Nato-Gipfel: Kritische Berichterstattung doch erlaubt
Das BKA sorgte dafür, dass Journalisten vom Nato-Gipfel ausgeschlossen wurden. Ein Gericht verfügt das Gegenteil.
BERLIN taz Deutliche Schlappe für das Bundeskriminalamt (BKA): Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat dem BKA untersagt, beim Akkreditierungsverfahren für den Nato-Gipfel am 2. und 3. April dem Nato-Hauptquartier Einschätzungen über Journalisten zu übermitteln. "Jegliches Votum bezüglich Journalisten durch das BKA gegenüber dem Nato-Hauptquartier" sei "wegen fehlender Rechtsgrundlage unzulässig", heißt es in dem Urteil. Den betroffenen Journalisten steht für eine Berichterstattung über die Nato-Jubiläumsfeier in Straßburg nun nichts mehr im Weg.
Die Nato-Pressestelle hatte vergangene Woche dem 28-jährigen Journalisten Björn Kietzmann und mindestens zwei weiteren Journalisten die Akkreditierung zum Medienzentrum beim Nato-Gipfel verweigert. Die Absage erfolgte ohne Begründung. Stattdessen verwies die Nato-Pressestelle auf ein negatives Votum des BKA.
Kietzmann, der als freischaffender Journalist unter anderem auch für die taz schreibt, zog wie die beiden anderen Betroffenen daraufhin vor Gericht. In ihrem Urteil erklärten die Wiesbadener Richter, dass personenbezogene Daten nur an Nato-Truppen in Deutschland weitergegeben werden dürfen, nicht aber an das Nato-Hauptquartier in Belgien. Zudem darf das BKA nur dann Daten weitergeben, wenn dies dem Schutz von Verfassungsorganen des Bundes und deren Repräsentanten dient.
Eine Gefahr für Leib oder Leben der Teilnehmer sei aber im Fall von Kietzmann nicht ersichtlich. So hat der 28-Jährige erst im Februar noch über den europäischen Polizeikongress in Berlin berichtet, ohne Zwischenfälle zu provozieren. Und im November hatte Kietzmann für die taz über eine Veranstaltung an der Freien Universität Berlin berichtet, an der Bundespräsident Horst Köhler teilnahm. Bereits da musste sich Kietzmann einer Überprüfung durchs BKA unterziehen. Anders als nun beim Nato-Gipfel fiel das Votum der Sicherheitsbeamten bei Köhler positiv aus.
Die Grünen begrüßten das Urteil der Wiesbadener Richter. "Dies ist ein Sieg für die Pressefreiheit", sagte Hans-Christian Ströbele, sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag. "Wieder musste erst ein Gericht Herrn Schäuble und seine Sicherheitsbehörden in die Schranken verweisen." Ströbele forderte die Nato auf, alle interessierten Journalisten rasch zu akkreditieren und kritische Berichterstattung zuzulassen - "auch um einer weiteren Eskalation der Proteststimmung entgegenzuwirken", sagte Ströbele.
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