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Oskar Lafontaine beendet PolitkarriereAusteilen zum Abschied

In einem Interview erklärt der frühere SPD- und Linken-Chef das Ende seiner politischen Karriere – und vergibt einige schlechte Noten.

Freut sich auf sein Politpensionärsdasein: Oskar Lafontaine Foto: Pascal Beucker

Saarbrücken taz | Es ist wieder mal ein Rückzug à la Lafontaine. Nicht vor einem Parteigremium oder im saarländischen Landtag, der letzten großen politischen Bühne des ehemaligen SPD-Chefs und Linken-Mitbegründers, sondern über die konservative Welt aus dem Verlagshaus Springer verkündet „der Oskar“ seinen endgültigen Ausstieg aus der aktiven Politik: „Ich trete nicht mehr an“, gibt er zu Protokoll. Und auf der Frage „Ist das das Ende ihrer politischen Karriere?“, antwortet er mit einem schlichten „Ja“.

Vier Monate vor der nächsten saarländischen Landtagswahl beendet Lafontaine so alle Spekulationen, er oder seine verbliebenen MitstreiterInnen in der Landtagsfraktion könnten noch einmal mit einer eigenen Liste antreten. Es ist eine Ansage, auf die viele im Saarland gewartet haben. Nach taz-Informationen erfuhren auch wichtige WeggefährtInnen erst über das Welt-Interview, dass Lafontaine das intern ernsthaft diskutierte Projekt einer Kandidatur mit einer alternativen Liste nicht mehr weiter verfolgt.

Dass der 78-Jährige nicht erneut für die Linkspartei kandieren würde, hatte er bereits Ende September mitgeteilt. Der alte Kämpe nutzte nun seinen medialen Auftritt zu einer Abrechnung mit der eigenen Partei, die er vor 14 Jahren mitgegründet hat.

Verantwortlich für das schlechte Abschneiden der Linken bei der Bundestagswahl sei, dass sie sich nur noch um „Modethemen der Besserverdienenden“ kümmern würde, die ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose und RentnerInnen nicht interessierten: „Die Partei wollte grüner als die Grünen sein und hat sich auf deren bevorzugte Themen gestürzt: Klima, Gendern, Diversität, Migration.“

Auch habe die „übertriebene Anbiederung an Grüne und SPD“ mindestens einen Prozentpunkt gekostet. Zudem würden „einige der für den Wahlkampf Verantwortlichen“ nicht wissen, wie man Wahlen gewinnt. „Allen voran“ gelte das für den Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler.

Attacken gegen Wissler, Hennig-Wellsow, Scholz und Baerbock

Die aktuellen Parteivorsitzenden Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow bekommen ebenfalls ihr Fett weg. Anstatt die innerparteilichen Flügel zusammenzuführen und eine Programmatik zu entwickeln, die alle akzeptieren, verstünden sie sich wie ihre Vor­gän­ge­rIn­nen „als Mitglieder von Strömungen und befeuern seit Jahren den innerparteilichen Konflikt“.

Schlechte Noten verteilt er in seinem Zwischenruf von der Seitenlinie auch an Olaf Scholz, seinen früheren Parteifreund aus SPD-Zeiten, und die Grüne Annalena Baerbock. Scholz stünde „für Aufrüstung, Kriegseinsätze der Bundeswehr und Sozialabbau“, so Lafontaine.

„Wenn dann noch Annalena Baerbock Außenministerin würde, wäre das eine Katastrophe.“ Zur Begründung gibt er an, Baerbock folge „kritiklos der US-Konfrontationspolitik gegenüber China und Russland“. Eine solche Außenpolitik schade Deutschland und erhöhe die Kriegsgefahr.

Und noch etwas treibt Lafontaine derzeit um: der Umgang mit der Coronapandemie. So glaubt er, in der Diskussion um das Impfen sei ein „deutlicher Anstieg von Intoleranz, totalitärem Verhalten und ein zunehmender Ruf nach Zensur zu beobachten“. Lafontaine selbst ist geimpft, seine Frau Sahra Wagenknecht hingegen nicht.

Geschwundene Machtbasis

Mit der Führung der Linkspartei im Saarland ist Lafontaine schon lange zerstritten. Dem amtierenden Linken-Landesvorsitzenden Thomas Lutze wirft er vor, seit Jahren parteiinterne Wahlen mit Betrügereien und Urkundenfälschungen zu manipulieren, ohne dass die Gremien der Bundespartei entschieden dagegen vorgegangen wären.

Zuletzt zerbrach auch Lafontaines letzte Machtbasis in der Partei, die Landtagsfraktion. Die vor Jahren im Streit aus der Linken-Fraktion ausgetretene Landtagsabgeordnete Dagmar Ensch-Engel schloss sich mit der jüngst aus der Fraktion ausgeschlossenen Parlamentskollegin Barbara Spaniol zu einer neuen Fraktion zusammen. Die „Linken-Saar“ machen seitdem auch im Landtag „Lafos“ Fraktion Konkurrenz.

Bei den Wahlversammlungen der Landespartei zur Aufstellung der Listen für die Landtagswahl im März setzten sich zudem ausschließlich KandidatInnen durch, die mit Lutze kooperieren. Im Wahlkreis Saarbrücken gelang es einer Mehrheit um Lutze sogar, den Lafontaine-Getreuen und amtierenden Kreisvorsitzenden, den Landtagsabgeordneten Dennis Lander, auszubooten.

Die Anfechtung dieser Wahlversammlung dümpelt vor den Parteigerichten vor sich hin, wie auch die Parteiausschlussanträge gegen Lafonatine selbst und gegen die frühere Linken-Landesvorsitzende Astrid Schramm. Nach dem Lafontaine-Rückzug droht dem Lutze-Lager nur noch eine Gefahr: Die 5-Prozent-Klausel.

In der aktuellen Analyse des Portals Wahlkreisprognose kommt die Linkspartei im Saarland nur noch auf gerade mal 4,5 Prozent. Bei ihrem ersten Wahlantritt 2009 waren es noch 21,3 Prozent. Von da an ging es stetig bergab.

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4 Kommentare

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  • ...ach der kleine Napoleon von der Saar. er ist sich immer treu geblieben - 'Schuld haben immer die anderen, ich nicht!'. Insofern werden seine Memoiren unter dem Titel: "Ich hab's immer gewusst" kommen. Nun ja, dann reih dich ein in die Reihe der Altvorderen: 'Ich habe Euch doch alle Lieb' und 'Den Sozialismus in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf'. Richtig tragisch ist, das er mit seiner altsozialdemokratischen Besserwisserei, zu recht kritische Anmerkungen verblassen lässt. Nun ja - auch Napoleon schrieb auf St. Helena seine sehr eigene Auffassung seines Lebens...

  • Vor über 40 Jahren als OB von Saarbrücken und dann als MP des Saarlandes habe ich Lafontaine noch bewundert, was der als 'linker' SPDler doch auf die Reihe kriegt. Spätestens auf dem berühmten SPD Parteitag, auf dem er den untalentierten Scharping mehr oder weniger weggemobbt hat, erkannte man schon sein überehrgeiziges Ego, dass er ohne Rücksicht auf Verluste einzusetzen wusste. Nach seinem Kurzauftritt als Finanzminister und seiner theatralischen 'mein Herz schlägt links' Heimstory mit dem Austritt aus der SPD, war er für mich eigentlich nicht mehr als seriöser Politiker akzeptierbar. Das mögen andere anders sehen. Aber es ging gerade so weiter. Nach der Mit-Gründung der Linkspartei konnte man fast wöchentlich verfolgen, wie er versuchte, nur seinem Ego gerecht zu werden, ohne Rücksicht auf Verluste. Und jetzt am Schluss im Team mit seiner Ungeimpften, den Tiraden gegen Lauterbach und der Coronapolitik, gegen alte und neue Vorsitzende und gegen seinen eigenen Landesverband, schliesst sich der Kreis.



    Eine am Ende tragische Gestalt verlässt zum Glück die politische Bühne, leider zu spät.

  • Gähn,



    interessiert(keinen) mich Null mehr.



    Halt, kann dieser Hickhack nicht auf weitere LV ausgedehnt werden.



    Fast, wäre d.P.d.P.d.h.i.R.Geschichte.

  • ☕️ - Danke für den 🎣