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Pläne zur Unterbringung von GeflüchtetenBürgermeister bewusstlosgeprügelt

Der Bürgermeister von Oersdorf in Schleswig-Holstein hatte erwogen, Flüchtlinge unterzubringen. Es gab Drohungen gegen ihn. Nun wurde er niedergeschlagen.

Die Polizei sicherte das Gemeindehaus, trotzdem geschah der Angriff (Symbolbild) Foto: dpa

Oersdorf dpa | Ein Unbekannter hat den Bürgermeister von Oersdorf im Kreis Segeberg angriffen und niedergeschlagen. Unmittelbar vor einer Sitzung des Bauausschusses am Donnerstagabend habe der Täter dem Bürgermeister von hinten mit einem Knüppel oder einem Kantholz auf den Kopf geschlagen, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Der 61-Jährige verlor nach ersten Angaben vorübergehend das Bewusstsein und kam ins Krankenhaus. Der Täter floh unerkannt. Der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz ermittelt. Bei der Ausschusssitzung sollte es auch um die Unterbringung von Flüchtlingen gehen.

Wie der Polizeisprecher sagte, erlitt der Bürgermeister offensichtlich nur leichte Verletzungen. Er konnte bereits vernommen werden. Die Ermittlungen liefen mit Hochdruck. Zu dem Motiv sagte der Sprecher, es könne auch ein anderer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden. Die Wählervereinigung, der der Bürgermeister angehört, wollte sich am zunächst nicht zu dem Vorfall äußern.

Noch am Donnerstag hatte der Bürgermeister nach Angaben des Polizeisprechers einen Drohbrief erhalten – mit den Worten: „Wer nicht hören will, muss fühlen“ und „Oersdorf den Oersdorfern“. Bereits seit Monaten erreichten ihn immer wieder Drohungen. Nach einer früheren Mitteilung der Oersdorfer Wählervereinigung mussten wegen Bombendrohungen zweimal die Sitzungen des Bauausschusses ausfallen.

Hintergrund der Einschüchterungsversuche ist demnach die Erwägung, Flüchtlinge in ein Haus im Ort einziehen zu lassen. Die Polizei habe die Ausschusssitzung am Donnerstagabend gesichert, sagte der Sprecher. Der Bürgermeister habe aber etwas abseits geparkt und sei dort attackiert worden.

Auf der Website der Wählervereinigung hieß es vor dem Vorfall bereits, Oersdorf habe nicht in gutem Sinne von sich reden gemacht. Es habe massive Einschüchterungsversuche gegeben, weil der Ausschuss einen Beschluss zur Unterbringung von Asylbewerbern fassen wollte.

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17 Kommentare

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  • Herrn oder Frau PITPIT PAT muß Recht gegeben werden: Hier liegt eine sprachliche Ungenauigkeit vor, die in der Tat dazu geeignet ist, einen anderen Vorgang als den tatsächlich stattgefundenen zu suggerieren.

  • Guten Morgen!

     

    Ich scheine hier zum Apologeten einer 'Einmal ist keinmal' Gewalttätigkeit zu werden.

     

    Nichts liegt mir ferner. Mein Ziel war die taz darauf hinzuweisen, dass sie sich sprachlich vergriffen haben. Einen Menschen hinterrücks niederzuschlagen ist verachtenswert aber eben auch ein anderer Tathergang als ihn mit einer Serie von Schlägen bewusstlos zu schlagen. Nicht besser oder schlechter, anders.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @pitpit pat:

      "Einen Menschen hinterrücks niederzuschlagen ist verachtenswert aber eben auch ein anderer Tathergang als ihn mit einer Serie von Schlägen bewusstlos zu schlagen. Nicht besser oder schlechter, anders."

       

      Ganz genau! Das sind die alles entscheidenden Fragen!

       

      Nicht dass einer mit dem Knüppel einen abpasst um ihm ihn dann über den Schädel zu ziehen.

       

      Wohl gemerkt einem dem davor Schmerzen angedroht wurden.

       

      Mit der Beantwortung dieses ungeklärten Rätsels steht und fällt die ganze Zivilsgesellschaft.

    • @pitpit pat:

      Schon klar ! Ist schon mal von mir nicht so verstanden worden. Doch selbst nach Duden lässt sich nur eine Serie von Schlägen als alleingültig noch nicht ableiten. Es ist wohl mehr Ihr Gefühl, was Sie das annehmen lässt.

      • @lions:

        Es kann natürlich sein, dass das lediglich mein Sprachgefühl ist, allerdings steht auch in meinem Duden (1973): "Prügel ugs. für Schläge". Wenn man sagt, jemand habe Prügel kassiert, so denkt man doch an mehrere Schläge. Ich halte Prügel für ein Pluraletantum, ein Wort, dass es nur im Pural gibt wie Kosten, Eltern etc.. Und deshalb begreife ich das davon abgeleitete Verb auch eben als immer eine Mehrzahl von Schlägen.

        Aber das hilft dem armen Mann naürlich trotzdem nicht.

        • @pitpit pat:

          Laut Duden: heftig, besonders mit einem Stock schlagen. Das kann mit einem Schlag ausgeführt sein.

          Ihrer Bedeutung kommt "wiktionary" näher, unter "verprügeln": Auf jemanden wiederholt einschlagen.

          Ich verstehe Ihre Intention. Was im Titel steht, empfinden Sie als reißerisch und martialischer. Da der Umstand so oder so martialisch ist, macht die Wortwahl für mich dabei keinen Unterschied.

  • @PITPIT PAT

    Ihre Aussage:

    „Bei allem Verständnis für das Bedürfnis, ablehnend über diesen Vorfall zu berichten: Ein Schlag auf den Kopf ist nicht 'bewusstlos geprügelt'. In meinen Augen braucht man zum 'Prügeln' mindestens zwei Schläge.

    Irreführende Überschrift“

     

    Ganz entschieden, nein kein Verständnis!!!

     

    „Ein Schlag auf den Kopf ist nicht 'bewusstlos geprügelt.“

     

    Und hinterher… war ja nicht so gemeint

     

    Ihre Argumentation ist nicht unbekannt und mittlerweile hinlänglich bekannt… war ja gar nicht so gemeint… diese böse Lügenpresse… hätten wenigstens zwei Schläge auf den Hinterkopf sein müssen…

     

    Lügenpresse war ja auch nicht so gemeint…

    … jetzt schimpft man (insbesondere eine Frau) auf die Pinocchio-Presse… Journalisten, so die AFD-Chefin, würden sich Fakten zurechtbiegen, Zitate verdrehen und Lügen verbreiten – und natürlich alles nur, um ihre Partei in ein schlechtes Licht zu rücken.

     

    Weitere Überschriften der Lügenpresse (Pardon, Pinocchio-Presse) vom 30.09.2016

    die Zeit:

    Bürgermeister wegen Plänen für Flüchtlingsunterkunft niedergeschlagen

    FAZ:

    Weil ein Bürgermeister in Schleswig-Holstein Flüchtlinge im Dorf unterbringen wollte, wurde er hinterrücks niedergeschlagen.

    Focus:

    Bürgermeister von Oersdorf niedergeschlagen

     

    Ihr Zitat Herr PITPIT PAT: „In meinen Augen braucht man zum Prügeln mindestens zwei Schläge.

    Irreführende Überschrift“

     

    Ein Schelm, der Böses dabei denkt, dass „nur ein Schlag“ auf den Hinterkopf überhaupt diskutabel ist.

  • Bei allem Verständnis für das Bedürfnis, ablehnend über diesen Vorfall zu berichten: Ein Schlag auf den Kopf ist nicht 'bewusstlos geprügelt'. In meinen Augen braucht man zum 'Prügeln' mindestens zwei Schläge.

    Irreführende Überschrift

    • @pitpit pat:

      Widerwärtig... was soll der scheiß. Ob man jemanden einmal, oder mehrmals schlägt bis dieser KO geht ist doch egal. Tat bleibt Tat, das Motiv ist augenscheinlich ekelhaft...

    • @pitpit pat:

      Mich stört am Titel lediglich ein fehlendes Freizeichen. Wie Sie zu Ihrer quantitativen Aussage kommen, bleibt mir allerdings schleierhaft.

      • @lions:

        Der Erst-Kommentar von Pitpit Patienten ist im Prinzip als “off topic“ und nebensächlich gekennzeichnet. Das ist ausdrücklich erlaubt und sollte, meine ich, nicht beschimpft werden.

         

        Zur Sache: Die Anzahl der Schläge ist vermutlich im Detail nicht bekannt, da der einzige Zeuge zu Boden ging.

         

        Laut Duden ist der Einwand von Pitpit pat wohl in der Tendenz zutreffend. Prügeln bezeichnet demnach in gewisser Weise einen Exzess des Schlagens,

        Daher kann man die Wortwahl durchaus beanstanden, wenn man will.

        Mich persönlich hat es auch nicht gestört.

        • @Sonntagssegler:

          Ich bin sachlich geblieben und habe @P.P. nicht unterstellt, was hier einige doch taten. Also von Schimpfe kann keine Rede sein.

          Meine Absicht ist eine rein semantische.

  • Die Täter waren sicher Rechtsextreme aus Sachsen oder Mecklenburg. Fremdenfeindlichkeit ist im Norden und Westen bisher nahezu unbekannt.

    • @TazTiz:

      Solche Typen gibt es überall. Einfach mal Wahlergebnisse anschauen. Ein paar NPD Wähler gibt es in fast jedem Dorf. Normalerweise sind solche Typen dann aber auch jedem bekannt. In Oersdorf gab es 2013 einen NPD und 24 (= 4,9 %) AfD Wähler. 1.190 NPD Wähler (= 0,7 %) im ganzen Kreis.

      • @JoWall:

        „Solche Typen gibt es überall.“

        Stimmt!!!

        Selbst hier bei den Kommentaren, siehe PITPIT PAT

    • @TazTiz:

      Ich denke, da haben Sie was falsch verstanden. Rechte und Rechtsextreme gibt es schon in jeder deutschen Gegend, der Umgang damit und die Häufigkeit von "Angriffen" sind allerdings sehr unterschiedlich.

       

      Hier mal eine Seite aus SH zum Thema: http://www.beranet-sh.de/index.php/startseite.html

       

      Wichtig ist vor allem, dass man es zum Thema macht und daran arbeitet und zwar kontinuierlich und auch präventiv.

       

      Sachsen muss bzw. musste das Problem, was lange scheinbar keines war, erst einmal auf höchster Ebene als solches erkennen. Und das geschieht in Sachsen eher auf Druck und nicht aus wirklicher Einsicht. Rechte sind auch heute noch eher "eventorientierte Jugendliche" und Flüchtlinge tendenziell "kriminell" und für alle Probleme grundsätzlih verantwortlich. Und Rechtsextremismus gibt es in Sachsen eigentlich auch nicht, nur "Extremismus". Das wurde auch in den vergangenen Tagen immer wieder gerne öffentlich so formuliert.

       

      Selbst Mecklenburg ist da wesentlich weiter und anders drauf als Sachsen.

      • @Hanne:

        Sehr interessant auch http://www.beranet-sh.de/index.php/rfk.html

         

        "Mit Einrichtung des bundesweit ersten kriminalpräventiven Rates in Schleswig-Holstein im Oktober 1990 hat ein Paradigmenwechsel in der kriminalpräventiven Arbeit stattgefunden. Kriminalität wird nicht mehr nur als individuelles Fehlverhalten gesehen, sondern auch in ihren gesellschaftlichen Entstehungs- und Bedingungszusammenhängen betrachtet."

         

        "Mit dieser Zielsetzung unterstützt der Rat für Kriminalitätsverhütung Schleswig-Holstein die Kommunen auch in ihrem Engagement gegen den Rechtsextremismus, indem er finanzielle Unterstützung für die Durchführung entsprechender Maßnahmen und Projekte mit Inhalten rechtsextremistischer (Gewalt)-Prävention leistet."

         

        "Seit 2009 beteiligt sich das Land Schleswig-Holstein am Bundesprogramm „kompetent. für Demokratie - Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus“, das 2011 in das Folgeprogramm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ überführt wurde."

         

        "Seit Mitte 2013 ist der Rat für Kriminalitätsverhütung zudem mit der Umsetzung des Landesprogramms zur Demokratieförderung und Rechtsextremismusbekämpfung beauftragt. Mit dem Programm sollen die demokratische Zivilgesellschaft, Demokratie- und Toleranzerziehung, soziale Integration, interkulturelles und interreligiöses Lernen, antirassistische Bildungsarbeit, kulturelle und geschichtliche Identität sowie die Bekämpfung rechtsextremistischer Bestrebungen bei jungen Menschen gestärkt werden."

         

        Und sicher wird auch SH weiter an dem Thema arbeiten müssen, Demokratie ist kein Zustand, sondern kontinuierliche Arbeit.