januar mit dem im Hochsicherheitsgefängnis Adiala in Rawalpindi einsitzenden Khan absprechen.
Zu den Hauptforderungen der PTI zählt die Freilassung Khans, gegen den bei Gericht mehr als 100 Klagen anhängig sind, und die Annullierung der Ergebnisse der manipulierten Parlamentswahl vom Februar 2024. Bei dieser durfte die PTI offziell nicht antreten. Doch wurden ihr nahestehende Politiker, die als Unabhängige kandidieren mussten, zur größten Gruppe.
Derzeit fordert die PTI nur noch die Freilassung inhaftierter Mitarbeiter und die Bildung der Justizkommission zur Untersuchung der Vorfälle bei zwei Massenprotesten. Hunderte daran Beteiligte sind immer noch in Haft oder müssen sich vor Militärgerichten verantworten.
Zwar bereiten die Massenproteste der PTI der Regierung immer wieder große Kopfschmerzen. Auch droht die PTI jetzt noch mit einer „Bewegung des zivilen Ungehorsams“. Doch bisher kam die Regierungskoalition aus Muslimliga (PML-N) und Volkspartei (PPP) mit ihrer Sturheit durch. Sie will die volle Legislaturperiode im Amt bleiben und hofft, die Wirtschaft konsolidieren zu können.
Gesprächsbereit wegen Druck von Trump?
Nach Ansicht des Politologen Hassan Askari Rizvi sind für die PTI die Misserfolge der Massenproteste sowie öffentlicher Druck der Grund für die Aufnahme der Gespräche. Unklar ist jedoch, ob die Regierung überhaupt die Autorität hat, die Forderungen der PTI zu erfüllen.
Laut PTI-Politiker Shoaib Shaheen habe ihm Imran Khan gesagt, die PTI solle lieber direkt mit dem Militär verhandeln. Khan sei auch mitgeteilt worden, er werde nur dann aus dem Gefängnis kommen, wenn er einem Hausarrest zustimme. Das lehne er ab.
Laut der Politikanalystin Arifa Noor ist Khans Freilassung für die PTI am wichtigsten. In der Partei glaube man, dass man direkt im Anschluss daran für die anderen Forderungen demonstrieren könne. Die Regierung ihrerseits befürchte laut Noor, dass der künftige US-Präsident Donald Trump Druck zur Freilassung Khan ausüben könne. Daher verhandle die Regierung schon, bevor es überhaupt zu so einer Forderung komme.
Trump hatte im Wahlkampf verkündet, er werde sich für Khans Freilassung einsetzen. In den sozialen Medien werteten dies einige als Trick, um Wählerstimmen von im Ausland lebenden Pakistanern zu gewinnen. Andere glaubten, Trump meine es ernst. Derzeit beschuldigen sich in Pakistan beide Seiten gegenseitig, den Verhandlungsprozess zu verlangsamen.
Aus dem Englischen Sven Hansen
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