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Intransparenter ImmobilienmarktBerlins Oligarchen

Niemand weiß, was russischen Oligarchen in Berlin gehört. Sanktionen laufen wegen des intransparenten Markts ins Leere, zeigt eine Linken-Anfrage.

Diesig und undurchsichtig: Weil es kein gutes Registerwesen gibt, ist der Immo-Markt eine Blackbox Foto: Patrick Pleul/dpa

Berlin taz | Sanktionen gegen russische Oligarchen wurden in Berlin wegen des intransparenten Immobilienmarktes bislang nicht durchgesetzt. Im Bereich Geldwäscheprävention würden regelmäßig aktuelle Sanktionslisten durch Notare und Grundbuchämter abgeglichen, aber bis Mitte März wurde „bislang keine Übereinstimmung mit sanktionierten Personen festgestellt.“ Das schreibt der Senat in einer der taz vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg, in der diese nach Sanktionen im Bereich der Immobilienwirtschaft fragt.

Gefragt nach möglichen Berliner Investitionen und Besitztümern von Personen und Unternehmen auf EU-Sanktionslisten heißt es vom Senat, dass „die Beteiligungsstrukturen nicht immer vollständig nachvollziehbar sind, beispielsweise wenn ausländische Kettenbeteiligungen vorliegen. Auch aus internationalen Datenbanken geht nicht immer die oder der tatsächlich wirtschaftlich Berechtigte hervor.“ Ex­per­t*in­nen gehen dagegen fest davon aus, dass sich auch auf dem von Investoren überlaufenen Berliner Immobilienmarkt das Kapital russischer Oligarchen befindet – es aber über Briefkastenfirmen gut versteckt ist.

Wüsste der Staat, was genau Oligarchen gehören würde, könnte er sofort einschreiten: Der Senat schreibt, dass die geltenden EU-Sanktionen unmittelbar vom Wirtschaftsverkehr und den Behörden umzusetzen sind. Demnach könnten selbst laufende Immobilienprojekte unter Beteiligung von sanktionierten Personen oder Unternehmen noch gestoppt werden. Zuständig sind dabei für Gelder und Finanzmittel die Bundesbank und für Güter, wirtschaftliche Ressourcen, Dienstleistungen und Investitionen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Während in Frankreich schon Vermögen im Wert von knapp 850 Millionen und Italien mehrere hundert Millionen eingefroren wurden, nennt die Bundesbank für Deutschland nur 95 Millionen eingefrorene Euro.

Gennburg, die in Berlin von „tiefgreifenden Verflechtungen sogenannter russischer Oligarchen und der Bauwirtschaft“ ausgeht, sagte: „Wir wissen nicht, wer hinter den teils abstrakten Konstrukten steckt, die in unserer Stadt über Liegenschaften verfügen, wer hier baut und wer die tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten sind. Berlin kann so immer wieder zum Zielort für Geldflüsse aus autoritären Regimen und anderen dubiosen Quellen werden.“ Sanktionierte Personen könnten noch immer Grundstücktransaktionen über Rechtsanwaltsvertretungen oder verschleierte Eigentumskonstruktionen vornehmen, so Gennburg.

„Verstrickungen in Bauprojekte überprüfen“

Angesichts dessen fordert die Abgeordnete schnell mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt: „Das in Berlin geplante Miet- und Wohnkataster muss unbedingt Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten enthalten.“ Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) müsse sofort handeln. Eine Bundesratsinitiative aus Berlin für ein bundesweites zentrales und transparenteres Immobilienregister war vergangenes Jahr im Bundesrat gescheitert.

Erfreut zeigte Gennburg sich darüber, dass laufende Bauprojekte unter Beteiligung von Oligarchen gestoppt werden können: „Der Senat sollte daher aktuelle Bauprojekte akribisch auf Verstrickungen von sanktionierten Personen untersuchen – und möglicherweise auch selbstständig aktiv werden“, forderte sie. Vor kurzem war bekannt geworden, dass ein Bauprojekt von Monarch am Alexanderplatz etwa im Zusammenhang mit Sanktionen Probleme bekommen könnte.

Gennburg verwies auch auf Verstrickungen des Oligarchen Oleg Deripaska mit dem österreichischen Bauunternehmen Strabag, das ebenfalls in Berlin baut, laut Gennburg auch für die öffentliche Hand. Deripaska steht aktuell allerdings erstaunlicherweise nicht auf der Sanktionsliste, obwohl er Großaktionär eines russischen Rüstungskonzerns ist.

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13 Kommentare

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  • Tatsächlich sehen sowohl legale Firmen, die kriminelle Steuerhinterziehung betreiben, als auch die organisierte Kriminalität, die die Einnahmen aus dem kriminellen Geschäft legalisieren muss, um die Gewinne verwenden zu können Deutschland als Paradies. Lasche Gesetze und wenn diese doch mal verschärft werden, kann man voll auf (absichtlich?) vollkommen unterbesetzte zuständige Behörden wetten, die kaum Kontrollen durchführen oder gar die Strafverfolgung aufnehmen.



    "Planet wissen" zeigt, wie Kinderleicht die Geldwäsche in Deutschland ist:



    www.planet-wissen....utschland-110.html

  • Wenn der Krieg vorbei ist und dreimal durchgeatmet wurde und die Politik sich wieder den Tagesgeschäften zuwendet, könnte der „Intransparente Immobilienmarkt“ ein passendes Thema sein.



    Aber ich ahne es bereits: Augenblicklich werden sich Datenschützer, in schöner Eintracht mit den erwähnten Oligarchen, heftig gegen alles zur Wehr setzen, was dem Staat mehr Einblick in vermeintlich private Angelegenheiten bringen könnte. Am Ende wird alles so intransparent bleiben, wie es ist.

  • Wieso kommen jetzt einige Leute im Geldwäscheparadies auf die Idee, nur russischen Oligarchen an den Kragen zu gehen? Sollen die anderen geschützt werden?

  • @DIMA

    ...wie immer, ein Herz für Reiche ♥

    Erinnert mich an Schäuble, der bei der Forderung nach Transparenz bei Nebeneinnahmen von Bundestagsabgeordneten *plötzlich* den Datenschutz entdeckt.

    Ich für meinen Teil habe die Schnauze voll von Panama Papers, Paradise Papers und wie der ganze Mist so heisst.

  • Sieht man doch an der Rigaer Straße, wo das momentan hinführt. Solange Briefkastenfirmen im Grundbuch eingetragen werden können, wo niemand weiß, wer eigentlich dahinter steckt, wird das auch nicht transparent werden. Schön für die Immobilienbesetzer in der Rigaer Straße und die immobilienbesitzenden Oligarchen! Vielleicht sollten die Hausbesetzer einfach alle Häuser besetzen, die dubiose Breisfkastenfirmen im Grundbuch stehen haben. Irgendeinen Oligarchen wird es schon treffen! Es lebe die Anarchie, da klappen wenigstens noch Sanktionen!

  • Irgendwelche Sanktionen gegen irgendwelche Personen sind wohl eher die Ausnahme. Dafür brauchen wir keine wie auch immer gearteten Register. Hier hetzen lediglich die üblichen Hetzer.

    • @DiMa:

      Hetze? Was spricht dagegen wenn man in einer Demokratie klar weiß welche Immobilie wem gehört? Was für gesellschaftlich relevante Gründe gibt es Eigentum zu verschweigen oder Besitzverhältnisse zu verschleiern, wie z,B. in der Rigaer 94?

      • @Andreas J:

        Gerade bei der Rigaer besteht angesichts der Angriffe auf Anwälte, Polizisten und Baufirmen ein berechtigtes Interesse, die Eigentumsverhältnisse nicht offen legen zu müssen.

        Ihre Argumentation geht in Richtung Gläsener Bürger.

        • @DiMa:

          Hier mit Datenschutz zu argumentieren ist lächerlich.

    • @DiMa:

      Ich weise Ihre Hetze gegen angebliche Hetzer zurück.

      Eigentum an Grund & Boden. Pathetisch ausgedrückt: an Erdkruste, bedeutet einen Eigentums- Verfügungs- und Nutzungsanspruch an einer nicht vermehrbaren, nicht produzierbaren sehr bedeutenden gesellschaftlichen Ressource.

      Diese Eigentumsverhältnisse zu kontrollieren und im Interesse und Auftrag der Bevölkerung, des Gemeinwesens lenken und gestalten zu können, ist die DNA einer republikanischen Demokratie.

      Weshalb dieses Eigentum ihn einer wahren Demokratie niemals einem - dazu noch - unbekannten geheimgehaltenen - Eigentümer gehören kann.

      Braucht man eigentlich keinen Hauptschulabschluss für.

      Aber nun ist es ja amtlich.



      Gegen Zar Putin mit dem Kaiser Wilhelm von Katar und Saudi Arabien. Der Rest ist Sonntagsrede für die Kirchgänger.

      Wer etwas anderes verlangt, erhofft, oder sogar dafür kämpft ist natürlich ein Hetzer.

      Mir ist schon klar, weshalb Leute wie Sie ein zentrales Grundbuch ebenso fürchten, wie die gesetzliche Pflicht den eigentlichen wirtschaftlichen Nutzniesser von Grund & Boden dort eintragen zu müssen.



      Statt irgendwelcher Strohmänner, oder Räuberbanden mit albern aufgeblasenen Firmennamen.

      Und auch: Nicht nur in der Stadt ist die Ressource Grund & Boden knapp.



      Fragen Sie mal Bauern die Ackerland brauchen. Die müssen inzwischen auch mit Milliardärsdarstellern wie Trump, Oligarchen, Hedgefonds oder Börsenmaklern verhandeln. In New York, London, Singapur oder sonstwo.

      • @Carlo Giuliani:

        Frau Gennburg will rechtmäßige Bauvorhaben durch rechtswidrige Maßnahmen "torpedieren" (Stichwort Autobahn 100) und am grundgesetzlich geschützten Recht des Eigentums stört sie sich ebenfalls. Hier nutzt sie nur einen durchsichtigen Vorwand um alle Immobilienbesitzer weiter zu drangsalieren.

    • @DiMa:

      Allein schon um besser gegen Geldwäsche vorgehen zu können, wäre so ein Register bestimmt hilfreich. Deutschland ist nach wie vor ein Geldwäscheparadies und der Immobilienmarkt mit der wichtigeste Umschlagsplatz.

      www.transparency.d...ldwa__sche_web.pdf

      • @Marc Aber:

        Nur das ein solches Register nichts gegen Geldwäsche bringt. Gerade Geldwäscher können solche Register (z.B. Transparenzregister) ohne weiteres leicht umgehen.

        Schön, dass ich wegen irgendwelcher "Geldwäsche" jetzt jährlich eine weitere Gebühr in Höhe von EUR 22 bezahlen darf für ein vollkommen untaugliches Register.

        Einfach einen Publikumsfonds gründen, sämtliche Anteile daran halten und niemand kann die tatsächlichen Hintermänner aufspüren.