Neue Gefechte in der Ostukraine: Lauter Brandstifter
Der Konflikt zwischen Kiew und Moskau eskaliert mal wieder. Dabei gibt es nicht nur einen Schuldigen. Auch der Westen macht keine gute Figur.
R uhe an der Front? Von wegen. In der Ostukraine stehen die Zeichen wieder auf Krieg. Nach Gefechten zwischen ukrainischen Soldaten und prorussischen Kämpfern in den vergangenen Tagen sind wieder Tote zu beklagen.
Wie immer beschuldigen sich beide Seiten gegenseitig, die Waffenruhe vom Juli 2020 sowie das Minsker Abkommen von 2015 gebrochen zu haben. Russland zieht Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammen, die, so der Kreml, niemanden bedrohten.
Gleichzeitig lässt Moskau in den Gebieten Donezk und Lugansk russische Pässe verteilen. Der Informationskrieg läuft ebenfalls wieder auf Hochtouren. So verbreiten russische Medien die Nachricht, ukrainische Militärs hätten im Donezker Gebiet einen fünfjährigen Jungen getötet. Über die tieferen Motive von Russlands Präsidenten Wladimir Putin kann man nur spekulieren. Unstrittig ist, dass derlei Säbelrasseln ein taugliches Mittel ist, um von innenpolitischen Problemen abzulenken.
Aber auch der ukrainische Präsident Wolodymir Selenski trägt eine Mitschuld an den jüngsten Entwicklungen. Er lässt keine Gelegenheit aus, um der russischen Seite Nadelstiche zu verpassen. So ließ er nicht nur drei prorussische Fernsehsender schließen, sondern auch den Oligarchen Wiktor Medwetschuk, einen Putin-Freund, mit Sanktionen belegen.
Dabei sollte Selenski sich lieber um Corona kümmern. Die Infektionszahlen explodieren. Schon denkt der Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko daran, in der Hauptstadt eine Ausgangssperre zu verhängen.
Und der Westen? Die Nato zeigt sich besorgt. Gleichzeitig gibt deren Vertreter in Kiew zu Protokoll, die Ukraine solle sich auf eine Mitgliedschaft vorbereiten, aber vorher Reformen durchführen. Das ist ein Witz. Das westliche Verteidigungsbündnis wird für Selenski keinen Finger krumm machen.
Dem Irrglauben, das könne anders sein, hing auch Georgiens Ex-Staatschef Michail Saakaschwili an, bevor er sich 2008 in den Krieg gegen Russland um Südossetien stürzte. Genau deshalb müssen solche Einlassungen als das bezeichnet werden, was sie sind: verantwortungslos und brandgefährlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an