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Nach Mord an Politiker in EcuadorSchuldige schnell ermittelt

Kurz nach dem Tod des Präsidentschaftskandidaten präsentiert die Regierung Ermittlungsergebnisse. Auftraggeber könnte ein Kartell sein.

Trauferbeflaggung auf einem Protest nach der Ermordung von Villavicencio Foto: Karen Toro/reuters

Berlin/Quito taz | Schnell – ungewöhnlich schnell – präsentierte Innenminister Juan Zapata die mutmaßlichen Mörder des Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio. Kaum 24 Stunden nach dessen Tod im Norden der ecuadorianischen Hauptstadt Quito bat Zapata zur Pressekonferenz und gab bekannt, dass die Verdächtigen in einem Haus in Quito aufgespürt worden seien, in dem sie sich verschanzt hätten. Bei ihnen seien Waffen, Granaten und Maschinenpistolen gefunden worden. Details wie das Sextett aufgespürt wurde, ob sie sich ergaben oder Widerstand leisteten, gab das Innenministerium nicht bekannt.

Doch unstrittig ist die Festnahme ein Erfolg der oft ineffizienten Ermittlungsbehörden. Die tappen in anderen Fällen wie der Ermordung des Staatsanwalt Édgar Escobar im letzten September von Killern vor dem Gebäude der Staatsanwaltschaft in Guayaquil oder dem tödlichen Attentat auf den Bürgermeister von Manta, Agustín Intriag, Ende Juli im Dunkeln.

„Wir haben Defizite in der Ermittlungsarbeit, es mangelt an der Unabhängigkeit der Justiz, die auch von der Korruption unterwandert ist“, so der Dekan der juristischen Fakultät an der Päpstlichen katholischen Universität von Quito, Mario Melo. Der 57-Jährige mahnt seit Jahren zu Reformen und kritisiert auch die Verhältnisse in den 36 Haftanstalten des Landes. Die gelten Experten zufolge als Drehscheibe der Auftragstötungen. Dort werden Mordpläne geschmiedet, Aufträge erteilt, Killerkommandos losgeschickt, aber auch der Drogenschmuggel in den Norden gen USA und in den Süden nach Brasilien koordiniert.

In Ecuador ist das ein offenes Geheimnis und diese Strukturen werden begünstigt durch die Politik. Auf der einen Seite durch das Spardiktat, das die Regierungen seit 2018 über den öffentlichen Sektor verhängt haben, auf der anderen Seite durch das Kompetenzgerangel zwischen Polizei, Armee und Ermittlungsbehörden, die in den letzten Jahren zur Verschiebung von Verantwortlichkeiten an Kompetenz verloren haben.

Ecuadors Präsident Lasso bittet das FBI um Hilfe

Dafür ist auch die Bitte von Präsident Guillermo Lasso in den USA um Unterstützung bei den Ermittlungen durch das FBI ein Beleg. Nun sollen die Verantwortlichen die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen, erklärte Staatspräsident Guillermo Lasso. „Das Verbrechen wird nicht ungestraft bleiben“, kündigte der Mann an, der als beispielslos inkompetent in die Geschichtsbücher Ecuadors eingehen wird.

Diese Meinung teilt auch Melo, der eher als zurückhaltend gilt und Kritik in aller Regel dosiert verteilt. Das hat auch damit zu tun, dass die Polizei direkt nach dem Mord einen der schwerverletzten Killer nicht ins Krankenhaus brauchte, sondern in ein Büro der Staatsanwaltschaft. Für Melo ein kolossaler Fehler. Gleiches gilt für die Tatsache, dass Fernando Villavicencio trotz dreier ernstzunehmender Morddrohungen nicht besser geschützt wurde, was auch die Familie des Ermordeten anprangerte.

Bessere Schutzmaßnahmen mahnte auch die Europäische Union (EU) in einer Presseerklärung an. Wahlbeobachter – am 20. August soll die Wahl um das Präsidentenamt stattfinden – befänden sich bereits vor Ort.

Steckt das mexikanische Sinaloa-Kartell hinter dem Mord?

Vieles deutet darauf hin, dass das mexikanische Sinaloa-Kartell, welches das ecuadorianische Kartell Los Choneros dirigiert, hinter dem Mord steckt, doch auch eine konkurrierende Bande „Los Lobos“ reklamiert den brutalen Mord für sich.

Weitgehend unstrittig unter Drogenexperten wie Fernando Carrión oder dem Kolumbianer Rodrigo Uprimny ist, dass das Aufkommen der Kartelle in Ecuador auch einen Bezug zur Demobilisierung der FARC-Guerilla in Kolumbien ab 2016 hat. Durch deren Auflösung sei ein Vakuum entstanden, da die FARC auch im Nachbarland verdeckt aktiv gewesen und ein Machtfaktor gewesen sei. Spätestens ab 2018 sei dieser regulierender Faktor entfallen – und da beginnt in etwa der Aufstieg der Kartelle in Ecuador. Ein Erklärungsansatz, der durchaus plausibel ist.

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2 Kommentare

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  • Vielleicht müssen wir mehr über Strukturen und Verflechtungen, Finanzströme und Waffenlieferungen nachdenken, weil das nicht aufhört und zunehmend eskaliert.



    Die Abnehmer:inenseite in Europa ist im Drogengeschäft ganz sicher unsere Baustelle, aber die einzige?



    Im "Überwachungssektor" gibt's bestimmt Angebote zur Amtshilfe aus China, wenn Ecuador das bezahlen kann.



    Das könnte vielleicht auch anders gelöst werden.



    "Keine Region außerhalb von Kriegsgebieten ist so tödlich wie Lateinamerika. Allein in Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Venezuela wurden 2021 mehr als 100 000 Menschen gewaltsam getötet. Hinzu kommen Zehntausende Verschwundene, eine erschreckende Zahl von Frauenmorden, Erpressungen und Entführungen. Neben dieser spektakulären Sichtbarkeit der Gewalt, den unzähligen bildhaften Berichten in den Medien, den Statistiken und Infografiken und den fast romantisierten Erzählungen über..."(genau!!!)



    Quelle m.faz.net



    Ich frag mich, wie die hohe Quote an Bewaffneten zu erklären ist.



    Illegale Geschäfte mit Lateinamerika



    "Von 2009 bis 2011 hat SIG Sauer über die USA Waffen in Krisengebiete geschleust – vorbei an deutschem Recht. Tagesspiegel-Recherchen legen nun nahe: Das hat System."



    //



    interaktiv.tagessp...mit-lateinamerika/

  • Vor ein paar Tagen verdächtige in der TAZ noch explizit Rafael Correa.

    „Er hatte mehrere Anzeigen wegen Korruption im Erdölsektor, unter anderem gegen Ex-Präsident Rafael Correa eingereicht und erhielt laut seinem Wahlkampfberater vor dem Attentat mindestens drei Todesdrohungen. Die habe er den Behörden gemeldet.



    Denkbar ist demnach, dass der Journalist aus ganz anderen Motiven, als denen der organisierten Kriminalität erschossen wurde.“



    taz.de/Praesidents...5949603&s=ecuador/