Nach Kritik an Migranten-Unterbringung: US-Regierung verlegt Kinder
Die Bedingungen von eingesperrten Migrantenkindern in US-Lagern haben viele erschreckt. Nun werden sie in anderen Einrichtungen untergebracht.
In den Berichten hatte es geheißen, mehr als 300 Kinder versorgten sich in der Einrichtung gegenseitig – die älteren versuchten, sich um Kleinkinder und Säuglinge zu kümmern. Sie hätten nicht genügend Wasser, Lebensmittel und Sanitäranlagen. Teilweise konnten sie seit Tagen nicht duschen. Die Nachrichtenagentur AP berichtete am Donnerstag erstmals über die Zustände in Clint bei El Paso. Einige Kinder wurden dort seit drei Wochen festgehalten, 15 von ihnen waren an Grippe erkrankt, weitere 10 befanden sich in medizinischer Quarantäne wie Anwälte berichteten, die die Einrichtungen besuchen konnten.
Wohin alle Kinder gebracht wurden, war zunächst unklar. Laut Escobar wurden einige in eine andere Unterkunft in El Paso geschickt. Ihr zufolge gibt es in der temporären Einrichtung Ausrollmatratzen, Duschen, medizinische Versorgung und Klimaanlagen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) widersprach: Dort seien die Konditionen nicht unbedingt besser, sagte die HRW-Anwältin Clara Long. Ein Junge habe ihr erzählt, seine Familie habe in den ersten zwei Nächten keine Matratzen zum Schlafen erhalten, sagte Long. Seine Mutter habe Fieber bekommen, es habe keine Zahnbürsten gegeben und sei sehr kalt gewesen.
Grenzschutzbeamte teilten der Nachrichtenagentur AP am Montag mit, dass ihre Kurzzeiteinrichtungen nicht für schutzbedürftige Personen ausgelegt seien. Sie benötigten dringend zusätzliche Mittel, um diese humanitäre Krise zu bewältigen.
Scharfe Kritik
Abgeordnete der Demokraten und Republikaner hatten sich in der vergangenen Woche angesichts der Berichte entsetzt gezeigt. Vizepräsident Mike Pence sagte am Sonntag in der Fernsehsendung „Face the Nation“, unsichere, unhygienische Bedingungen für Kinder seien „total inakzeptabel“. Er hoffe, der Kongress werde weitere Ressourcen für die Grenzsicherung zur Verfügung stellen.
Scharfe Kritik gibt es aber nicht nur an der Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen. Die ranghöchste Demokratin Nancy Pelosi griff Präsident Donald Trump wegen geplanter Massenabschiebungen an. Damit bewege sich Trump „außerhalb des Zirkels des zivilisierten menschlichen Verhaltens“, sagte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses am Montag (Ortszeit) bei einer Veranstaltung zum Thema Einwanderung in Queens in New York. Ähnlich kritisch äußerte sich der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer.
Am Wochenende hatte Trump die Massenabschiebungen kurz vor deren für Sonntag angekündigten Beginn auf Eis gelegt. Der Kongress habe nun zwei Wochen Zeit, „die Asyl- und Schlupflochprobleme“ an der Grenze zu Mexiko zu lösen, schrieb er auf Twitter, und drohte: „Wenn nicht, fangen die Abschiebungen an!“.
Die in den Grenzeinrichtungen eingesperrten Kinder konnten HRW-Anwältin Long und andere Anwälte im Rahmen eines Abkommen aus der Ära des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton besuchen. Das sogenannte Flores-Settlement regelt die Unterbringung von Migrantenkindern und ihren Familien. Laut den Anwälten kannte der Grenzschutz den Besuchstermin drei Wochen im Voraus.
Viele der festgehaltenen Kinder kamen alleine an die Grenze zwischen den USA und Mexiko, einige wurden laut den Anwälten jedoch von ihren Eltern oder anderen Angehörigen wie Tanten und Onkels getrennt. Die staatlichen Regelungen sehen vor, dass die Kinder nicht länger als 72 Stunden in den Grenzschutzeinrichtungen untergebracht sind. Spätestens dann müssen sie in die Obhut des Gesundheitsministeriums überstellt werden, während die Behörden entscheiden, ob sie zu Verwandten oder Freunden der Familie gebracht werden können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los