Nachrichten in der Coronakrise: Empfehlung für Impfung Nummer 4

Eine Lockdown-Studie von Ökonomen stößt bei Experten auf Skepsis. Die Stiko empfiehlt eine vierte Impfung. Italien beginnt mit der Auslieferung eines Corona-Medikaments.

Ein Arm und eine Hand mit einer Spritze

Ein Spritzenfoto geht noch: Geht es bald zur Impfung Nr. 4? Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Italien beginnt mit Auslieferung von Corona-Medikament Paxlovid

Eine Woche nach der Zulassung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA beginnt Italien mit der Auslieferung des Covid-19-Medikaments Paxlovid. Ab Freitag sollen die Regionen und autonomen Provinzen die ersten 11.200 Einheiten der Pille des US-Herstellers Pfizer erhalten, teilte der italienische Corona-Koordinator, General Francesco Figliuolo, am Donnerstag mit.

Paxlovid kann von Patienten zu Hause oral eingenommen werden. Die Pille gilt als sehr effektiv vor allem für Menschen mit Vorerkrankungen – bei ihnen soll sie das Risiko von sehr schweren Krankheitsverläufen um 89 Prozent senken. Der große Vorteil ist, dass Patienten die Tablette daheim nehmen können und nicht für eine Infusion in Kliniken müssen.

Italien hat mit Pfizer einen Vertrag für die Lieferung von 600.000 Einheiten Paxlovid abgeschlossen. Diese sollen im Laufe des Jahres ausgeliefert werden. (dpa)

Lockdown-Studie von Ökonomen stößt bei Experten auf Skepsis

Die Studie dreier Ökonomen über einen angeblich sehr geringen Einfluss von Lockdown-Maßnahmen auf Todeszahlen in der Corona-Pandemie haben Experten kritisch bewertet. Die Kernaussage, Lockdowns verhinderten keine oder kaum Todesfälle, ist aus Sicht des Leiters des Instituts für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie an der Universität Marburg, Max Geraedts, „so nicht haltbar“.

Ihr Papier bezeichnen die Autoren Jonas Herby, Lars Jonung und Steve H. Hanke als sogenannte Meta-Studie, die als eine Art Überblick die Daten von rund 30 Einzelstudien und Arbeitspapieren zusammenfasse. Es gebe eine Fülle wissenschaftlich qualitativ wesentlich hochwertiger Studien, „die aber auf der Basis der von den Autoren gewählten Auswahlkriterien nicht berücksichtigt wurden“, teilte Geraedts der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit.

Herby und seine Kollegen kommen in ihrem Papier zu dem Schluss, dass staatlich geregelte Maßnahmen weltweit im Vergleich zu Empfehlungen und freiwilligen Verhaltensänderungen der Bevölkerung kaum Effekt gehabt hätten: In der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 sei aus den untersuchten Studien herauszulesen, dass die Covid-Todesrate durch verordnete Regelungen um nur 0,2 Prozent gesenkt worden sei.

Der Ökonom Andreas Backhaus von der Ludwig-Maximilians-Universität München analysiert, dass einige der untersuchten Einzelstudien „nicht übermäßig überzeugend“ seien. Sie erhielten „in der Meta-Analyse jedoch ein sehr hohes Gewicht, treiben also das Gesamtergebnis“, twitterte er über das US-Papier.

Die Untersuchung von Herby und seinen Kollegen wurde in keinem Journal herausgegeben, sondern Ende Januar von einem der Autoren auf der Homepage des Johns Hopkins Institute for Applied Economics veröffentlicht. „Dadurch umgehen die Autoren die Begutachtung durch Fachleute (Peer Review), eine der wichtigsten Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Wissenschaft“, teilte der Virologe Friedemann Weber von der Universität Gießen der dpa mit. „Studien im Eigenverlag herauszugeben ist absolut unüblich und unwissenschaftlich.“ (dpa)

Zweite Boosterimpfung wird empfohlen

Die Ständige Impfkommission (Stiko) spricht sich für eine zweite Corona-Auffrischimpfung für gesundheitlich besonders gefährdete und exponierte Gruppen aus. Das teilte das Expertengremium am Donnerstag mit. Für Menschen ab 70 Jahren, Menschen in Pflegeeinrichtungen, Menschen mit Immunschwäche sowie Beschäftigte in medizinischen und Pflegeeinrichtungen soll es eine zweite Boosterimpfung geben. Ein Beschlussentwurf sei zur Abstimmung an Fachkreise und Bundesländer gegangen, Änderungen seien noch möglich.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) spricht sich außerdem für den Einsatz des Corona-Impfstoffs von Novavax für Menschen ab 18 aus. Der Proteinimpfstoff solle zur Grundimmunisierung mit zwei Dosen im Abstand von mindestens drei Wochen eingesetzt werden, teilte das Expertengremium am Donnerstag mit. Ein entsprechender Beschlussentwurf sei zur Abstimmung an Fachkreise und Bundesländer gegangen, daher seien Änderungen noch möglich.(dpa)

Inzidenz steigt auf Rekordwert

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet mit 236.120 Positiv-Tests binnen 24 Stunden einen neuen Höchstwert. Das sind 32.984 Fälle mehr als am Donnerstag vor einer Woche, als 203.136 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf einen Rekordstand von 1.283,2 von 1.227,5 am Vortag. 164 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 118.334. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 10,42 Millionen Coronatests positiv aus. (rtr)

Forderungen nach Stufenplänen

Die Bundesärztekammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fordern Stufenpläne für Öffnungsschritte in der Corona-Politik. „Wenn sich das Infektionsgeschehen so entwickelt, wie von Epidemiologen prognostiziert, werden die Fallzahlen von Ende Februar an allmählich sinken“, sagt der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Bund und Länder sollten deshalb vorbereitet sein und möglichst schon jetzt Stufenpläne für Öffnungen vorbereiten, die dann hoffentlich bald umgesetzt werden können.“ Noch seien die Einschränkungen aber unumgänglich. „Deutschland hat die zweitälteste Bevölkerung in Europa und eine im Vergleich zu Dänemark und England niedrige Impfquote unter Älteren.“ Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, sagt dem RND, es sei jetzt angesichts steigender Patientenzahlen in den Krankenhäusern nicht der richtige Zeitpunkt für Lockerungen. „Aber natürlich benötigen wir für die nahe Zukunft, wenn wir die Omikron-Welle hinter uns gebracht haben, klare Perspektiven für Öffnungen.“(rtr)

Lindner gegen 2G-Regel im Einzelhandel

Finanzminister Christian Lindner spricht sich für die Abschaffung der 2G-Regel im Einzelhandel aus. Der FDP-Chef fordert bei RTL/ntv klare Öffnungsperspektiven und verweist darauf, dass die gesetzlichen Grundlagen der Corona-Maßnahmen am 19. März auslaufen. „Es geht nicht darum, dass jetzt alle Maßnahmen fallen.“ Notwendig sei eine verlässliche Planung. „Die Maßnahmen, die aber wirtschaftlichen Schaden anrichten und die Menschen in ihrer Freiheit einschränken, ohne einen wirksamen Beitrag zu leisten zur Bekämpfung des Pandemiegeschehens, solche Maßnahmen müssen entfallen. Und deshalb ist 2G im Handel nicht erforderlich, die Maske ist es schon.“ (rtr)

Omikron führt zu hohen Infektionszahlen in den USA

In den USA breitet sich die bereits seit einiger Zeit dominierende Omikron-Mutante weiter aus. Die Gesundheitsbehörden melden mindestens 352.309 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das ergibt eine Reuters-Zählung auf Basis offizieller Daten. Am Vortag waren es noch knapp 302.000 nachgewiesene Ansteckungsfälle. Insgesamt wurden seit Beginn der Pandemie 75,64 Millionen Infektionsfälle registriert. Die Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit dem Virus steigt um mindestens 3.701 auf 897.383. Die USA weisen weltweit die höchsten Infektions- und Totenzahlen auf.

Fluggesellschaften, Wirtschafts- und Reiseverbände in den USA dringen auf eine Aufhebung der Testpflicht vor internationalen Flügen für Geimpfte. „Umfragen unter Passagieren zeigen, dass Tests vor dem Abflug ein wichtiger Faktor für die Entscheidung sind, nicht ins Ausland zu reisen. Die Menschen sind einfach nicht bereit, das Risiko einzugehen, dass sie nicht mehr in die USA zurückkehren können“, schreiben der Branchenverband Airlines for America, die US-Handelskammer, die Aerospace Industries Association und die US-Travel Association an den Coronavirus-Koordinator des Präsidialamtes, Jeff Zients. Dieses lehnt eine Stellungnahme ab. (rtr)

Neuseeland lockert Einreise

Neuseeland lockert ab Ende Februar die Einreisebestimmungen. Geimpfte Neuseeländer, die sich in Australien aufhalten, können ab dem 27. Februar ohne Quarantäne in ihre Heimat zurückkehren, sagt Ministerpräsidentin Jacinda Ardern. Aus allen anderen Ländern sei die quarantänefreie Einreise für geimpfte Staatsbürger zwei Wochen später möglich. Geimpfte Rucksacktouristen, Fachkräfte und ausländische Studenten werden ab März ins Land gelassen und können sich selbst isolieren, anstatt in staatlichen Quarantäneeinrichtungen untergebracht zu werden. Touristen aus Australien ist die Einreise ab Juli gestattet, Reisenden aus dem Rest der Welt ab Oktober. (rtr)

Integrationsbeauftragte: Menschen mit Migrationshintergrund gezielt beim Impfen ansprechen

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, hat bei der Impfkampagne eine gezielte Ansprache von Menschen mit Einwanderungsgeschichte gefordert. Sie setze dabei vor allem auf aufsuchende Beratung und Aufklärung in verschiedenen Sprachen, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. „Wir müssen da jetzt wirklich große Anstrengungen setzen.“ Am vergangenen Wochenende hatte Alabali-Radovan eine Corona-Impfaktion in den Berliner Neukölln-Arkaden besucht.

Alabali-Radovan wies auf die weiter unklare Datenlage zu dem Impfverhalten von Migranten hin. „Die Studien, die bisher existieren, sind da noch nicht so aussagekräftig“, sagte sie. Sie verwies darauf, dass in Bundesländern mit niedriger Impfquote wie Brandenburg, Sachsen und Thüringen der Anteil der Menschen mit Einwanderungsgeschichte kleiner sei als etwa in Bremen, dem Land mit der höchsten Impfquote. „Da sehen wir, dass wir genauer hinschauen müssen“, sagte die SPD-Politikerin. Sie blicke daher gespannt auf die Studie zur Impfbereitschaft von Migranten, die am Donnerstagvormittag vorgestellt werden sollte. (dpa)

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