piwik no script img

Neues Gesetz in IndonesienAußerehelicher Sex wird bestraft

Sex unter Unverheirateten und Zusammenleben ohne Eheschein wird in Indonesien künftig mit Gefängnis bestraft. Das gilt für Einheimische und Besucher.

Sitzung zur Ratifizierung des neuen Strafgesetzbuchs im Parlamentsgebäude in Jakarta am Dienstag, 6. Dezember Foto: ap

Jakarta ap | Außerehelicher Sex wird in Indonesien künftig mit bis zu einem Jahr Gefängnis geahndet. Dies gilt nicht nur für Einheimische, sondern auch für Besucher aus dem Ausland, wie es in einer am Dienstag vom Parlament verabschiedeten Gesetzesvorlage heißt. Untersagt ist demnach nicht nur Sex unter Unverheirateten, sondern auch das Zusammenleben ohne Trauschein. Hier drohen bei einem Verstoß sechs Monate Haft. Die Polizei darf jedoch erst ermitteln, wenn ein nahes Familienmitglied Anzeige erstattet.

Der Nachrichtenagentur AP lag eine Kopie der jetzt überarbeiteten Paragrafen des Strafrechts vor. Demnach ist Werbung für Empfängnisverhütung sowie religiöse Blasphemie in dem größten muslimisch geprägten Land der Welt ebenfalls illegal. Das Gleiche gilt für eine Beleidigung des Präsidenten.

Wer sich einer Organisation mit marxistisch-leninistischer Ideologie anschließt, kann bis zu zehn Jahre ins Gefängnis kommen. Auf Verbreitung des Kommunismus stehen bis zu vier Jahre Haft. Der stellvertretende Justizminister Edward Hiariej sagte, bis zum Inkrafttreten sei eine Übergangsfrist von bis zu drei Jahren vorgesehen.

Menschenrechtsgruppen kritisierten die Neuregelungen als zu weitreichend und vage. So werde Beleidigung nicht ausreichend definiert. Sie warnten auch, dass dadurch normale Aktivitäten geahndet und die Meinungsfreiheit und das Recht auf Privatsphäre beschnitten würden. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte, das Gesetz widerspreche internationalem Recht. Es eröffne Polizisten die Möglichkeit für Willkür und Erpressung und sei damit auch eine Gefahr für den Tourismus.

Einige Menschenrechtler werteten das Gesetz indessen als Erfolg für Angehörige sexueller Minderheiten. Nach einer heftigen Debatte strichen die Abgeordneten einen Artikel, mit dem islamistische Gruppen Sex unter Homosexuellen verbieten wollten.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Auf dem Foto sehen sie auch noch richtig Stolz auf ihr "Werk" aus.....was stimmt eigentlich nicht mit solchen Menschen

  • Beziehungen zu ASEAN und EU

    Innerhalb der ASEAN nimmt das bevölkerungsreichste Land Südostasiens seit der Gründung des Staatenbundes 1967 eine führende Rolle ein, indem zum Beispiel das Generalsekretariat der ASEAN in Jakarta beheimatet ist und die Initiative zur Verbundsgründung auf den ersten Präsidenten zurückgeht. Auf globaler Ebene sieht sich Jakarta als Fürsprecher der Entwicklungsländer, deren Stimme es zum Beispiel im Rahmen der G20 Gehör verschaffen will.

    Seitens Europas erfährt das Land in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit. So unterzeichneten Jakarta und die Europäische Union im November 2009 ein „Partnership and Cooperation Agreement“ (PCA). Derzeit wird über ein darüber hinausgehendes Handelsabkommen verhandelt: Die Verhandlungen wurden offiziell am 18. Juli 2016 mit dem Ziel aufgenommen, den Marktzugang zu erleichtern und neue Märkte zu schaffen, den Handel zwischen Indonesien und der EU zu intensivieren und die Direktinvestitionen auszuweiten. Die 9. Runde des Indonesia-EU Comprehensive Economic Partnership Agreement (CEPA) fand vom 2. bis 6. Dezember 2019 in Brüssel statt.[63] Der Vertrag wurde am 16. Dezember 2018 unterzeichnet und trat nach der Ratifizierung durch alle beteiligte Staaten am 1. November 2021 in Kraft.

    Und nu?

  • Naja, immerhin keine Diskriminierung von Frauen, von Ausländern, von Homosexuellen und sexuell Andersorientierten. Einfach nur kein Sex vor der Ehe, das ist schon fast erfrischend. Nur: die Anzeige durch nahe Familienangehörige macht dann doch alles zunichte. Da werden doch wieder nur die Frauen und die Homosexuellen angezeigt. Schade, doch nur Heuchelei!

  • "Nach einer heftigen Debatte strichen die Abgeordneten einen Artikel, mit dem islamistische Gruppen Sex unter Homosexuellen verbieten wollten."

    Bitte um Erklärung:



    Indonesien erkennt meines Wissens keine Homo-Ehen an. Also ist Sex unter Homosexuellen nach dortiger Sichtweise zwangsläufig außerehelich. Wie kann er dann mit der neuen Regel je erlaubt sein? Bezieht sich das neue Gesetz etwa nur auf außerehelichen HETEROsexuellen Verkehr??

    • @Normalo:

      Das verstehe ich auch nicht ganz, aber irgendwie scheint's zu passen, Ihr Interpretationsversuch bietet da denke ich eine denkbare Arbeitshypothese (Sex wird möglicherweise rein heterosexuell definiert).

  • Tiefstes Mittelalter. Die armen Menschen in Indonesien. Kranke Welt. Kampf für Fortschritt und gegen die Reaktionären an jedem Ort!

    • @Arno Nymer:

      Wieso Mittelalter? Dort gab es Sex zwischen Unverheirateten, und Heiraten war ein Privileg für Besitzhabende.

  • "Nach einer heftigen Debatte strichen die Abgeordneten einen Artikel, mit dem islamistische Gruppen Sex unter Homosexuellen verbieten wollten."

    Hmm, das Gesetz verbietet Sex ohne Trauschein. Homosexuelle werden vermutlich keinen Trauschein bekommen. Zusammenleben ohne Trauschein geht auch nicht.



    So richtig kann ich nicht erkennen, unter welchen Bedingungen Homosexuellen nun "erlaubten" Sex haben könnten - auch wenn es nicht explizit verboten ist.



    Der einzige Lichtblick ist vermutlich, dass ein naher Verwanter Anzeige erstatten müsste. Das aber macht ein Coming Out noch mal schwieriger ...

  • Was für ein Rückschritt, zumindest aus politischer Ebene.

    Man will damit vielleicht (oberflächlich) den Sextourismus hemmen, aber letztlich trifft das dann wieder alle, die nicht brav den Regeln der Kirche gehorchen und sich schnellstmöglich verheiraten.

  • Indonesien macht sich selbst zum NoGo, die Touristen werden ausbleiben.

    • @Rudi Hamm:

      Sextouristen?

      • @Jutta57:

        Gibt's da eh kaum