Pläne zur Cannabis-Legalisierung: Noch nicht berauschend
Das Eckpunktepapier zur Cannabislegalisierung ist deutlich verbessert. Allerdings hat die Bundesregierung wohl ernste Sorgen, an der EU zu scheitern.
D ie gute Nachricht: Das mit allen beteiligten Bundesministerien abgestimmte Eckpunktepapier zur Cannabislegalisierung in Deutschland ist deutlich besser als die vergangene Woche durchgestochene Rumpfversion. Der Unsinn etwa, den THC-Gehalt auch für den Verkauf an über 21-Jährige auf maximal 15 Prozent zu begrenzen, ist vom Tisch. Es wäre ein berauschendes Argument für den Fortbestand eines opulenten Schwarzmarkts gewesen. Und das Papier ist in wesentlichen Teilen schon recht detailliert – nur bei wenigen Streitpunkten soll noch „geprüft“ werden.
Vor allem aber: Cannabis fällt in Gänze aus den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes – das macht eine vernünftige, Gesundheits- und Jugendschutz in den Vordergrund stellende Drogenpolitik in diesem Bereich überhaupt erst möglich.
Die schlechte Nachricht: Die Bundesregierung hat offenbar tatsächlich massive Bedenken, ob der deutsche Vorstoß in der EU und international akzeptiert wird oder zu diversen Vertragsverletzungsverfahren führt. Um einen Reinfall wie bei der von der CSU einst geplanten Einführung der Autobahnmaut zu vermeiden, soll jetzt also das Eckpunktepapier zur Vorprüfung an die EU-Kommission – und wenn die Nein sagt, so Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch, ist das ganze Vorhaben erst einmal vom Tisch.
Das ist Hochrisikopolitik. Denn auch Lauterbach und seine SPD haben erst vor eineinhalb Jahren endlich verstanden, dass Legalisierung und Kontrolle für das Erreichen der eigentlichen Ziele von Drogenpolitik, also Gesundheits- und Jugendschutz, viel besser geeignet sind als die seit Jahrzehnten scheiternde Prohibition. CDU/CSU und AfD kapieren das bis heute nicht. Eine rationale Drogenpolitik jetzt davon abhängig zu machen, dass weder die Kommission noch eine andere EU-Regierung von Orbán bis Meloni den deutschen Ansatz torpedieren, hat gute Chancen, nach hinten loszugehen. Ein Plan B, von dem Lauterbach derzeit nichts wissen will, muss jetzt schnellstens her.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Israelis wandern nach Italien aus
Das Tal, wo Frieden wohnt