Nach Korruptionsskandal bei der Fifa: Blatter will wohl irgendwann gehen
Eine Pressekonferenz hatte die Fifa angekündigt. Ganz unspektakulär. Doch ganz überraschend heißt es jetzt: Blatter gibt auf. Zum Jahresende. Oder im März 2016.
Blatter wirkte relativ gefasst, auch wenn die Tragweite dieser Entscheidung riesig ist. Kämpferisch hatte er sich noch bei seiner fünften Wiederwahl gegeben. Zuversichtlich wollte er ungeachtet der Festnahmen und Anklagen gegen hochrangige Funktionäre weitermachen. Dieser Skandal, bei dem vor allem die US-Justiz ermittelt, war nun aber doch zu viel.
„Ich habe Domenico Scala gebeten, die Einführung und Umsetzung dieser und anderer Maßnahmen zu beaufsichtigen“, erklärte Blatter – Scala ist bisher Chef der Compliance-Kommission.
„Es ist meine tiefe Sorge um die Fifa und ihrer Interessen, die mich zu dieser Entscheidung veranlasst hat“, sagte Blatter am Ende seiner Rede. „Ich möchte denen danken, die mich immer unterstützt haben in konstruktiver und loyaler Weise als Präsident der Fifa“, betonte Blatter. 1998 hatte er den Posten übernommen.
Mindestens vier Monate Vorbereitung
Sein Nachfolger als Fifa-Präsident soll voraussichtlich bei einem Sonderkongress des Weltverbands zwischen Dezember 2015 und März 2016 gewählt werden. Diesen Zeitraum nannte Scala nach Blatters Rücktrittsankündigung. Gemäß Statuten des Weltverbands seien mindestens vier Monate zur Vorbereitung eines Wahlkongresses notwendig. Der nächste reguläre Fifa-Kongress ist erst für den 12. und 13. Mai 2016 in Mexiko-Stadt vorgesehen. „Dies wurde eine unnötige Verzögerung bedeuten“, sagte Blatter.
Seine Entscheidung war ungeachtet der erneuten Zuspitzung der Ereignisse am Dienstag völlig unabsehbar. Nur wenige Medienvertreter hatten es überhaupt zu der Pressekonferenz in Zürich geschafft, nachdem sie gut eine Stunde vor dem geplanten Beginn erst angekündigt worden war. Nach einer dreiviertelstündigen Verspätung hatte Kommunikationschef Walter De Gregorio das Wort an Blatter übergeben.
10 Millionen Dollar überwiesen
Viel hatten schon damit gerechnet, dass die Zukunft von Generalsekretär Jérôme Valcke bei der Fifa gefährdet wäre. Die New York Times hatte am Dienstag berichtet, dass die US-Ermittler der Ansicht seien, Valcke sei „der hochrangige Fifa-Offizielle“, der 2008 zehn Millionen Dollar von einem Fifa-Konto in der Schweiz auf ein US-Konto überwiesen habe.
Das Geld landete auf Konten, die vom früheren Fifa-Vizepräsidenten und CONCACAF-Chef Jack Warner kontrolliert worden sein sollen. Warner wird organisierte Kriminalität, Korruption und Geldwäsche vorgeworfen. Der Funktionär war in seinem Heimatland Trinidad und Tobago in der vorigen Woche nach einem Gerichtstermin gegen eine Kaution von 2,5 Millionen Dollar auf freien Fuß gesetzt worden. Das US-Justizministerium hat seine Auslieferung beantragt.
Laut der New York Times sei in der Anklage der US-Justiz allerdings nicht die Rede davon, dass der Offizielle gewusst habe, dass das Geld für Bestechung verwendet worden sei, hieß es weiter. Valcke sei auch nicht als Mitbeschuldigter genannt. Weder Valcke noch andere aktuelle Mitglieder der Fifa-Führung seien „an der Initiierung, der Bewilligung und Ausführung“ beteiligt gewesen, teilte die Fifa mit.
Südafrika weist Bestechung zurück
Südafrika hatte im Zusammenhang mit der Zahlung Bestechungsvorwürfe rund um die Vergabe der WM 2010 vehement zurückgewiesen. Die Fifa erklärte zudem, die Überweisung der zehn Millionen Dollar sei vom damaligen Vorsitzenden des Finanzkomitees, des mittlerweile gestorbenen Argentiniers Julio Grondona, genehmigt und gemäß der eigenen Regularien vorgenommen worden. Dass Valcke von dem Vorgang gewusst habe, sei ein normaler Vorgang, erklärte ein Fifa-Sprecher.
Die Zahlung von zehn Millionen Dollar sei von der Regierung Südafrikas und vom südafrikanischen Fußball-Verband genehmigt worden, um ein Projekt für die Unterstützung der afrikanischen Diaspora in der Karibik zu finanzieren, hieß es in einer Mitteilung.
Unabhängig von neuen Enthüllungen oder Dementis: Das öffentliche Bild der Fifa bleibt verheerend. 88 Prozent der Deutschen halten Korruption im Weltverband für „wahrscheinlich“. 81 Prozent davon sind überzeugt, dass Fifa-Präsident Joseph Blatter persönlich verwickelt ist oder war.
Das ist das Ergebnis einer yougov-Umfrage unter 1.006 Teilnehmern, die von Freitag bis Sonntag durchgeführt wurde. Nun hat Blatter den Weg für eine neue Zukunft der Fifa freigemacht.
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