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Papier der SPD-BundestagsfraktionLuftnummer Mietenstopp

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Die SPD will die Mieten befristet einfrieren. Doch das bleibt Utopie mit dieser Koalition – genauso wie mehr bezahlbarer Wohnraum.

Der Mietenstopp-Plan der SPD ist mit der FDP nicht zu machen Foto: M. Golejewski/AdoraPress

W enn jemand Mietenstopp sagt, teilt sich das Land. Während die einen vor sozialistischer Mangelwirtschaft warnen und abgeschreckten Bauinvestoren, freuen sich die anderen, die unter den steigenden Mieten leiden – also ziemlich viele. Denn mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland lebt zur Miete. Die SPD spielt sich als deren politische Vertretung auf – nur, wie glaubwürdig ist das?

Das Papier der SPD-Fraktion enthält zwar durchaus wichtige Punkte: Gegen Mietwucher vorgehen, Schlupflöcher bei der Mietpreisbremse schließen und einen befristeten Mietenstopp einführen. Das wäre in der jetzigen Krise mehr als angemessen – viele Menschen sind mit den Wohnkosten und der Inflation überlastet.

Und natürlich hat die SPD als Regierungspartei Gestaltungsmacht: Das Bauministerium ist SPD-geführt, es gibt einen sozialdemokratischen Kanzler, der im Wahlkampf die Wohnungsnot zum Thema machte und 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr versprach. Nur: Mit der Realität hat das wenig zu tun. Der Bau steckt in der Krise, der Bestand an Sozialwohnungen sinkt kontinuierlich, während die Mieten weiter steigen. Gleichzeitig schafft es die Bundesregierung nicht einmal, kleinste vereinbarte Mieterschutzmaßnahmen umzusetzen, weil FDP-Justizminister Buschmann knallhart blockiert.

Dabei ist das Mantra der FDP und der Immobilienlobby, dass nur Neubau neuen Wohnraum schafft, eine Farce. Erstens: Ein Mietenstopp soll Mie­te­r*in­nen eine Verschnaufpause verschaffen und schließt Neubau nicht aus. Zweitens: Neubau allein wird die Wohnungsnot nicht lösen. Jahrelang wurde am Bedarf der Menschen vorbeigebaut. Es braucht keine weiteren Luxuslofts, sondern mehr bezahlbare Wohnungen. Dafür müsste die Bundesregierung gemeinwohlorientierte Akteure mit notwendigen Milliarden-Förderungen stärken.

Nur ist das angesichts der Schuldenbremse genauso utopisch wie ein Mietenstopp in einer Koalition mit der FDP. Das SPD-Papier wirkt in diesem Szenario wie eine Luftnummer.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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25 Kommentare

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  • es ist schlicht skandalös, was wir an miete löhnen müssen, oohne uns groß wehren zu können.



    habe ich gemacht: 5 jahre dauernder prozeß. gegen mieterhöhung. für beseitigung von schimmel, anbringung einer horizontalsperre und einiges mehr. kostete nerven. werde ich bei der nächsten mieterhöhung wieder machen. ich nehme keinerlei mieterhöhung einfach hin. mängel gibts zuhauf. also wieder einn prozeß, lohnt sich, dank rechschutzversicherung + einem superguten HHer anwalt. vorteil: vermietergesellschaft ist doof und bräsig, daher checkt sie nicht, daß sie verlieren muß + auch noch auf rückvorderungen von mietminderungen verzischten muß, da diese zei jahre verjährt sind. bringt ca. 7.000 euro. bringt wieder (da die blöd sind) 7-800 euro. so gehts gierigen, unfähigen vermietern.



    besser wäre: alle immobilienhaie ersatzlos enteignen.

    • @Brot&Rosen:

      Danke, dass Sie sich so engagieren.

      Viel zu lange habe ich z.B. die sich immer weiter verschlechternden Zustände einfach hingenommen.

      Sie kämpfen für alle!

      • @Stavros:

        na ja, das habe ich mir auch schon gesagt, es geht ja nicht nur um mich, um mich über den sehr großen streß hinwegzutrösten.



        wäre hilfreicher, wenn auch sie und paar andere es so machen würden wie ich. man gönnt sich ja sonst nichts ... oder????

  • Wie wäre es wenn man statt dessen mal die ganzen verschachtelten Immobilien-Investoren genau unter die Lupe nimmt und deren Geschäftsgebaren mal ein wenig eindämmt und versucht für Transparenz zu sorgen.



    Viele Mieter wissen meist gar nicht an wen sie sich wenden sollen.



    Da wird in vielen Fällen nur abgeschöpft und die Besitzer sitzen im Ausland und zahlen nicht mal Steuern.

    • @Garum:

      immohaie enteignen, was sonst?

  • Neuer Wohnraum einfachster Ausstattung aber mit Einhaltung der Verordnung für Wärmeschutz kann heutzutage für etwa 10-11 Euro / qm gebaut werden. Das ist nicht billig und das ist auch ein Problem.

  • Eine Option wäre ein Mietstopp schon.

    Das würde nämlich all die Glücksritter ausbremsen, die mit Wohnraum spekulieren.

    Und dann muss der Staat eben massiv in gemeinwohlotientierten Wohnungsbau einsteigen, wie z.B. in Wien.

    Private Investor*innen haben dem Wohnungsmarkt definitiv nicht gut getan, wenn man nicht auf leere Luxus-"Anlageobjekte" aus der Nullzinsphase steht.

    Denn wir bezahlen es eh: Mit unseren Steuern oder mit unseren Mieten.

    Und warum sollen unsere Steuern (via Wohn- und Bürgergeld z.B.) oder Mieten das bequeme Leben privilegierter Erb*innen und Anteilseigner*innen finanzieren?

  • Mit der Mietpreisbrense entsteht keine einzige neue Wohnung.



    Diese Wohnungen werden dann verkauft, zumal ja für den Vermieter noch enorme Sanieringskosten im Hintergrund stehen.



    Wenn er denn weitervermietet bestimmt nicht zum Sozialpreis.

  • Wenn der Preis pro Quadratmeter als oberste Stellschraube durch die Politik ausgeschaltet wird, dann rücken andere Vergabekriterien an höchste Stelle. So wird z.B. das Mietobjekt geschont, wenn möglichst wenige Personen dort wohnen. Natürlich gibt es Vermieter, die bevorzugt an Familien mit Kindern vermieten - Die gibt es! Ich kenne welche. – Regulär: Wenn ich 120 m² nur zu einem begrenztem Preis vermieten kann, dann ist der Top-Mieter der 1-Personenhaushalt mit hohem und sicherem Einkommen. Gut klingen auch Dincs (Double income, no kids). Eine Einliegerwohnung stelle ich dem zur Verfügung, der dort nur seinen 2.-Wohnsitz hält. Dann habe ich am Wochenende dort Ruhe. Nur, wenn sich über Monate kein anderer Interessent findet, geht die Wohnung an eine Familie oder gar an eine Alleinerziehende mit Kind.

    Die SPD ist die Kraft, die stets Gutes will und oft Böses schafft.

  • Dankeschön! Sehr guter Kommentar! :-)

  • "Es braucht keine weiteren Luxuslofts, sondern mehr bezahlbare Wohnungen. Dafür müsste die Bundesregierung gemeinwohlorientierte Akteure mit notwendigen Milliarden-Förderungen stärken."

    Die Leute bauen auch nicht nur Luxuslofts. Sie bauen auch weiterhin unbezahlbare teure Mietwohnungen. Dazu bekommen sie in der Regel Subventionen. Da man sich "Wohnen" nicht als Luxushobby aussuchen kann, gehen auch die teuren Wohnungen weg. Im Idealfall können sich die Leute aber nicht leisten und müssen mit Wohngeld bezuschusst werden. Dadurch bekommen die Miethai erst Subventionen, dann Steuervergünstigungen, und den Rest zahlen wir alle aus der Steuerkasse.

    Wohnen ist Menschenrecht! und Aufgabe des Staates ist es, dafür zu sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum existiert - also gehört das in Staatshand.

    Wenn dann Leute weiter Luxuswohnungen zu Sinnlospreisen bauen/kaufen wollen, dann sollte das deren Luxushobby sein. Aber der normale Teil der Bevölkerung sollte davon nicht betroffen sein.

  • Schon interessant, was sich die Roten und die Grünen in der Koalition so gefallen lassen - nur um des Machterhalts Willen.

    Wohlweislich akzeptierend, dass sie in der Koalition offenbar überhaupt keine Macht mehr haben.

    Selbst um den Koalitionsvertrag aufzukündigen fehlt ihnen die Macht.



    Oder der Mumm.



    Wie man's nimmt.

  • Es ist keine Farce sondern schlichte Realität, dass allein Neubau neuen Wohnraum schafft; was denn bitte sonst? Durchenteignung oder Ausübung von Vorkaufsrechten wird nicht ein einziger Quadratmeter neuen Wohnraums geschaffen. Das ist doch nun nicht wirklich so schwer zu verstehen. Wenn der Staat eingreifen sollte, dann am besten lenkend so dass auch im mittleren und unteren Segment neue Wohnungen entstehen. Allerdings ist es nicht zuletzt der Staat, der, in erster Linie auch durch betreiben der Grünen und nicht der FDP, dafür gesorgt hat, dass Bauen aufgrund immer neuer Auflagen und Verfahren teurer statt billiger wird.

    • @Fran Zose:

      Ja, Neubau ist durchaus schön, aber es ist weder damit getan, wie bisher unbezahlbare Luxuswohnungen und ein paar Alibi"sozial"wohnungen zu bauen noch irgendwo in Hinterbuxtehude 08/15-low-budget-Legebatterien für die nächsten sozialen Brennpunkte zu bauen. Um eine unbedingt notwendige soziale Durchmischung zu erhalten, Ghettoisierung und Socialbubblebildung vorzubeugen, muss eine Mietpreisbremse her, sonst läuft es darauf hinaus, dass gaaannz tolle Legebatterien total sozial gebaut werden, in denen dann außer den sozialen Rändern jeder tunlichst vermeidet zu wohnen, wenn er nicht seinen sozialen Abfallstatus endgültig zementieren möchte. Also Neubau gern, aber vernünftig und überall bei gleichzeitiger Mietpreisbremse zum Schutz vor Vertreibung.

      • @Max Weber:

        Problem ist natürlich, dass Neubau so teuer ist, dass es sich für Privatinvestoren nicht lohnt Sozialwohnungen zu bauen. Da müsste schon die öffentliche Hand ran.

      • @Max Weber:

        Neubau ist nicht schön sondern eine schlichte Notwendigkeit. Ansonsten bin ich ja wie ich Eingangs schrieb bei Ihnen was ein lenkendes Eingreifen des Staates in Bezug auf das Preissegment des Wohnraums angeht.

  • Ein Stopp von Mieterhöhungen würde bedeuten das verkaufen attraktiver wird, mehr Wohnraum entsteht dadurch nicht. Generell haben wir in Deutschland auch keinen Wohnraummangel es gibt genügend Wohnungen nur nicht da wo die Menschen leben wollen. Aber da wo sie wohnen wollen ist der Platz begrenzt.

  • Die Kommentatorin beschreibt, was alles in dieser Ampel wg. der Schuldenbremse nicht geht.

    Das ist dumm, weil die im GG steht, also never-ever in my lifetime aus dem GG gestrichen wird.

    Was wäre denn möglich? Andere Prios z.B.: statt mir 15 Mrd Chipfabriken in DD zu subventionieren, könnte man doch dem Mietwohungsbau anschieben. Vielleicht brauchts auch andere Standards um die Baukosten zu senken?

    Nur so ein Gedanke

  • Man kann gerne über Mietstopp reden. Dann muss man aber auch gleichzeitig die Vermieter befristet von neuen Regelungen (Heizung, Rauchmelder, weitere Dämmungen) verschonen. Gleichzeitig muss der soziale Wohnungsbau stark angekurbelt werden.



    Allein ein Mietstopp bringt nichts, da dadurch immer weniger privates Geld in den Wohnungsbau fließen wird. Und staatliches Geld steht eben auch nur beschränkt zur Verfügung.

  • Die SPD ist doch Teil des Problems, wie die AFDP. Tun wir mal nicht so als ob die "Sozen" noch irgendwas mit sozial zu tun hätten, siehe Kindergrundsicherung als tagesaktuelles Beispiel.

  • Geförderter Wohnraum, dessen Preisbindung ausläuft, ein Staat, der sich schon Anfang der 1980'er Jahre aus dem sozialen Wohnungsbau zurückgezogen hat und ein immer größer werdender Niedriglohnsektor, das sind die Probleme.

  • Wer sind denn "gemeinwohlorientierte Akteure", die mit Milliarden gefördert werden sollen? Genossenschaften sind ihren Mitgliedern verpflichtet, nicht der Allgemeinheit. Private Vermieter sind sich selbst und ihrer Familie verpflichtet und Vermietungsunternehmen ihren Eigentümern/Aktionären. Staatliche Vermieter bleiben da noch - sind die gemeint?

    • @HackiPschorr:

      Genossenschaften sind dem Wohl ihrer Gemeinschaft verpflichtet. Privateigentümer nicht. Ist nicht so schwer zu verstehen 🤷‍♂️

      • @Okti:

        Eine Genossenschaft ist der Gemeinschaft ihrer Mitglieder verpflichtet, ja. Aber das ist nicht dasselbe wie das Gemeinwohl, das alle einschließen sollte. Also sind Genossenschaften in diesem Sinne eben nicht dem Gemeinwohl verpflichtet. Ziemlich einfach zu verstehen, in der Tat.

        • @HackiPschorr:

          Wer sagt, dass Gemeinwohl alle einschließen sollte? Und welche alle? Die Welt? Europa? Deutschland? Berlin? Tempelberg?



          Gemeinwohl bedeutet einfach nur, dass es um das Wohl einer Gemeinschaft geht. Das gibt sogar schon der Name her. Aber netter Versuch mit der Umdefinition. 👌