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Mutmaßlicher Spion verhaftetDen Falschen den Rücken gestärkt

Gilda Sahebi
Kommentar von Gilda Sahebi

Die iranische Führung herrscht mit Gewalt. Der jüngste Krieg hat das noch verschärft. Die Demokratisierung, nicht Bomben, gilt es zu unterstützen.

Gemeinsam gegen die Islamische Republik: iranische Flaggen mit dem Löwen aus der Zeit des Schahs und israelische Foto: Boris Roessler/dpa

D ie Islamische Republik hat in den vergangenen 46 Jahren oft genug bewiesen, dass es ihr ein Leichtes ist, Verbrechen zu begehen. In den Jahren nach ihrer Gründung im Jahr 1979 richtete sie mehr als 20.000 Menschen hin, die meisten von ihnen jung, oft erst 14 oder 15 Jahre alt. Sie vergeht sich an der eigenen Bevölkerung, sie finanziert Hass, im Ausland wie im Inland. Die Herrschaft des iranischen Regimes beruht auf nichts anderem als auf Gewalt.

Und so ist es keine Überraschung, dass nun ein Mann aus Dänemark festgenommen wurde, der in Berlin jüdische und israelische Anschlagsziele ausgespäht haben soll – mutmaßlich im Auftrag des iranischen Regimes. Und das kurz nachdem sich US-Präsident Donald Trump und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gebrüstet haben, den Machthabern in Teheran einen vernichtenden Schlag zugefügt zu haben.

Bundeskanzler Friedrich Merz und sein Außenminister Johann Wadephul lobten die Angriffe ihrer Verbündeten in Iran. Die Bomben auf Teheran seien gut und richtig gewesen. Um es mit Harry G. Frankfurt zu sagen: Was für ein Bullshit. Den Menschen im Iran geht es nach dem Krieg noch schlechter als zuvor, das Regime verhaftet Hunderte Ira­ne­r:in­nen willkürlich und richtet sie reihenweise hin. Die Machthaber brüsten sich weiterhin, Israel auslöschen zu wollen: Jetzt erst recht.

Deutschland, die EU, der Westen hatten in den vergangenen Jahrzehnten wirklich genug Gelegenheiten, eine Demokratisierung im Iran zu fördern, hätten sie die nie untergehenden Freiheitsbewegungen, von den Frauenprotesten im Jahr 1979 bis zu den Frau, Leben, Freiheit-Protesten im Jahr 2022 unterstützt. Das haben sie nicht getan. Stattdessen unterhielt gerade die Bundesregierung enge Beziehungen zum Regime, machte Geschäfte, ignorierte Menschenrechtsverletzungen.

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Hass und Ideologie lassen sich nicht wegbomben. Nur wer Menschen und ihre Würde in das Zentrum von Politik stellt, wird Gewalt verhindern können. Solange dieses Regime existiert, wird es Gewalt ausüben.

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Gilda Sahebi
Ausgebildet als Ärztin und Politikwissenschaftlerin, dann den Weg in den Journalismus gefunden. Beschäftigt sich mit Rassismus, Antisemitismus, Medizin und Wissenschaft, Naher Osten.
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6 Kommentare

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  • Die Intention, scheint mir, wird schon wieder vergessen. In der heutigen Welt bombt man(also Faschisten, die demokratisch gewählt wurden) offensichtlich Böse(also moralisch vom Westen längst abgehandelte Diktaturen, mit denen man Wirtschaft treibt, aber bitte unter dem Radar) sporadisch, um von der eigenen Unmenschlichkeit abzulenken. Dann stimmt der Chor mit ein und alle dürfen sich mal gut fühlen, während eigentlich business as usual passiert und man sich auch eigentlich gar nicht mit den Bösen anlegen will, weil wäre ja Einmischung in Souveränität anderer Länder.

    Wer sich zurücklehnt und das distanziert betrachtet und analysiert kann eigentlich nur bulimisch werden - ohne Absicht.

  • "Deutschland, die EU, der Westen hatten in den vergangenen Jahrzehnten genug Gelegenheiten, eine Demokratisierung im Iran zu fördern, hätten sie die Freiheitsbewegungen, von den Frauenprotesten im Jahr 1979 bis zu den Frau, Leben, Freiheit-Protesten im Jahr 2022 unterstützt. Das haben sie nicht getan."

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    Sie haben sogar das Gegenteil getan.

    Da fallen einem natürlich sofort Baerbocks Sätze im Bundestag ein, die Gewalt der islamischen Sittenwächter im Iran habe „nichts, aber auch gar nichts mit Religion zu tun“. Exakt zu den "Frau, Leben, Freiheit-Protesten" im Jahr 2022.

    Wie kann man den Kampf der Frauen wirkungsvoller unterminieren?

    EMMA: " . . . verkünden islamische Theologen mit dem Verweis auf religiöse Texte, dass die Unterordnungen von Frauen ein „göttliches Gesetz“ darstelle und dass die Frauen Haupt und Körper blickdicht verhüllen müssten."

    www.emma.de/artike...gion-zu-tun-339811

    Sie haben natürlich Recht, Frau Sahebi, doch ich befürchte gegen die Mauer von 200.000 Revolutionären Garden und einer Million Mullah-Milizen kommen die Frauen nicht an.

    Ich würde eher auf Israel setzen. Das hat in Syrien funktioniert.

    • @shantivanille:

      Ein Artikel, der Sie in dem Zusammenhang interessieren könnte, Frau Sahebi, klar und kompetent:

      "Europa fehlt bei seiner Iran-Politik der Kompass"

      www.juedische-allg...litik-der-kompass/

  • Das sehe ich genauso. Spätestens im „Kampf gegen den Terror“ sollte man gelernt haben, das man Ideologien nicht wegbombadieren kann und es oft sogar zu mehr Radikalisierung und mehr Terror führt. Eine wirklich dauerhafte Veränderung kann nur durch die Iraner selbst erfolgen. Statt wie so oft über sie zu entscheiden, was das beste für sie ist, sollte man anfangen zu fragen: wie können wir euch unterstützen um eine Veränderung nach euren Wünschen zu erreichen. Dazu muss man aber auch mal die eigene Arroganz ablegen zu denken man wüsste besser als die Menschen vor Ort was gut ist und sich von der Vorstellung verabschieden, das die westliche Lebensart der Goldstandard für alle ist.



    Naja und was Deutschland und seine wirtschaftliche Interessen angeht, so wurden dafür schon immer Menschenrechte und die viel zitierten Werte vergessen, das gilt auch für so ziemlich die gesamte sog, westliche Wertegemeinschaft. Meines Erachtens sind Werte nur nix wert wenn man sie nur selektiv anwendet und zeigen dann nur, das der Wert einiger Menschen als weniger erachtet wird als der von anderen.

  • Es würde mich freuen zu hören wie sich die Autorin konkret die Förderung der Demokratisierung vorstellt. Iran dürfte nach Russland und Nordkorea bereits das meistsanktionierte Land sein www.consilium.euro...ions-against-iran/, Protestnoten von Botschaftern interessieren das Regime einen feuchten Kehrricht und Finanzierung von Oppositionsgruppen birgt die sehr konkrete Gefahr die Aktivisti an den Strang zu bringen. Ich wünsche dem iranischen Volk die Kraft und Resilienz sich von dem Regime zu befreien und würde mich wirklich freuen zu hören welche Unterstützung ihnen dabei geboten werden könnte.

  • Alles richtig. Aber gerade eine reine Gewaltherrschaft wird geschwächt, wenn ihr die Gewaltmittel nimmt.