Nach Italien und wieder zurück: Die Odyssee des Momodou Ba
Momodou Ba kam vor fünf Jahren nach Bremen, ist verlobt und gesundheitlich angeschlagen. Gegen seine Abschiebung wehrt er sich, so gut er kann.
Von dort hatte er sich zurück auf den Weg nach Bremen gemacht. Die Gründe sind nachvollziehbar: Momodou Ba kam schon vor fünf Jahren als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Bremen, hier ist er verlobt. Die Vorbereitungen zur Hochzeit liefen bereits, sagt der Aktivist Antoine von Twab, der seinen Nachnamen nicht nennen will. Trotz Verlobung werden die Behörden die Abschiebung aber nicht stoppen, meint Bas Anwältin Dominique Köstens, da es noch keinen Termin beim Standesamt gibt. Sie hat wenig Hoffnung für ihren Mandanten.
Für Ba gibt es keinen Weg heraus aus dem illegalen Aufenthalt, wie seine Geschichte zeigt. Im Mai, nach seiner Rückkehr aus der Abschiebung, wurde er in der Bremer Bahnhofvorstadt von der Polizei kontrolliert. Ebenso wie beim ersten Mal sei eine anlasslose rassistische Polizeikontrolle der Anlass für die Abschiebung gewesen, sagt Twab-Mitglied Antoine. Bei der Kontrolle konnte Ba sich nicht ausweisen. Damit lief beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein neues Verfahren an, um ihn wieder nach Italien abzuschieben.
Ba wurde verhaftet. Die Fristen für die Inhaftierung während eines Wiederaufnahmeverfahrens sind jedoch laut Dublin-Verordnung begrenzt, denn die deutsche Behörde muss Italien erst einmal um Wiederaufnahme bitten. Solange liegt kein Vollstreckungsbescheid vor. Ba wurde deshalb nach einem Tag wieder freigelassen.
Momodou Ba
Unglücklich war, dass Mitte Juli erneut das Fehlen seiner Papiere festgestellt wurde. Nachbarn riefen die Feuerwehr, weil es in der Wohnung, in der Ba sich zu dem Zeitpunkt aufhielt, einen Rauchalarm gab. So berichten es die Twab-AktivistInnen. Diesmal konnten die Beamten ihn festnehmen, da ein Abschiebebescheid vorlag. Seitdem ist er wieder im Abschiebegefängnis in der Vahr gelandet, von wo aus im Frühjahr auch seine erste Zwangsausreise vollzogen wurde.
Die AktivistInnen versuchen jetzt trotz schlechter Aussichten weiterhin, Ba aus der Abschiebehaft zu befreien. Ihr Bündnis von Menschen deutscher und nicht-deutscher Staatsbürgerschaft, dessen Mitglied Ba war, kämpfte im Frühjahr dieses Jahres erfolglos mit anderen solidarischen Gruppen gegen die Abschiebung von Momodou Ba und Godstime O. (die taz berichtete).
Am vergangenen Donnerstag wendeten sie sich mit einem Hilfegesuch an die Öffentlichkeit. In einem Schreiben von Ba, das die AktivistInnen auf ihrem Twitter-Account verbreiteten, berichtete der Mann von schmerzenden Knoten auf der Haut. Er müsse sich übergeben und habe Fieber.
Mittlerweile gehe es ihm zwar ein wenig besser, berichtete Momodou Ba der taz am Dienstag aus der Haft. Er wurde seit seiner Inhaftierung zweimal ins Krankenhaus gebracht, seitdem bekommt er Schmerzmittel. Die Knoten seien allerdings nicht verschwunden, so Ba, nachts könne er deshalb nicht schlafen. Eigentlich müssten seine Knoten ambulant operiert werden, das steht laut dem Betroffenen, Antoine von Twab und der Anwältin im zweiten Arztbrief.
Die Berichte vom Arzt bekam Ba jedoch erst am Montag zu Gesicht, nachdem sich die AktivistInnen über soziale Medien hilfesuchend an die Öffentlichkeit gewandt hatten. „Dass das Zufall war, halte ich für relativ unwahrscheinlich“, sagt seine Anwältin Dominique Köstens. „Es ist eher der öffentliche Druck gewesen.“ Die Briefe hätten nach ihrer Auffassung viel früher herausgegeben werden können. Sie habe im Vorfeld bei der Polizei mehrfach auf die Herausgabe der Arztbriefe gedrängt.
Die Polizei äußerte sich auf Anfrage der taz dazu nicht. Man werde sich aus datenschutzrechtlichen Gründen zu Details nicht äußern. Auch bei der Innenbehörde heißt es, man dürfe zu medizinischen Daten keine Auskunft geben.
Der Arztbrief wird Momodou Ba aber nicht helfen, wenn er nicht operiert und stattdessen abgeschoben wird. „Wie soll ich in Italien damit klarkommen, wenn ich wieder auf der Straße bin?“, sagt Ba im Gespräch mit der taz. Wenn er nach der Abschiebung in Italien ankomme, würden ihm ein paar Papiere gegeben, dann werde er in die Obdachlosigkeit entlassen.
Der junge Mann weiß, wovon er spricht: In Italien ist die Situation für Geflüchtete schwierig, Betroffene berichten von menschenunwürdigen Zuständen in überfüllten Flüchtlingsunterkünften. Die Abschiebung sei deshalb abstrus, sagt Antoine von Twab: „Er wird sowieso wiederkommen.“
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