piwik no script img

Neues Klimawandel-RankingDie Hoffnung ruht auf China und Indien

Dänemark tut am meisten, um die Erderhitzung zu begrenzen, zeigt der Klimawandel-Leistungsindex. Deutschland rutscht auf die Bewertung „mäßig“ ab.

In Dänemark braucht man noch nicht einmal klimaschädlichen Kunstschnee, um Ski zu fahren Foto: Jochen Tack/imago

Berlin taz | Weltweit werden die erneuerbaren Energien rasant ausgebaut. Trotzdem tut kein Land genug, um die Erderhitzung unter den im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5 Grad zu halten. Zu diesem Ergebnis kommt der Climate Change Performance Index CCPI, den die NGO Germanwatch und das NewClimate Institute mit Hilfe von etwa 450 internationalen Ex­per­t*in­nen zusammenstellen.

Von den 64 untersuchten Staaten haben 61 den Anteil der Erneuerbaren an ihrem Energiemix in den vergangenen fünf Jahren vergrößert. Trotzdem bewerten die Ex­per­t*in­nen den Emissionstrend von insgesamt 29 Staaten als schlecht oder sehr schlecht, weil sie gleichzeitig mehr Energie aus fossilen Brennstoffen nutzen und so die Erde weiter erhitzen.

Im CCPI wird jedes Land nach vier Kategorien beurteilt. Am stärksten gewichtet werden die bereits ausgestoßenen und prognostizierten Treib­hausgase. Danach wiegen gleich schwer der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Energieverbrauch und die Klimapolitik. Beim Gesamtergebnis bleiben schon traditionell die ersten drei Plätze leer, weil den Ex­per­t*in­nen zufolge kein Land genug tut, um die globale Erwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen.

Am besten schneidet auf Rang vier Dänemark ab. Dänemark, Schweden und Norwegen sind die einzigen drei Länder, die ihre erneuerbaren Energien laut Studie „sehr gut“ ausbauen. Zusammen mit der EU, Kolumbien und Großbritannien setzt sich Dänemark außerdem international am stärksten für mehr Klimaschutz ein.

Kanada, China, Russland und die USA „sehr schlecht“

Deutschland rutscht im Ranking um zwei Plätze auf den 16. Rang ab und erhält nicht mehr die Bewertung „gut“, sondern nur noch „mäßig“. „Es gibt zwar klare Fortschritte im Ausbau der erneuerbaren Energien, aber das zeigt sich fast ausschließlich im Strommix“, sagt Jan Burck von Germanwatch, einer der Haupt­au­to­r*in­nen des CCPI. Zwar gehe der Ausbau der Erneuerbaren gut voran, unter anderem weil Bürokratie abgebaut wurde. Gleichzeitig sinken die Emissionen von Verkehrs- und Gebäudesektor nicht ausreichend und die Branchen stehen aufgrund des neuen Klimaschutzgesetzes der Ampelregierung auch weniger stark unter Druck, klimafreundlicher zu werden.

Die schlechteste Bewertung erhielten die öl- und gasfördernden Staaten auf der Arabischen Halbinsel und der Iran. Auch Kanada, China, Russland und die USA wurden insgesamt als „sehr schlecht“ bewertet.

China allerdings bildet zusammen mit Brasilien und Indonesien die Top 3 unter den größten 20 Volkswirtschaften beim Ausbau der Erneuerbaren. Die Stu­di­en­au­to­r*in­nen loben, dass immer mehr Solarzellen, Lithium-Batterien und E-Autos in China produziert werden. Dem chinesischen Ziel, ab 2030 die Emissionen zu senken, stehen aber die zahlreichen neuen und im Bau befindlichen Kohlekraftwerke in China entgegen.

„In China erleben wir einen beispiellosen Boom bei den erneuerbaren Energien und der Höhepunkt der Emissionen scheint nahezu erreicht zu sein. Das wäre ein echter Meilenstein und ein wichtiger Treiber weltweit“, sagt Studienautor Jan Burck. „Aber um die immensen Emissionen des Landes nachhaltig und zügig zu senken, brauchen wir jetzt eine klare Abkehr von fossilen Energien.“ Die sei noch nicht zu erkennen – allerdings könne sich das mit dem bevorstehenden neuen Fünfjahresplan ändern.

Ganz ähnlich bewerten die Ex­per­t*in­nen Indien und seine Emissionsentwicklung. Das bevölkerungsreichste Land der Welt verbraucht zwar recht wenig Energie und baut die Solarenergie schnell aus, will aber auch neue Kohlekraftwerke.

Die USA bekommen wie schon in den vergangenen Jahren in allen Bereichen eher schlechte Noten. Die Ex­per­t*in­nen loben zwar den Inflation Reduction Act, mit dem Präsident Joe Biden vor allem den Ausbau von Erneuerbaren, die E-Auto-Fertigung sowie die Instandsetzung von alten Häusern ankurbeln wollte. Trotzdem verbrauchen US-Amerikaner*innen weiterhin sehr viel Energie. Und auch die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten sei „sicher keine gute Nachricht“, sagt Studien-Co-Autor Niklas Höhne. Den Boom der Erneuerbaren könne aber auch Trump nicht aufhalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • In Deutschland unmöglich! Schon die Windräder stehen ja viel zu nahe an der Wohnbevölkerung. Außerdem, Kunstrasen fürs Skifahren - ist ja auch nicht ökologisch. Da kommt der Deutsche aus dem Meckern ja gar nicht mehr raus.

  • Bildunterschrift: "In Dänemark braucht man noch nicht einmal klimaschädlichen Kunstschnee, um Ski zu fahren".



    Und aus was und wie und mit welchem Energieeinsatz wurde der Kunstrasen hergestellt, auf dem dort "Ski gefahren" wird?



    Und wie wird er im laufenden Unterhalt und am Ende recycelt bzw. "entsorgt".

    • @Lichtenhofer:

      Genau, alles Lüge. Die bösen dänischen Kunstschneepisten relativieren alles und wir können weiter machen wie bisher. Wir sind eh die Schlauesten.

    • @Lichtenhofer:

      Stimmt! Bild und Bildunterschrift passen hier wie die Faust aufs Auge.



      So eine Kunstpiste ist reichlich unsauber. Auch im laufenden Betrieb wird Mikroplastik abgerieben.

    • @Lichtenhofer:

      "Wenn man die gesamte Energie, die Skifahrer für ihren Urlaub in den Bergen verbrauchen, zusammenrechnet, macht der Pistenbetrieb – inklusive Beschneiung – nur 4 Prozent davon aus. Die Anreise im Auto verbraucht fast zehnmal so viel, nämlich 38 Prozent. Mit einer umweltfreundlichen An- und Abreise könnte man also mehr Energie einsparen, als wenn man Beschneiung verbietet." www.br.de/nachrich...e-wirklich,RBYdTCf Außerdem sind die Kustschneegletscher Wasserspeicher.

  • China und Indien sind ja die größten Umweltverschmutzer.



    Somit sollen die endlich was tun.

    • @Max Sterckxc:

      Tut China doch. Liefert uns billige Solarmodule :-)



      Die bringen uns für unser gutes Gewissen CO2-Einsparungen, die eigentlich China angerechnet werden müssten.

    • @Max Sterckxc:

      Im Prinzip ja, aber: "Am stärksten gewichtet werden die bereits ausgestoßenen ... Treibhausgase".



      Diesbezüglich sind wir Europäer und die Nordamerikaner mit der industriellen und infrastrukturellen Entwicklung, die zu unserem bürgerlichen Wohlstand geführt hat, ganz vorne dran in der Gesamtbilanz.



      Und wir könnten es uns als erste leisten, die Schwemme der z.B. in China fragwürdig produzierten Billigwaren gar nicht erst zu verkonsumieren.

    • @Max Sterckxc:

      Wer immer nur mit dem Finger auf andere zeigt bemerkt meist nicht, dass dabei immer 3 Finger auf ihn selbst gerichtet sind: meinen Sie nicht auch, dass die Industriestaaten, die ihre schmutzigen Industrieprozesse (z. B. Medikamenten-, Stahl- oder Autoproduktion) in diese Länder ausgelagert haben, mindestens ebenso verantwortlich sind?