OSZE-Mission in der Ukraine: Massiv unter Beschuss

Es wächst die Kritik an den Beobachtern, die bisweilen auch selbst angegriffen werden. Die Konfliktparteien werfen ihnen vor, nicht neutral zu sein.

Mitarbeiter der OSZE an der Absturzstelle des Fluges MH17 in der Ostukraine. Bild: ap

KIEW taz | In der Ostukraine sind Anfang der Woche mehrere OSZE-Beobachter beschossen worden. Dies berichten ukrainische Medien am Donnerstag unter Berufung auf die OSZE. Am Dienstag hatten Soldaten eines ukrainischen Checkpoints an einer Brücke auf eine kleine Gruppe von OSZE-Mitarbeitern unweit der Ortschaft Debalzewo im Gebiet Donezk das Feuer eröffnet. Am Mittwoch waren zwei Fahrzeuge der OSZE auf ihrem Weg nach Donezk in der von der ukrainischen Armee kontrollierten Ortschaft Marinka aus einem Lastwagen mit ukrainischen Kennzeichen beschossen worden.

Offensichtlich ist die OSZE mit ihrer Beobachtermission beiden Konfliktparteien in der Ostukraine ein Dorn im Auge. Derzeit halten sich in der Ukraine rund 300 OSZE-Beobachter auf, von denen nach Angaben von OSZE-Sprecher Michael Bociurkiw fast die Hälfte in der Ostukraine eingesetzt ist.

Neben der Beobachtung von Truppenbewegungen, Kampfhandlungen und Menschenrechtsverletzungen vermittelt die „Special Monitoring Mission“ zwischen den Konfliktparteien. Dank der OSZE, so Bociurkiw, hätten niederländische Fachleute an der Absturzstelle des malaysischen Flugs MH17 bei Donezk arbeiten können.

In der jüngsten Zeit wächst jedoch die Kritik an der OSZE-Mission. Anfang des Monats stellte die ukrainische Medienagentur „Information und Widerstand“ ihre Kooperation mit der OSZE ein. Die OSZE habe mit Terroristen zusammengearbeitet, die Beobachter spielten dem Aggressor in die Hände, bemängelte die Agentur, die die „Antiterroroperation“ medial unterstützt.

Keine Alternative zur OSZE-Mission

Die OSZE arbeite nicht sehr effektiv, kritisiert der Kiewer Politologe Vladimir Fesenko. Zu viele OSZE-Mitarbeiter sympathisierten mit der russischen Seite. Dennoch gebe es keine Alternative zu dieser Mission.

Auch Russland wirft der OSZE Parteilichkeit vor. Die Beobachter listeten zwar detailliert die Truppenbewegungen der Rebellen in den ostukrainischen Regionen von Donezk und Lugansk auf, „ignorierten“ jedoch Informationen über Truppenkonzentrationen der ukrainischen Armee, kritisierte das russische Außenministerium. Auch Verstöße der ukrainischen Soldaten gegen die Vereinbarungen von Minsk blieben in den Berichten der OSZE unerwähnt.

Kritik an der OSZE gibt es auch in den von Kiew nicht kontrollierten Gebieten von Lugansk und Donezk. „Wir haben gedacht, mit der OSZE kommt der Frieden. Doch seit dem Eintreffen der Beobachter wird sogar noch mehr geschossen. Wir sind von der OSZE enttäuscht,“ sagt eine Bewohnerin von Donezk.

In der OSZE kennt man die Kritik. Alle Angaben würden vor einer Veröffentlichung genau überprüft. „Wir veröffentlichen nur Informationen, die wir von mindestens zwei, wenn nicht gar drei verschiedenen Quellen haben“, so OSZE-Sprecher Bociurkiw. „Wir sind die Ohren und die Augen der internationalen Gemeinschaft und weitgehend die einzige unabhängige und glaubwürdige Quelle vor Ort im Osten. Dieser Verantwortung versuchen wir gerecht zu werden.“

Vor dem Hintergrund der Kritik mehren sich Vorschläge, das Format der Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien zu verändern. Allerdings ohne die Ergebnisse der Friedensverhandlungen von Minsk infrage stellen zu wollen, wie der frühere ukrainische Präsident Leonid Kutschma unlängst sagte. Ukrainische Politiker und Medien plädieren für ein „Genfer Format“ der Verhandlungen. Das Vorbild sind die Verhandlungen über die Ukraine vom vergangenen April in Genf, an denen außer der EU, Russland und der Ukraine auch die USA teilgenommen hatten.

Russland und die „Volksrepubliken“ von Lugansk und Donezk lehnen diesen Vorschlag ab. Man könne ja schon rein physisch nicht an Verhandlungen in einem Land teilnehmen, in das man wegen der Sanktionen gar nicht einreisen dürfe, sagte Alexander Karjakin, Sprecher der Lugansker Separatisten.

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