Nach Urteil gegen Aktivisten in Lille: Tierschützer verurteilen Veganer

Von Peta bis Vebu: Deutsche Tierschützer halten nichts von den militanten Aktionen radikaler Tierschützer in Frankreich.

Ein großes Stück Fleisch in einer Pariser Metzgerei

Gar nicht so ungefährlich: Ein großes Stück Fleisch in einer Pariser Metzgerei Foto: imago / PhilippeSTERC/Panoramic

BERLIN taz | Deutsche Tierschutzverbände verurteilen die Aktionen der militanten Veganerzelle aus Lille scharf. „Aktivismus ist nur legitim, wenn er legal ist. Man muss grundsätzlich zwischen den Gruppen unterscheiden, die den Tierrechtsgedanken unterstützen, und denen, die zu Mitteln der Gewalt greifen.“, sagte Christian Arleth, Rechtsanwalt bei Peta der taz.

Am Montag waren vier Anti-Speziesisten in der nordfranzösischen Stadt Lille wegen Vandalismus in 15 Fällen zu sechs und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Sie hatten Schaufenster von Metzgereien, Fischhändlern, Restaurants und Geschäfte mit Steinen beworfen, Wände mit „Mörder“-Grafittis beschmiert und Brände gelegt.

Für die Ladenbetreiber war ein Schaden in Höhe von mehreren Millionen Euro entstanden. In den vergangenen Jahren hatte es vermehrt Attacken auf fleischverarbeitende Betriebe in Frankreich gegeben. Das Urteil gilt als erstes seiner Art in Frankreich.

Wer sich nicht auf der geltende Gesetzesgrundlage bewege, habe den Grundgedanken des Tierschutzes falsch verstanden, sagte der Peta-Jurist Arleth. „Gerade der Anti-Speziesismus basiert auf Gewalt-Aversion.“, so Arleth. Peta ist die größte Tierschutzorganisation in Deutschland.

Keine Unterscheidung zwischen Menschen und Tieren

Vertreter des Anti-Speziesimus machen keine Unterscheidung zwischen Menschen und Tieren im Bezug auf deren Rechte und Freiheiten. Viele Tierschutzorganisationen basieren auf dieser ideologischen Grundlage. „Verwendet wird der Begriff zwar nicht, weil die meisten Menschen nichts damit anfangen können“, sagt Sandra Franz von Animal Rights Watch.

„Aber viele öffentliche Tierbefreiungsgruppen verwenden mit Begriffen wie der Gleichbehandlung von Mensch und Tier praktisch synonyme Ausdrücke in ihren Leitbildern.“ Aus diesem Grund lehnen Tierschutzverbände unter anderem Fleischkonsum als unmoralisch ab – der Veganismus ist für sie sozusagen die logische Konsequenz aus der Gleichstellung von Mensch und Tier, die Anti-Speziesisten fordern.

In Deutschland gab es zwar immer wieder Gruppierungen, die sich mit „unkonventionellen“ Mitteln für Tierrechte einsetzen. Beispiele sind The Save Movement, die Tiertransporter auf dem Weg zum Schlachthaus blockieren, um die Tiere mit Wasser zu versorgen, oder Anonymous for the Voiceless, die auf Bildschirmen Videos von konventioneller Massentierhaltung auf öffentlichen Plätzen zeigen und dabei auffällige Anonymous-Masken tragen.

„Die Proteste verlaufen hier meist friedlich“

„In den letzten fünf bis zehn Jahren fallen mir keine Tierrechtsgruppierungen ein, die in Deutschland militant aufgetreten wären.“, meint Sebastian Joy, Geschäftsführer der vegan-vegetarischen Ernährungsorganisation proveg. „Die Proteste verlaufen hier meist friedlich“, sagt Joy. „Das liegt vor allem daran, dass es in Deutschland bei der Verbreitung veganer und vegetarischer Alternativen schneller vorangeht als etwa in Frankreich. In der Frühphase einer solchen Bewegung heizen die Gemüter schneller auf.“

Essgewohnheiten eigneten sich zudem als emotionale Projektionsfläche, um kulinarisch-patriotischen Stolz auszudrücken, vermutet Christian Arleth. Dass ausgerechnet die französische Küche, die 2008 zum immateriellen Uneco-Weltkulturerbe ernannt wurde, zum Schauplatz dieses kleinen Kulturkampfes werde, sei also nicht verwunderlich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.