Umfrage sieht Linke unter fünf Prozent: Zeitenwende im Saarland?

Nach internem Dauerstreit rutschen Linke und Grüne im Saarland unter fünf Prozent. Die SPD liegt in Umfragen vorn.

Oskar Lafontaine bei einer Pressekonferenz.

Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Partei Die Linke im Saarländischen Landtag Foto: Becker&Bredel/imag

FRANKFURT A. M. taz | Die erbitterten innerparteilichen Machtkämpfe bei Linken und Grünen im Saarland kommen offenbar bei den WählerInnen nicht gut an. Nach einer aktuellen Analyse, die das Portal Wahlkreisprognose am Wochenende veröffentlicht hat, müssen Grüne und Linke sogar um den Einzug in den nächsten saarländischen Landtag bangen.

Vier Monate vor der nächsten Landtagswahl kommt nach dieser Prognose die Linke, bislang an der Saar regelmäßig für zweistellige Ergebnisse gut, auf gerade mal 4,5 Prozent; erstmals seit der Gründung durch Oskar Lafontaine wäre die Partei nicht mehr im Landtag vertreten. Die Grünen, laut Prognose bei 5 Prozent, müssten zittern. Von dem Niedergang der Konkurrenz profitieren offenbar SPD (38 Prozent) und FDP (9 Prozent). Die Liberalen, zur Zeit nicht im Landtag vertreten, liegen danach noch vor der AfD (8 Prozent) und könnten bei der Regierungsbildung eine Rolle spielen. Die CDU, die als stärkste Partei noch den Ministerpräsidenten stellt, müsste sich bei 29 Prozent mit Platz zwei begnügen.

Rechnerisch möglich wären danach eine Große Koalition, allerdings diesmal unter Führung der SPD, oder eine sozialliberale Koalition aus SPD und FDP. Die Verwerfungen bei den kleinen Parteien könnten also bei der Landtagswahl am 27. März das gesamte Gefüge der saarländischen Landespolitik umkrempeln.

Besonders kritisch ist die Lage für die Linken. Der Parteigründer und Landtagsfraktionschef Oskar Lafontaine will nicht erneut antreten. Er wirft dem amtierenden Landesvorsitzenden und Linken-Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze Wahlmanipulationen und Betrügereien vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Lutze wegen des Verdachts auf Urkundenfälschung und Untreue.

Absurde Streitereien

Nicht nur die Landespartei ist längst in zwei feindliche Lager gespalten. Inzwischen gibt es auch im saarländischen Landtag zwei linke Fraktionen, die offizielle Linken-Fraktion um Lafontaine und eine Abspaltung aus zwei Abgeordneten, die die Mehrheit weggeekelt oder ausgeschlossen hatte. Auf den bisherigen drei Nominierungsversammlungen für die Landtagswahl konnten sich auf aussichtsreichen Plätzen ausschließlich PolitikerInnen durchsetzen, die mit Lutze kooperieren. Mindestens eine Wahlliste ist bereits angefochten worden, wieder mit der Begründung von Manipulationen bei der Einladung von Mitgliedern.

Linke Parteigerichte haben derzeit viel zu tun, auch weil gegen Parteigründer Lafontaine und die frühere Landesvorsitzende Astrid Schramm Parteiausschlussverfahren laufen. Unterlegene Linken-Mitglieder könnten zudem bei einer neuen Liste Bunt.Saar mitmachen, auf der enttäuschte Linken- und Grünen-WählerInnen eine erste Landtagskandidatur vorbereiten.

Ähnlich verfahren ist die Lage bei den Saar-Grünen. Der frühere Landesvorsitzende Hubert Ulrich, gegen den ebenfalls ein Parteiausschlussverfahren läuft, will offenbar bei der KandidatInnenaufstellung mitmischen. Bei einer Versammlung in seinem Ortsverband Saarlouis erhob er schwere Vorwürfe gegen die Bundespartei und seine innerparteiliche Konkurrenz. Seine geplante erneute Kandidatur für die Bundestagswahl war im Sommer gescheitert, weil das Bundesschiedsgericht die Delegierten aus seinem Ortsverband Saarlouis von der entscheidenden Wahlversammlung ausgeschlossen hatte.

Das wiederum war für die WahlleiterInnen von Bund und Land Anlass für die Ablehnung der Liste. Die Grünen waren deshalb im Saarland bei der Bundestagswahl nicht mit der entscheidenden Zweitstimme wählbar. Am Sonntag wollen sie auf einem Landesparteitag einen neuen Landesvorstand wählen, nachdem die Hälfte der Vorstandsposten in Folge der Querelen unbesetzt ist. Die Grüne Bundespartei hat eine Kommission eingesetzt, um den nötigen Neuanfang zu begleiten.

Der Trierer Parteienforscher Uwe Jun hält es angesichts dieser Konstellation für möglich, dass nach der Landtagswahl im März mit Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger eine Sozialdemokratin in die Saarbrücker Staatskanzlei einziehen könnte – es wäre das erste Mal seit dem Wechsel des damaligen SPD-Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine in die Bundespolitik. Allerdings gilt auch Ministerpräsident Tobias Hans, CDU, als starker Kandidat. Er müsste sich allerdings vom allgemeinen Umfragetief seiner Partei absetzen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.