Parlamentswahl in Albanien: Edi Rama feiert dritte Amtszeit
Nach der Wahl in Albanien erklärt der Premierminister den Sieg seiner Sozialisten. Nun kann er weitere vier Jahre sein Land in den Ruin zu treiben.
Seine Sozialistische Partei (PS) hat nach der Auszählung von 95 Prozent der Stimmen bis Dienstagnachmittag 72 bis 73 von 140 Sitzen im Parlament errungen, so die zentrale Wahlkommission. Die Opposition hatte sich unter Führung der Demokratischen Partei (DS) zu einer „Allianz für den Wandel“ zusammengeschlossen und eine Kooperationsvereinbarung mit der zweitgrößten Oppositionspartei LSI getroffen. Zusammen kommt die Opposition nach derzeitigem Stand der Auszählung auf 63 bis 64 Sitze.
Noch vor Bekanntgabe des Endergebnisses rief Rama am Dienstag auf Facebook zur großen Siegesfeier auf: Seine Unterstützer, Mitwirkenden, und „alle, die den Sieg umarmen wollen“ sollten am Abend auf dem zentralen Skanderbegplatz in Tirana zusammenkommen – trotz hoher Coronainfektionszahlen.
Präsident Ilir Meta, der sich während des Wahlkampfes auf die Seite der Opposition gestellt hatte und den eine tiefe Feindschaft mit Rama verbindet, sprach am Dienstag von einem „ruhigen, friedlichen“ Wahltag. Doch die Tage vor der Abstimmung waren von Gewalt geprägt gewesen.
Am vergangenen Donnerstag war in der zentralalbanischen Stadt Elbasan der Politiker Pjerin Xhuvani erschossen worden, vier weitere Personen wurden verletzt. Die Umstände sind bislang unklar. Xhuvani arbeitete in der Vergangenheit für verschiedene Parteien, unter anderem die Oppositionspartei LSI. Zuletzt war er aber zur Regierungspartei gewechselt und kürzlich wegen Korruption verurteilt worden. Am Mittwoch wurde außerdem in dem Ort Kavaja in einem Büro der Demokratischen Partei ein Mann angeschossen.
Stimmenkauf bleibt ein Problem
Der Wahltag selbst verlief laut OSZE-Beobachter:innen bis auf kleinere Zwischenfälle ruhig. Jedoch bleibe Stimmenkauf in Albanien ein Problem. Auch kurz vor der Abstimmung am 24. April wurden auf Facebook Videos veröffentlicht, auf denen SP-Unterstützer:innen in der ärmlichen Gegend Dibra im Norden des Landes Geld verteilten. Schon nach Ramas zweiter Wiederwahl 2017 gab es ähnliche Vorwürfe: 2019 veröffentlichte die Bild Telefonmitschnitte, die Stimmenkäufe durch SP-Minister belegen sollen. Rama klagte gegen die Zeitung, juristische Konsequenzen für die Beschuldigten gab es keine.
Laut OSZE zeichnet sich ab, dass die Wahlbeteiligung, die bei der letzten nationalen Wahl bei nur 47 Prozent lag, bei dieser Abstimmung etwas höher war. Die OSZE fügte in einem Statement außerdem hinzu: „Die Sprache einiger führender Politiker:innen während des Wahlkampfes war konfrontativ, gleichzeitig stellten Medien den Wähler:innen nicht die nötigen Informationen zur Verfügung.“ Die albanischen Medien befinden sich in der Hand einiger weniger Geschäftsleute, meist mit Verbindungen zur Regierungspartei. Rama hat in den vergangenen Amtszeiten immer wieder versucht, die Pressefreiheit einzuschränken.
In den vergangenen acht Jahren, in denen Rama und seine SP das kleine Balkanland regierten, haben Korruption und Misswirtschaft das ganze Land erfasst. Mit der Wiederwahl der sogenannten „Sozialisten“ dürfte sich dieser Trend in den nächsten vier Jahren fortsetzen. In diese Zeit fällt auch der voraussichtliche Beginn der EU-Beitrittsgespräche. Dafür hatten die Minister der EU-Mitgliedsstaaten im März 2020 grünes Licht gegeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku