Plan des Umweltministeriums: Zurück zur Natur
Bundesumweltministerin Steffi Lemke will mit 4 Milliarden Euro Deutschlands Natur sanieren. Wen sie dafür aber noch gewinnen muss: die Landbesitzer.
Allen voran sollen Moore möglichst gut wiederhergestellt und geschützt werden, aber auch naturnahe Wälder wie alte Buchenbestände, Auen, Seegraswiesen in Meer und Watt, Böden und Parks. Sie sind Rückzugsorte für viele verschiedene Pflanzen und Tiere. Gesunde Natur kann zudem große Mengen Wasser aufnehmen und halten. Und sie kann Kohlenstoff binden, der ansonsten in Form von Kohlenstoffdioxid die Atmosphäre aufheizt.
Die Bundesregierung will das in den Jahren 2022 bis 2026 mit insgesamt 4 Milliarden Euro fördern. Ein Fünftel Deutschlands eignet sich für diesen natürlichen Klimaschutz, die Hälfte davon sind Wälder. Das hat der Naturschutzbund Deutschland bereits vor gut einem Jahr vorgerechnet. Er hatte dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Nur: Diese Flächen gehören oft jemandem, der sie als Acker, Forst, Weide nutzt. Das macht die Sache kompliziert.
Bestes Beispiel: Schon die vorherige Bundesregierung hat ein 48-Millionen-Euro-Programm über zehn Jahre für Pilotprojekte aufgelegt, um Moore zu schützen. Sie sind einer der größten natürlichen Tresore für CO2. Werden sie entwässert und bewirtschaftet, zersetzt sich der Torf. Der darin gespeicherte Kohlenstoff wird frei und zu Kohlenstoffdioxid.
Bauernverband fordert Geschäftsmodell
Die rot-schwarze Landesregierung in Niedersachsen, dem Agrarland Nummer 1 in Deutschland, hat es allerdings nicht geschafft, binnen zwei Jahren Flächen für den Schutz der Moore zu benennen. Die Abstimmungen mit Eigentümern und Bewirtschaftern der infrage kommenden landwirtschaftlichen Flächen zogen sich zu sehr hin. Vernässte Moore sind schwerer zu bewirtschaften.
Anders war das zwar in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Bayern. Doch der Fall zeigt: Die Renaturierung ist eine heikle Sache – selbst wenn der politische Wille da ist. Landwirte brauchen eine ökonomische Perspektive und Geld. Bernhard Krüsken, der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, fordert ein „Geschäftsmodell“ für seine Klientel.
Es werde unter anderem um „die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten für die nasse Landwirtschaft und der dort erzeugten Produkte“ gehen, heißt es in den Eckpunkten. Photovoltaik-Anlagen zur Energieerzeugung, Schilf fürs Dachdecken, Torfmoose für Blumenerde, Gräser als Fasern für Verpackungen, Rohrkolben für Dämmstoffe – denkbar ist manches, ausreichend erprobt oder bewährt ist es allerdings noch nicht.
Es ist ohnehin nicht leichter geworden mit dem Ukrainekrieg, durch den weltweit Getreide fehlt, Versorgungsengpässe nicht in Europa, aber in vielen afrikanischen Ländern drohen. Die EU-Kommission hat gerade erst ihre Renaturierungsstrategie zurückgezogen.
Müsste sich die Bundesregierung da nicht zuallererst den Weiterbau der Küstenautobahn A20 sparen, weil die geplante gut 200 Kilometer lange Strecke von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein bis Westerstede in Niedersachsen durch Moorgebiete führt? Dort müssen Flächen angekauft werden, um sie dann zu betonieren.
Es sei, so Lemke, „selbstverständlich wünschenswert, dass für den Straßenbau keine Moore mehr trockengelegt werden.“ Sie könne aber nicht für einzelne Vorhaben „den Daumen heben oder senken“. Die Förder-, Markt- und Einkommensmodelle sollen jetzt entwickelt werden. Sie werde das, sagte Ministerin Lemke, mit dem Kabinett abstimmen. Bis alles ideal läuft, hat sie nicht nur mit dem grünen Landwirtschaftsminister, sondern zumindest mit dem FDP-Verkehrsminister einiges zu bereden.
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