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Nabu-Chefin über Tesla-Autofabrik„Vorsorgeprinzip auch für Tesla“

Stoppen kann sie Tesla wohl nicht mehr. Christiane Schröder vom Nabu kritisiert, dass nun weitere 82 Hektar Kiefern für den Autobauer fallen sollen.

Im brandenburgischen Grünheide entsteht die Tesla Gigafactory Foto: Jochen Eckel/imago
Kai Schöneberg
Interview von Kai Schöneberg

taz: Frau Schröder, Tesla-Chef Elon Musk wird in Berlin vom Springer-Verlag geehrt, Gesundheitsminister Jens Spahn hält die Laudatio. Musk erzählt, er wolle sich auf dem Mars beerdigen lassen – und Sie haben nun mit der Grünen Liga Widerspruch beim Landesumweltamt gegen neue Rodungsarbeiten für die Fabrik im brandenburgischen Grünheide eingelegt. Ganz schön mutig …

Christiane Schröder: Wieso? Als Naturschützer muss man mutig sein.

Ein Teil der gut 1 Milliarde Euro teuren Tesla-Fabrik steht schon, bereits Mitte 2021 sollen dort die ersten Autos vom Band laufen. Wollen Sie das Projekt mit 12.000 Jobs verhindern?

Marion Ebersbach
Im Interview: Christiane Schröder

ist seit 2015 Geschäftsführerin des Nabu, Landesverband Brandenburg. Zuvor hat die Biologin unter anderem das „Wolf-Akzeptanz“-Projekt geleitet.

Das liegt wohl nicht in unserer Macht. Aber wir haben ernste Bedenken, ob dort Arten- und Naturschutz ordnungsgemäß berücksichtigt werden. Wir hatten im Vorfeld der sechsten vorzeitigen Zulassung noch mal Stellung genommen und das Landesamt aufgefordert zu prüfen, ob die Dringlichkeit da ist, weitere 82 Hektar Wald abzuholzen. Oder ob man nicht noch abwarten könnte, bis Planungssicherheit da ist.

Tesla baut, aber es gibt noch keine abschließende Genehmigung. Nun sollen auf dem Gelände „Flächen für Rohrleitungen und Lagerung ermöglicht“ werden. Was haben Sie dagegen?

Da sind schon riesige Flächen, etwa 90 Hektar, abgeholzt. Warum braucht man jetzt für Lagerung noch mehr Platz? Warum ist das nicht woanders möglich, warum muss da weiterer Wald fallen? Wir fragen uns, ob die Dringlichkeit da ist. Bei den Summen, die bereits verbaut sind, ist es ohnehin zweifelhaft, ob eine Behörde objektiv bewertet.

Ist der Wald, in dem die Tesla-Fabriken gebaut werden, denn so wertvoll?

Jein. Es geht um einen wirtschaftlich genutzten Kiefernforst. Aber hier sind Zauneidechsen, Glattnattern, Waldameisen und Brutvogelarten gefunden worden. Es spielt für Specht, Fledermäuse & Co schon eine Rolle, ob der Wald bleibt oder nicht. Wir fürchten, dass da vorsorglich Fläche platt gemacht wird, anstatt sparsam damit umzugehen. Das Vorsorgeprinzip sollte auch und gerade für Tesla gelten. Bei jedem anderen Bauvorhaben werden Reptilien erst zwei Jahre lang gemonitort und abgefangen, nun passiert das alles in einem halben Jahr. Angeblich ohne signifikanten Einfluss auf die Tiere. Da kann man schon Zweifel bekommen.

Die Geschwindigkeit, mit der alles vonstatten geht, ist ja für die Befürworter des Projekts sein großes Plus.

Die Behörden können schon vieles beschleunigen, wenn sie genug Ressourcen nutzen. Aber im Moment haben wir nicht den Eindruck, dass alles gut abgearbeitet wird.

Angeblich benötigt die Tesla-Fertigung auch so viel Wasser wie eine Stadt mit 35.000 Einwohnern.

Der Wasserbedarf an sich ist dabei nicht das einzige Problem. Es geht um eine riesige Fabrik, in der diverse Schadstoffe verarbeitet werden und die nah an der Spree liegt. Berlin bezieht sein Trinkwasser im Wesentlichen aus Uferfiltrat der Spree. Bei einer Havarie könnte es gefährlich werden.

Gibt es viel Kritik an Ihrem Engagement gegen Tesla?

Oh ja. Ich werde von den Naturschützern angefeindet, dass ich Tesla noch nicht aufgehalten habe, und von den Befürwortern, dass ich denen Steine in den Weg lege. Aber beim Thema Wolf ist dies noch schlimmer.

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10 Kommentare

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  • Es geht hier nicht um ideologische Grabenkämpfe zwischen Naturschützern und Klimaschützern sondern um das Recht. Es gibt ein Bundesnaturschutzgesetz, welches u.a. den Schutz streng geschützter Arten wie der Schlingnatter und der Zauneidechse fordert. Vielleicht hat es ja der letzte noch nicht verstanden, aber unsere Artenvielfalt sichert uns, genau wie der Schutz unseres Klimas den Erhalt unserer Lebenswelt. Die Frage bleibt also, ob für eine grün angestrichene Firma wie Tesla gegen geltendes Recht verstoßen werden darf. Da sollte man doch mal den Nachweis erbringen, ob uns Elektroautos letztendlich den Hintern retten können, oder ob sie ein weiterer Sargnagel für unsere Zukunft darstellen. Und mal kurz für diejenigen angemerkt, dass forstlich genutzte Kiefernwälder ja nicht wichtig seien. Wir haben längst viele unserer geschützten Arten in Sekundärhabitate abgedrängt, die nichts mit romantischen Vorstellungen ökologischer Wertigkeit mehr zu tun haben (was natürlich nicht heißt, dass wir nicht auch "echte" Wälder schützen müssen). Fazit: Der Ökologe verzweifelt am fehlenden ökologischen Wissen der "breiten Masse". Vorschlag zur Lösung: Sich einfach mal mit dem Thema beschäftigen; das wird nämlich künftig der "neue heiße Scheiß".

    • @Axel Donning:

      Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Besonders Ihre letzten beiden Aussagen treffen es sehr gut.

      Die meisten Bürger verstehen die Ökologie und die Ziele eines fachlichen Naturschutzes überhaupt nicht. Da ist einerseits in der Schule etwas versäumt worden und andererseits ist Naturschutz und Ökologie eine komplexe Angelegenheit, die sich nicht so pauschal und schnellerklären lässt.

      Es deutet sich immer mehr an, dass das sogenannte Artensterben immer mehr ins Rollen kommt und uns massiv treffen wird.

      Da nützen dann aber Lockdown, Mundschutz und Impfungen nichts mehr.

  • Behördlich geduldeter Schwarzbau :(

  • Man merkt das kein Sachverstand bzgl. Automobilbau Frau Schröder vorliegt. Der Wasserverbrauch bei Fabriken hat sich drastisch reduziert durch Kreislaufsysteme. Eine Haverie mit nachhaltiger großmengiger Grundwassereintragung ist bautechnisch praktisch nicht möglich. Insbesondere welche Stoffe? Flächen am Werk werden wegen Lieferanten und Abstellflächen benötigt.



    Und der Forst? Wenn das die selben Kieferflächen sind die ich aus dem Umland Berlins kenne, hat das nichts mit Wald zu tun.



    Aber hey, wir haben’s ja... Oder schaft sich Deutschland ab?

    • @Andi S:

      Momentan sieht es so aus, dass die Lebensgrundlage durch Klimaerhitzung und Massensterben von Tieren bedroht ist. Wenn es so weitergeht, Wachstum, Zerstörung, CO2-Emissionen ... wird wohl von Deutschland nicht mehr groß die Rede sein ...



      Warum neue Autos, Fabriken ... bauen? Warum nicht ÖPNV ausbauen? Und wo Sie den Forst kritisieren - warum nicht den Forst in Wald umwandeln ...

    • @Andi S:

      "Wenn das die selben Kieferflächen sind die ich aus dem Umland Berlins kenne, hat das nichts mit Wald zu tun." und deshalb sollte man diese fällen und gegen Lieferantenstellplätze und Lagerflächen eintauschen?



      Nein, Wir schaffen uns nicht ab, sondern können gerade mit Kreislaufwirtschaftssystemen ökologisch hochwertigere Werke errichten als die "auf den Mars"-fliegenden Amerikaner.



      "Eine Haverie mit nachhaltiger großmengiger Grundwassereintragung ist bautechnisch praktisch nicht möglich. " Nur komisch, dass diese Art von Fabriken in anderen Wasserschutzgebieten nicht zugelassen werden. Nur in Brandenburg wegen der erhofften Steuereinnahmen und Arbeitsplätze. Das wird aber sicherlich genauso ausgehen wie bei Amazon. denn welchen Milliardär aus Amerika interessiert den schon unsere Vorstellung von Umweltschutz, unsere "soziale" Marktwirtschaft oder unser Steuersystem.

  • Was ich bei dem hohen Wasserbedarf nicht versteh ist, das anscheinend niemand (auch die Umweltverbände nicht) fordern, dass dieses hightec Werk auf Trinkwasser verzichtet und aufgefordert wird sich beim Abwasser zu bedienen. Das wäre sicher teurer aber es gibt so viel Aufbereitungstechnik (Filterung, Umkehrosmose etc) dass das auf jeden Fall möglich wäre. Auch die Aufbereitung des eigenen Produktionswassers und die Wiederverwendung könnte mensch doch in die Zulassung schreiben. Die Kerle fliegen ins All und bald zum Mars und können so etwas nicht bewerkstelligen? Das kann ich nicht glauben!

  • ach ja, noch was.

    Vielen Dank Frau Schröder für Ihren Einsatz zur Sicherung des Trinkwasserschutzes der Berliner. Die Verwaltung denkt wohl immer noch, das Wasser aus dem Wasserhahn kommt, so wie das früher mit dem Strom aus der Steckdose auch mal war.

    Also nochmal - herzlichen Dank für Ihre "enkelgerechte" Arbeit.

  • Welch ein Armutszeugnis für Elon Musk und seine Projekttruppe, wenn seine Projektleiter nicht mal just in Time logistic für ein paar Rohre ermöglichen können, sondern höchst wertvolle Waldgebiete dafür vernichten; echt old school. Da ist nur wenig Unterschied zu Bolsonaro zu erkennen. Nur gut, dass der Wald nicht in Südamerikanischer Tradition abgebrannt wird.



    Ist eben nicht alles gut was glänzt. Ähnlich wie beim Spaltmass seine Stromgefährten - auch old school - kommt nicht an unsere Maschienenbauqualität ran.



    Etwas mutig muß der normaldenkende Bürger auch bereits in unserem Land sein. Auch wenn es noch nicht um Leben und Tod geht, wie in Südamerika. Bei uns wird das Wort noch mit Euros bezahlt, ohne Waffengebrauch.

  • Whatsabout order nicht whatsabout.

    Aber wo sind die Baumhäuser und Aktivisten? Eignen sich Kiefern nicht?



    Dabei ging und geht es um deutlich mehr Hektar Wald, inkl. dass nicht alle Genehmigungen vorliegen als im Danno.