Möglicher Gentechnik-Kompromiss: Können, sollen, müssen
Wenn die Mehrheit der Länder es fordert, soll oder kann der Bund den Anbau von Gentech-Pflanzen verbieten. Viel zu unverbindlich, finden Kritiker.
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Hintergrund ist eine EU-Richtlinie vom vergangenen Jahr, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, auf ihrem Gebiet unter bestimmten Voraussetzungen den Anbau einzelner Gentechnikpflanzen zu verbieten. Die Bundesregierung konnte sich bisher nicht einigen, ob ein solches Anbauverbot in Deutschland bundesweit gelten sollte – so will es SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks – oder nur auf dem Gebiet einzelner Bundesländer – so der Wunsch von CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt. Auch der Bundesrat hatte sich in einem Gesetzentwurf für bundesweite Verbote ausgesprochen.
Nun jedoch kommen die Länder dem Bundeslandwirtschaftsminister entgegen: Zusammen mit Schmidts Ministerium haben die Agrarminister aus mehreren Ländern ohne Beteiligung des Bundesumweltministeriums Eckpunkte für einen Kompromiss ausgearbeitet, der bei der Agrarministerkonferenz am Donnerstag und Freitag diskutiert und möglicherweise verabschiedet werden soll. Darin schlagen sie vor, dass der Bund ein bundesweites Anbauverbot erlässt, wenn eine Mehrheit der Bundesländer dies fordert. Allerdings ist offen, wie verbindlich die Länder-Forderung wäre. Im Eckpunktepapier, das der taz vorliegt, gibt es noch keine Einigung, ob der Bund ein solches Verbot nach einem entsprechenden Ländervotum erlassen „kann“ oder „soll“.
Das stößt bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft auf scharfe Kritik. Das Votum der Bundesländer sei „wertlos, wenn der Bund dem nicht folgen muss“, schreibt Geschäftsführer Georg Janßen in einer Stellungnahme. Karl Bär vom Umweltinstitut München findet die Formulierungen ebenfalls zu lasch. „Ich hätte da lieber ein ‚muss‘ stehen“, sagte er der taz. Zudem müsse auch der Gentechnik-Anbau zu Forschungszwecken verboten werden; dieser soll laut Kompromisspapier möglich bleiben.
Auch Harald Ebner, Gentechnik-Experte der Grünen-Bundestagsfraktion, begrüßt zwar, „dass Bewegung in die Sache kommt“, sieht im Eckpunktepapier aber „noch zu viele Hintertürchen“, die im Gesetzgebungsprozess ausgeräumt werden müssen.
Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) verteidigt die Pläne hingegen. „Wir wollen weiterhin ein striktes bundesweites Verbot und keinen Flickenteppich“, sagte er der taz. Das sei bisher am Bundeslandwirtschaftsminister gescheitert, doch durch den Kompromiss komme man dem Ziel näher. Die Formulierung, dass der Bund tätig werden „kann“, findet aber auch Meyer zu schwach. „Wir plädieren klar für ‚soll‘“, sagte er. „Hier muss sich das Bundeslandwirtschaftsministerium bewegen.“
Ähnlich argumentiert Ulrike Höfken, Grünen-Landwirtschaftministerin in Rheinland-Pfalz: „Die Länder erwarten, dass der Bund auf Grundlage dieses Eckpunktepapiers nun einen Gesetzentwurf zur nationalen Umsetzung der Opt-out-Richtlinie auf den Weg bringt.“
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