Nachruf auf US-Notenbankchef Volcker: Der Anhänger der Schocktherapie
Er besiegte die Inflation und stürzte die USA in die Krise. Nun ist Paul Volcker, langjähriger Präsident der US-Notenbank Fed, gestorben.

Paul Volcker war der wohl einflussreichste US-Wirtschaftspolitiker und Notenbankchef der Nachkriegszeit. Am Montag ist er im Alter von 92 Jahren gestorben.
Volcker begann seine politische Karriere als Berater von US-Präsident Nixon und ermunterte seinen Chef, das „Goldfenster“ zu schließen: Am 15. August 1971 gab Nixon einseitig bekannt, dass die USA den Dollar nicht mehr gegen Gold eintauschen würden. Dieser „Nixon-Schock“ hatte zur Folge, dass wenig später das Weltwährungssystem von Bretton Woods kollabierte. Seit dem Zweiten Weltkrieg waren alle westlichen Währungen an den Dollar gekoppelt gewesen – nun schwankten sie frei.
Womit niemand gerechnet hatte: Auch die USA wurden zu einem Opfer dieser neuen Freiheit. Der Dollarkurs rauschte in die Tiefe und Importe wurden teurer, sodass die Inflation stark anzog. US-Präsident Jimmy Carter war so verzweifelt, dass er Volcker 1979 zum Chef der US-Notenbank Fed ernannte – obwohl bekannt war, dass Volcker eine „Schocktherapie“ favorisierte.
Inflationsbekämpfung über alles
Volcker schraubte die Kreditzinsen drakonisch nach oben, so dass sie zeitweise bei über 20 Prozent lagen, und würgte die Konjunktur ab. Die USA erlebten eine schwere Wirtschaftskrise, die unter anderem Ronald Reagan ins Weiße Haus katapultierte – aber die Inflation war besiegt, als Volcker die Fed 1987 wieder verließ.
Bis in die letzten Winkel der Erde waren Volckers Maßnahmen zu spüren: Der Dollarkurs stieg dramatisch, weil alle Anleger in die USA drängten, um von den hohen Zinsen zu profitieren. Opfer wurden vor allem die Entwicklungs- und Schwellenländer, die sich in Dollar verschuldet hatten – und nun ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen konnten. Die „Schuldenkrise“ begann, die vor allem für Lateinamerika ein verlorenes Jahrzehnt bedeutete.
Volcker war bereits hochbetagt, als ihn US-Präsident Barack Obama zum Berater ernannte. Nach der Finanzkrise 2008 sollten die Banken scharf reguliert werden, und Volcker setzte sich vehement dafür ein, den Eigenhandel der Banken zu begrenzen: Die Institute sollten nicht mehr auf eigene Rechnung mit Derivaten und Wertpapieren spekulieren dürfen. Als „Volcker Rule“ sind diese Vorschriften heute bekannt.
Volcker war bekannt für seinen schnellen Witz. Immer wieder gern wird seine Einschätzung über die Finanzmärkte zitiert: „Die einzig sinnvolle Innovation der Banken war die Erfindung des Geldautomaten.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links