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Osteuropa-Expertin zu Russlandpolitik„Russland ist nicht unser Nachbar“

Lange war das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland ein gutes. Franziska Davies erklärt, warum die Interessen von Ostmitteleuropa vergessen wurden.

Das Sowjetische Ehrenmal im Berliner Treptower Park erinnert an den Sieg über den Faschismus Foto: Jürgen Ritter/imago images
Erica Zingher
Interview von Erica Zingher

taz: Frau Davies, die deutsche Russlandpolitik war in den vergangenen Jahrzehnten vor allem dadurch gekennzeichnet, auf Russlands Interessen einzugehen. Sicherheitsbedenken der Nachbarstaaten wie der Ukraine oder der baltischen Länder schienen vernachlässigbar zu sein. Haben Sie als Historikerin eine Erklärung dafür?

Franziska Davies: Man las ja selbst Dinge wie „unsere russischen Nachbarn“. Russland ist nicht unser Nachbar. Aber war es mal. Um genauer zu sein – das Russische Reich seit den Teilungen Polens Ende des 18. Jahrhunderts. Das gesamte 19. Jahrhundert war davon geprägt, dass das Russische und das Deutsche Reich zwei imperiale Mächte im östlichen Europa waren, die zwar Konflikte hatten, sich aber als ebenbürtige Mächte anerkannt haben. Verbunden waren sie durch eine antipolnische Politik, weil sie ein Interesse daran hatten, dass Polen nicht wieder zu einem eigenen Staat findet. Man sieht eine gewisse Fortsetzung dieser Tradition, dann im Pakt zwischen Hitler und Stalin, im August 1939. Dass es eine Tradition der deutsch-russischen Verständigung auf Kosten Ostmitteleuropas gibt, wird so in den baltischen Staaten, in Polen und auch in Teilen der Westukraine erinnert.

Wurde also auch die imperiale Politik Putins mit imperialem Denken von deutscher Seite unterstützt?

Die Ukraine ist Zentrum Putins imperialer Obsession. Lange Zeit ist das von vielen Deutschen nicht gesehen oder sogar als legitim erachtet worden. Es wäre verkürzt zu sagen, dass das nur aufgrund einer gemeinsamen deutsch-russischen imperialen Tradition in Ost- und Mitteleuropa zu erklären ist. Gerade für Menschen, die der Generation von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier oder Matthias Platzeck angehören, gibt es eine tiefe Sehnsucht der Versöhnung mit Russland aus der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs heraus. Diese Haltung übersieht aber, dass nicht nur Russland Opfer des deutschen Vernichtungskrieges war, sondern auch Länder wie Belarus und die Ukraine. Außerdem spielten wirtschaftliche Interessen eine große Rolle.

Bild: Christian Wimmer
Im Interview: Franziska Davies

ist Osteuropa-Historikerin an der LMU München. Gemeinsam mit Katja Makhotina hat sie das Buch „Offene Wunden Osteuropas. Reisen zu Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs“ verfasst, das im April erscheint.

Welches Bild von Osteuropa herrschte im westlichen Europa lange Zeit vor?

Es gibt eine Tradition, das östliche Europa mit Rückständigkeit und Unzivilisiertheit zu verbinden. Diesen Diskurs gab es im 19. Jahrhundert nicht nur in Bezug auf Ostmitteleuropa, sondern auch in Bezug auf Russland. Einerseits wurde Russland mit Rückständigkeit gleichgesetzt. Andererseits gab es eine breite Rezeption der russischen Literatur von Dostojewski und Tolstoi – und es gab die Konstruktion der russischen Seele, eine Romantisierung des Landes.

Gerd Koenen hat diese Ambivalenz des deutschen Russlanddiskurses für die Zeit von 1900 bis 1945 den Russland-Komplex genannt. Im 20. Jahrhundert wiederum ist die Russifizierung der Sowjetunion für die deutsche Russlandpolitik zentral. Der multiethnische Charakter der Sowjetunion wurde ausgeblendet. Das spiegelt sich unter anderem im Gedenken an den Zweiten Weltkrieg wider: Belarus und die Ukraine, Hauptschauplätze des Krieges in Osteuropa, tauchten kaum auf.

Dabei sind die deutschen Verbrechen in Osteuropa gut erforscht.

In Westdeutschland war der Vernichtungskrieg im Osten stark verbunden mit den Millionen Wehrmachtssoldaten, die sich daran beteiligt haben. Die Erinnerung an den Krieg nach 1945 wurde von denjenigen getragen, die biografisch mit ihm verbunden waren und sich entweder als Opfer eines sinnlosen Krieges von Hitler gesehen haben oder als solche, die gegen den Bolschewismus gekämpft haben und damit letztlich für eine gerechte Sache. In Ostdeutschland hingegen waren bestimmte Aspekte des Vernichtungskrieges teilweise bekannter.

Da man sich aber nicht als Nachfolgestaat des nationalsozialistischen Deutschlands gesehen hat, sondern als antifaschistischen Staat, wurde die deutsche Verantwortung externalisiert. Gegen Widerstände erkämpften die nachgeborenen Generationen, dass die Deutschen die Verantwortung für den Holocaust übernehmen. Aber die Erinnerung an den Vernichtungskrieg, der den Holocaust überhaupt erst möglich gemacht hat, blieb davon merkwürdig losgelöst. Hier ist Stalingrad der zentrale Erinnerungsort – bezeichnenderweise ein Ort auch deutschen Leidens.

Die Erfahrung Ostmitteleuropas hat es bislang nicht geschafft, die Deutungshoheit eines russozentrischen Bildes der Geschichte Osteuropas zu durchbrechen. Wurde sie zu lange ausgeklammert?

Für Länder wie Polen, die baltischen Staaten und die heutige Westukraine ist der Hitler-Stalin-Pakt und dann die Erfahrung zuerst der deutschen und dann der sowjetischen Besatzung zen­tral. Für sie war – anders als für die wenigen überlebenden Jüdinnen und Juden – der Einmarsch der Roten Armee keine Befreiung, sondern eine neue Besatzung. Die von Deutschland so herbeigesehnte Aussöhnung mit Russland ist für diese Länder so lange keine Option, bis Russland die politische Verantwortung für die sowjetischen Verbrechen übernimmt und seine aggressive Politik einstellt.

In den 1990er Jahren gab es Schritte in diese Richtung, in den letzten Jahren natürlich gar nicht. Damit ist nicht gesagt, dass nicht auch in Ostmitteleuropa oft Teile der Geschichte ausgeblendet werden, die eigenen nationalen Narrativen entgegenstehen. Das gilt besonders im Hinblick auf die Kooperationsbereitschaft der lokalen Bevölkerung mit den Deutschen bei der Vernichtung der Jüdinnen und Juden.

In deutschen Medien war nach der Annexion der Krim immer wieder zu lesen, die Ursprünge der Ukraine seien künstlich. Dem Land wurde seine Existenz abgesprochen. Auch in der heutigen Betrachtung des Ukrainekrieges lassen sich solche Aussagen in Teilen wiederfinden.

Diese Kategorie von Künstlichkeit ist völlig unbrauchbar. Jeder Staat, jede Nation ist künstlich. Was ist denn bitte ein natürlicher Staat? Und selbst wenn die Ukraine 1991 vom Himmel gefallen wäre, hätte sie Anspruch auf die Unverletzbarkeit ihrer Grenzen. Das wird aus gutem Grund inzwischen durch das Völkerrecht geregelt und nicht durch die Geschichte. Diesen Unwillen, die Ukraine als Subjekt der eigenen Geschichte zu sehen, sieht man bis heute.

Menschen, die Ukrainer auffordern, aufzuhören zu kämpfen oder die davon sprechen, dass wir, der Westen, Russland ein Angebot machen sollen, haben immer noch nicht erkannt, dass der entscheidende Akteur die Ukraine ist. Wir sind überhaupt nicht in der Lage, Putin Angebote zu machen. Ich finde es falsch, vom sicheren Deutschland aus, geschützt durch ein Verteidigungsbündnis, dessen Aufnahme der Ukraine nicht zuletzt auf deutschen Druck hin verweigert wurde, Ratschläge zu erteilen. Was passiert, wenn die russische Armee die Ukraine besetzt, haben wir ja in Butscha gesehen.

Der Ukraine würde also noch weiteres Leid dieser Qualität drohen.

Die Vorstellung, dass, wenn die Kampfhandlungen vorbei sind, der Krieg vorbei ist, stimmt nicht. Das hat die historische Forschung gezeigt. Ein Beispiel wäre das deutsche Besatzungsregime in der Ukraine während des Zweiten Weltkriegs. Da ist die Zahl der Toten höher nach dem Ende der Kampfhandlungen gewesen: Das Morden, das Versklaven, der Terror gingen weiter.

Die Bundesregierung liefert Waffen an die Ukraine und verhängt Sanktionen gegen Russland. Wie bewerten Sie diesen Wendepunkt in der deutschen Russlandpolitik?

Es hat den Krieg gebraucht, damit mehrheitlich Konsens ist, dass wir Verantwortung tragen. Ausreichend ist die Unterstützung der Ukraine noch nicht. Es ist wichtig, dass ehrlich aufgearbeitet wird, warum fast alle Parteien, außer den Grünen, Putin so lange falsch eingeschätzt haben. Ich finde es bezeichnend, dass der einzige, der das gemacht hat, Matthias Platzeck war. Er ist vom Vorsitz des deutsch-russischen Forums zurückgetreten. Es reicht eben nicht zu sagen, wir wurden getäuscht.

So wie es Bundespräsident Steinmeier vergangene Woche getan hat.

Steinmeier sollte persönlich reflektieren, wie das passieren konnte und die Öffentlichkeit daran teilhaben lassen. Ich glaube ihm, dass es sein aufrichtiges Anliegen war, eine Aussöhnung mit Russland zu erreichen. Wenn das aber dazu führt, die Aggressoren der Gegenwart nicht zu erkennen, dann ist das die falsche Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg. Putins Machtantritt ist untrennbar verbunden mit dem zweiten Tschetschenienkrieg. Was er in Grosny und später in Aleppo gemacht hat, wie er die Unterdrückung im eigenen Land vorangetrieben hat, seine Verstrickungen als Ex-Geheimdienstler in kriminelle und oligarchische Strukturen – alles lange bekannt. Warum daraus aber keine politischen Konsequenzen erfolgt sind, damit müssen wir uns auseinandersetzen. Der Bundespräsident sollte mit gutem Beispiel vorangehen. Das wäre auch ein wichtiges ­Signal an die Länder Ostmitteleuropas, die diese Debatten genau wahrnehmen und die kaum noch Vertrauen in Deutschland haben.

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23 Kommentare

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  • Russland ist wie jetzt zu sehen, ein reiner Terror Staat.

    Schweden und Finnland werden Nato Mitglieder, Deutschland kauft einen Raketenschutz Schirm aus Israel.



    Das sind jetzt nur einige Beispiele, wobei ja schon seit Syrien klar ist, wie Putin Tickt.

    Putin war aber auch sehr geschickt, hat einen ex. Kanzler im Grunde zum Oligarchen gemacht und so zum willigen Lobbyisten des Kremls.

    Russland unter Putin hat als Land keine Zukunft!

  • Russland ist nicht unser Nachbar! Die Ukraine aber auch nicht! Unsere Regierung versteht wenig von Politik und versteht leider auch ihren Auftrag nicht! Sie setzt nicht um wozu sie gewählt wurde! Sie lässt sich vom Ausland manipulieren! Deutschland braucht und verdient schnellstens eine andere Politik!

  • Der größere Teil der "polnischen" Teilungen betraf Gebiete der polnisch-litauischen Adelsrepublik, die heute zu Weißrussland und zur Ukraine gehören, bis hin zu Gebieten südöstlich von Kiew (nicht aber Kiew selbst), weitere Teile zu Litauen und Lettland.



    Russland sackte in der Summe der drei Teilungen 63% der Fläche für sich ein, auf Preußen und Österreich entfiel der Rest.

  • Nach den polnischen Teilungen grenzte zwar das Konigreich Preußen an das Russische Reich, ebenso Österreich in Galizien, nicht aber "Deutschland". Bis 1806 war der heute als Ostpreußen bezeichnete Teil Preußens nicht Teil des (alten) Reichs. Erst ab 1815 gab es dann den Deutschen Bund, der grenzte an das Russische Reich.

  • Stalingrad als Ort deutschen Leids zu bezeichnen. Die taz ist doch am Ende.

    • @Schöneberg:

      "Hier ist Stalingrad der zentrale Erinnerungsort – bezeichnenderweise ein Ort auch deutschen Leidens."

      Im Kontext zielt der Satz doch nicht darauf ab, Stalingrad als Leidensort für Deutsche zu stilisieren, und im Gegenzug, das der Opfer so quasie zu verhöhnen.

      Stalingrad ist aber ein Ort besonderen Leides, auch für Deutsche, in der Erinnerung überlebender Deutscher Soldaten, Kriegsgefangener deutscher Soldaten, sowie den Angehörigen Gefallener, in Gefangenschaft geratener und sonstiger deutscher Kriegsteilnehmer sehr prominent. Dieser Aspekt ist tief im kollektiven Gedächtnis verankert. Wird von den "Schrecken von Stalingrad" gesprochen, ist meist das Leid Deutscher im Krieg dort vordergründig.

      Bezeichnend ist nun, das ausgerechnet dieser Ort im kollektiven Gedächtnis als das Symbol par exellence für die Schrecken des deutschen Vernichtungskrieges gilt. Und nicht etwa einer der unzähligen anderen Orte, deren - deren Namen ich erst suchen müsste - an denen das Leid für die Bevölkerung ggf gleichschlimm oder vielleicht schlimmer war.

      Darauf wollte der Autor, offensichtlich, hinweisen.

      Deine Kritik geht also fehl.

    • @Schöneberg:

      Dort steht "auch"!



      "bezeichnenderweise ein Ort auch deutschen Leidens."

      Ich würde sogar vermuten, dass in Stalingrad mehr deutsche Soldaten gelitten haben, gleich oder in der Gefangenschaft umgekommen sind, als sowjetische. In der BRD war es jedenfalls vor allem ein Symbol der militärischen Fehlentscheidungen Hitlers und von deren Folgen. Jüdische Mitbürger gab es an der Wolga vermutlich wenige, die Schwerpunkte jüdischen Lebens waren in den bei den Teilungen von Polen-Litauen erworbenen Gebieten.

      • @meerwind7:

        Liggers. Verschlimmbesserung will gekonnt sein - wa.







        Ich würde sogar vermuten, dass in Stalingrad mehr deutsche Soldaten gelitten haben, gleich oder in der Gefangenschaft umgekommen sind, als sowjetische.“



        Sie könnten wissen - daß die Vernichtung - in welcher Form auch immer - von (sowjetischen) Kriegsgefangenen - den Nazis - dem



        3. Reich - Programm war. Während solches für die UdSSR nicht galt.



        Zwar sind in deren Kriegsgefangenenlagern Workuta usw viele umgekommen - insbesondere “verhungert“. Schlicht - weil die Versorgungslage der Bevölkerung nicht besser war.



        (Was ich entsprechend von einigen Überlebenden - Kriegsheimkehrern - (teils Profs - Hall Mbg - Kollegen - erzählt bekommen habe.)

        kurz - Vermuten & mit so einem Vorwurf bei - 20 Mio Kriegstoten - einfach lassen - besser ist das mit Verlaub.

  • Die Autorin hat das Recht, von den jetzt geschehenen Verbrechen auf die Möglichkeit zukünftigen Terrors zu schließen. Sie muss es aber kennzeichnen, dass es nicht Fakt ist, sondern ihre Spekulation. Das völkerrechtswidrige Verbrechen lässt weiteren Terror im Falle einer Besatzung zwar durchaus wahrscheinlich erscheinen, wie sich aber Russland in einem solchen Fall verhalten wird ist eben nur Spekulation.

    Das Zögern und Nichtstun der deutschen Politik hat Tradition. Schon ein gewisser Kanzler, der sich einbildete, Gesetze würden für alle außer ihm gelten, war ein sog. Aussitzer. Die viel zu lange Kanzlerschaft von Merkel war ebenso ein Debakel. Zögern, Zaudern, Nichtstun und Protegieren der Wirtschaftsbosse und Aktionäre kennzeichnen ihre Amtszeit. Damit ist sie - wie im Artikel erwähnt - auch mit schuldig am Krieg. Denn hätte sie nicht die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine böswillig verhindert, wäre der Kriegsverbrecher wohl nicht einmarschiert. Zudem ist sie heute noch uneinsichtig und streitet die Mitverantwortung ab.

    Im jetzigen Nachfolger Scholz hat sie einen, der diese Linie verfolgt. Wenn Entscheidungen haute nötig sin, dann verschiebt er die auf unbestimmte Zeit. Warum nut kann er sich nicht für (oder im schlimmen Fall auch gegen) die Lieferung bestimmter Waffen aussprechen, wenn diese besser heute als morgen geliefert werden sollten. Schon ein ganz klein wenig nachzudenken würde ihm zu der Erkenntnis verhelfen, dass vielleicht schon in kurzer Zeit eine solche Lieferung nichts mehr nützen wird. Will er das?

  • Also, auch die Dame ist sehr selektiv, da muss ich mich meinem Vorschreiber anschließen.



    Die meisten osteuropäischen Staaten sind Teil der NATO und der EU.



    Und dazu:



    - Ja, die kleinen Staaten Osteuropas sind souverän und haben berechtigte Sicherheitsinteressen



    - Aber auch wir im Westen haben Interessen und dürfen frei entscheiden, wen wir in der NATO haben wollen, schließlich ist das ggf. eine Frage von Leben und Tod.



    - Und auch Russland wurde im Laufe der Geschichte immer wieder Opfer von Invasionen.



    Kluge Politik hätte dies in Einklang gebracht und keinen Staat vor den anderen gestellt. Man stelle sich einmal vor, Clinton hätte 1995 alle Staaten in die NATO gebracht, auch Russland....



    Und ob es eine kluge Strategie war, die Ukraine als NATO-Partner so weit im Osten an Russlands Grenzen zu stellen...das hat nur eine oder zwei dieser Staatengruppen beachtet.

  • Geschichte ist vorbei!



    schön aus der Geschichte gelernt zu haben, schön die Fehler aus der Geschichte nicht zu wiederholen.



    Die Geschichte aber zu bemühen um die Zukunft erklären zu wollen funktioniert nicht, den jeder hat eine andere Betrachtungsweise dieser Historie.



    Genau das geschieht hier. Dem Einen seine Betrachtungsweise kollidiert mit des Anderen Betrachtungsweise.



    Vieles endet in Geschichtsklitterung ledig der gelebten Geschichte, aus irgendwelchenun Geschichtsbüchern ideologisch geeichter Historiker geholt.



    Genau das ist Putins Russland mit " Zukunft zurück " zum Imperialen.

    Wir haben genug zu knappern an der Zukunft. Die Menschheit muss sich weiterentwickeln. Dringend geboten in dieser neuen industriellen technischen Revolution in der Erkennbar so mancher Staatenlenker nicht mehr mitkommt und sich in die Vergangenheit flüchtet.

    Widmen wir uns der Zukunft der Menschheit und des Planeten zu und lernen wir aus den Fehlern der Vergangenheit. Nur das bringt uns voran. Und es war nichts falsch daran den Krieg zu vergessen!

    • @Thomas Rausch:

      Irgendwie erinnert mich Ihr Kommentar an den flammenden Appell für Demokratie, Freiheit und Menschlichkeit des juedischen Doppelgängers Hynkels in Chaplins "Der große Diktator". Das meine ich keineswegs ironisch oder zynisch, für Ihre Haltung hege ich große Anerkennung.



      "Widmen wir uns der Zukunft der Menschheit und des Planeten zu und lernen wir aus den Fehlern der Vergangenheit. Nur das bringt uns voran." ... hätte ich nur Ihren Glauben an die Lernfähigkeit der menschlichen Spezies.

  • Die Geschichtswarnehmung von Frau Davies ist sehr selektiv. Die engste Verbindung zwischen Deutschland und der UdSSR war zwischen 1922 und 1939 auf Grundlage des Vertrages von Rapallo, den die Regierung der Weimarer Republik abschloss und der enge wirtschaftliche und militärtechnische Kooperationen vorsah. Nach der Machtergreifung war dieser Vertrag einer der ersten, den Hitler vom Tisch wischte. Gerne übersehen wird auch der polnisch-sowjetische Krieg, wo Polen einen Angriff auf das revolutionsgeschwächte Nachbarland startete, um die Grenzen von 1772 wieder herzustellen. Dieser Krieg ging für Polen allerdings schief.

    • @Thomas Müller:

      Was ist den 1772 passiert? Wurde da nicht Polen bereits Opfer des deutschen und russischen Imperialismus?



      Es scheint die alte Logik zu sein: Russland darf sich Gebiete einverleiben, Staaten die sich wehren sind hingegen Aggressoren.

    • @Thomas Müller:

      anschließe mich - Rosinenpickerei al dente - Schwarze Reichswehr etc



      de.wikipedia.org/w...tte_der_Reichswehr



      & Däh



      de.wikipedia.org/w...b%C3%BChne-Prozess



      “ Der Weltbühne-Prozess (häufig auch Weltbühnenprozess) war eines der spektakulärsten Strafverfahren gegen militärkritische Presseorgane und Journalisten in der Weimarer Republik. In dem Prozess wurden der Herausgeber der Wochenzeitschrift Die Weltbühne, Carl von Ossietzky, sowie der Journalist Walter Kreiser wegen Landesverrats und Verrats militärischer Geheimnisse angeklagt und im November 1931 vom IV. Strafsenat des Reichsgerichts in Leipzig zu je 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.“

      Naja - historisch denken - fällt halt schwer. Von der Hand in den Mund - aber schwer auf bedeutungsschwanger;)

      • @Lowandorder:

        Danke für den Hinweis auf die geheime Flugschule der Reichswehr. Über solche Kooperationen zwischen Deutschland und Russland habe ich im Geschichtsunterricht jedenfalls nie etwas gehört.



        Interessant, was man seit Beginn des Ukrainekrieges so alles an neuen Momenten und Aspekten mitbekommt.



        Da denke ich doch glatt wieder an das Motto der Ex-Kanzlerin: Alles hängt mit allem zusammen.

    • @Thomas Müller:

      Danke für Ihre nützlichen Informationen, die einmal mehr beweisen, dass das Schlechte nie nur auf einer Seite liegt.



      Elias Canetti schrieb, die Geschichte sei eine lange Reihe Bösaftigkeiten, die sich Völker und Menschen gegenseitig antun. Und alle Nationen haben Unrecht begangen. Es hat keinen Sinn, nach einer Nation zu suchen, die "schuldiger" oder "böser" ist als die anderen.



      Zwar verstößt Russlands Aggression gegen die Ukraine zweifellos gegen das Völkerrecht (und stellt auch einen schweren politischen Fehler Russlands dar), doch muss auch daran erinnert werden, dass die Bewaffnung der Staaten der ehemaligen Sowjetunion mit Waffen, die (trotz gegenteiliger Versprechungen) genau gegen Russland gerichtet waren, nichts anderes als eine Provokation gegen Russland selbst war. Und wer den Wind sät, wird den Sturm ernten. Es sei denn, man wollte den Sturm tatsächlich.



      Europa, ganz Europa, bis hin zu Russland, ist ein Mosaik von Staaten, die eine lange Geschichte, einschließlich gegenseitiger Kriege, hinter sich haben. Es ist unsere Aufgabe und unsere moralische Pflicht, alles zu tun, damit sich diese Kriege nicht wiederholen. Dazu müssen wir auf den Dialog und das gegenseitige Verständnis zwischen den europäischen "Völkern" hinarbeiten. Dies ist auch die Aufgabe eines Historikers. Auch ein Historiker muss, wie alle Wissenschaftler, ein Friedensstifter sein.

      • @Ugo Pioletti:

        "(...)doch muss auch daran erinnert werden, dass die Bewaffnung der Staaten der ehemaligen Sowjetunion mit Waffen, die (trotz gegenteiliger Versprechungen) genau gegen Russland gerichtet waren, nichts anderes als eine Provokation gegen Russland selbst war."

        Schon merkwürdig, dass die Bewaffnung osteuropäischer Staaten immer wieder als Provokation Russlands bezeichnet wird, während diese Staaten die Bewaffnung Russlands offenbar widerspruchslos und ergeben hinzunehmen haben.

    • @Thomas Müller:

      Ein Zahlenfehler von mir: ersetzt bitte 1939 durch 1933. Sorry.

  • Daß Polen, Ungarn, Bulgarien genauso wie Frankreich in der EU sind, haben viele überhaupt noch nicht begriffen.

    • @WernerS:

      "Genauso wie Frankreich" würde ich nicht sagen. Frankreich ist Nettozahler in der EU, die anderen genannten sind Nettoempfänger

      • @OldFrank:

        Eine Menge der billigen Arbeitskräfte rekrutieren sich aber aus den erstgenannten Ländern. Was passiert, wenn die wegfallen, sehen wir grad im Transportgewerbe. Und auch die Landwirtschaft wird eine Menge billiger Erntehelfer vermissen, weil die ihre Heimat verteidigen müssen.

    • 0G
      05867 (Profil gelöscht)
      @WernerS:

      Mag vielleicht daran liegen, das viele sich freuen würden, wenn die Visegrad-Staaten die EU wieder verlassen würden.



      Und ich würde Polen und Ungarn bzgl ihrer Rolle innerhalb der EU auch nicht unbedingt mit Frankreich gleichstellen.



      Das wäre eine Beleidigung für die Franzosen.