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Müll beim MarathonBitte mehr Plastikbecher-Scham!

Wäre Mehrweg ein Rezept gegen die Müll-Lawine beim Berlin Marathon? Die Meinungen gehen da auseinander.

MarathonläuferInnern hinterlassen so manchen Haufen an der Strecke Foto: imago images / Stefan Zeitz

Platsch, platsch, knirsch, knirsch – so ungefähr, nur vielhundertfach multipliziert, klingt es auf dem Berlin Marathon, immer hinter den Versorgungs- und Erfrischungspunkten, wo neben mundgerechten Obststückchen auch Wasser in großen transparenten Plastikbechern ausgegeben wird. Das Wasser kommt in den Kopf, der Becher neben oder auf die Strecke. Am Ende kehrt Alba – also die EntsorgerInnen, nicht die Basketballprofis – alles auf.

Bei rund 50.000 TeilnehmerInnen und 15 Becherausgaben kommt da so einiges an Plastikmüll zusammen. „Zehnmal habe ich etwas getrunken, das ist auch bei Regenwetter notwendig“, sagt Ludger Leichtfuß*, ein der Redaktion bekannter Marathonit, der auch an diesem Sonntag gut ins Ziel kam. Wenn wir ihn einfach mal als Durchschnitt betrachten, summiert sich das von den LäuferInnen produzierte Becheraufkommen auf eine halbe Million. Puh!

In klimaschützerischen Zeiten bereitet so eine Mülllawine manchem Bauchschmerzen, zumal im Zusammenhang mit einer Sportart, deren ökologischer Sportschuhabdruck sonst recht flach ist. Weder von Alba noch vom Veranstalter des Marathons, dem SCC Berlin, war gestern eine Auskunft zu bekommen (was entschuldigt sei, die Nachsorge eines solchen Events ist ja kaum weniger aufwändig als die Vorbereitung). Im Netz finden sich jedoch Zahlen von einem 30 bis 50 Tonnen schweren Müllberg, der Jahr für Jahr an den Straßenrändern aus Bechern und allem Möglichen anderen zusammengeschoben wird.

Immerhin: Diesmal durften die LäuferInnen vor dem Start ein Filmchen ansehen, das eine neue Ära einläutete: Die Becher bestünden nun aus Recyclingmaterial und sollten ausgetrunkenerweise bitte in Container an der Strecke geworfen werden – damit sie sortenrein wiederverwertet werden könnten und nicht in der Müllverbrennung landen müssten.

Ludger Leichtfuß, auch sonst ein großer Nachhaltigkeitsfan, freut sich darüber, gibt aber auch zu bedenken: „Bei Kilometer 35 habe ich ein paar andere Sorgen, als den nächsten Container zu orten.“ Von der Mehrweg-Option rät er übrigens kategorisch ab: „Wenn auf dem nassen Asphalt auch noch starre Becher herumrollen würden – das ginge nicht gut.“

Dass an der Versorgungsstation bei Kilometer 38 tatsächlich von einem großen Sportartikelhersteller gesponserte Mehrwegbecher ausgegeben wurden, hat er wohl – was ihm auch nicht vorzuwerfen ist – übersehen. Diese Becher sollten in spezielle Boxen geworfen werden, Motto: „It’s Time to Give Back!“ Vielleicht dauert es nur noch ein paar Jahre, dann ist Marathonlaufen genauso umweltverträglich wie Zuhausebleiben.

*Name geändert

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8 Kommentare

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  • Ludger Leichtfuß*? Ludger Leichtfuß*Inn!

  • Im Verhältnis zu ca. 2,8 Milliarden Coffe-to-go-Bechern deutschlandweit pro Jahr lässt sich damit die (Um-)Welt nicht retten...

    • @Cerberus:

      Procrastination fallacy No 379: "Ich warte, bis der andere angefangen hat"

  • Plastikbecher sind auch nur Erdöl. Thermisch wiederverwenden und gut is

    • @DiMa:

      Sie müssen ein Avatar der Werbeabteilung von Tetra-Pak [1] damals ende 1990er sein. Die haben damals die "waste watchers" und das "thermische Recycling" in Umlauf gebracht.

      Pro Tip 1: Diese Memes sind Zombies. Lassen Sie sie bitte in Frieden ruhen.

      Pro Tip 2: Erdöl [2] verbrennen ist Erdöl verbrennen, egal ob auf dem Weg jemand einmal daraus Kaffee getrunken hat. Das ist es, was wir gerade versuchen zu vermeiden.

      [1] die leben davon, dass möglichst viele Verpackungen möglichst kurz leben



      [2] oder sonstige fossile Kohle

      • @tomás zerolo:

        Nur solange wie wir noch Erdöl verbrennen (und das mache ich beispielsweise in meinem Haus im Winter tagtäglich) ist es gehupft wie gesprungen, ob wir dem Ganzen vorher noch die Form eines Trinkbechers geben.

        Gerade beim Marathon sind Pappverpackungen halt nicht gangbar, da die Getränke teilweise sehr lange dort stehen, bis sich dem der eine Läufier annimmt. Im übrigen würden die Nachfolgenden dann gerade im Regen über einen sehr rutschigen Pappmaschemix laufen.

        Und da der Export von Plasitik mangels entsprechender Abnehmer immer weiter zurück gehen wird, werden wir so oder so die eine oder andere Verbrennungsanlage mehr brauchen. Im Zweifel wirds bei der Zementherstellung verarbeitet werden.

        • @DiMa:

          Sie haben anscheinend keine Ahnung davon, wieviel Kollateralschaden Erdöl auf dem Weg zum Plastikbecher so zurücklässt.

          • @tomás zerolo:

            So what. Angesichts fehlender praktikabler Alternativen (einen Vorschlag haben Sie nicht gemacht) und angesichts der verhältnismäßig geringen Gesamtzahl ist das doch eher mimimi.

            Übrigens, ich lasse immer einen Drittel des Getränks im Becher damit man diesen möglichst weit weg von der Laufstrecke wegwerfen kann und möglichst die dafür aufgestellten Behälter trifft. Andernfalls fliegen die leeren Becher nur nen halben Meter und jeder Zielversuch wäre vergeblich. Wollen wir uns jetzt dann auch noch über die Wasserverschwendung streiten? Ca. ein Dittel der Plastikflaschen sind damit ja dann ja auch überflüssig. Auch von den eigens dafür importierten Bananen dürfte ein großer Teil auf der Straße landen.