Mit Mandarinen jonglieren: Erfolgreich wie die FDP
Man kann mit Christian Lindner auch mal Mitleid haben, findet unser Autor. Schließlich macht er doch alles richtig in seinem Nebenjob.
A ls wir noch mit der Generation Z zusammenlebten, überlebten wir nur mit fiesen Tricks. Zum Beispiel: Wenn das Geschrei alles übertönt und nichts mehr geht, plötzlich mit Mandarinen zu jonglieren: paradoxe Intervention.
Deshalb verstehe ich auch Christian Lindner so gut. Der FDP-Chef, im Nebenjob als Bundesfinanzminister tätig, beschwert sich, seine Partei „leidet im besonderen Maße darunter, dass wir einer sehr unbeliebten Koalition angehören.“ Da kann man schon mal Mitleid haben.
Dabei macht die FDP doch alles richtig: Lindner legt einen Haushalt vor und spart bei rotgrünen Gaga-Themen wie Kindergrundsicherung, Naturschutz, grüner Umbau. Er zieht die finanzielle Schuldenbremse fest und geht dafür ganz liberal bei den ökologischen Schulden ins Risiko. Er schützt den ehrlich ererbten Reichtum der „Leistungsträger“ vor der Habgier der „Transfer-Empfänger“.
Und an seiner Seite sind Leuchttürme des Erfolgs: Der Justizminister bringt Flexibilität in die EU, indem er das verabredete Lieferkettengesetz plötzlich wieder kassiert. Die Bildungsministerin finanziert Visionen von Kernfusion, die uns bestimmt in 70 Jahren die Energierevolution bringen.
Der Verkehrsminister kämpft heldenhaft gegen die sozialistische Gleichmacherei, wonach alle Ressorts zum Klimaschutz beitragen sollen. Er hat aus der langweiligen Deutschen Bahn einen Abenteuer-Erlebnispark geformt. Und als Digitalminister alle überzeugt, dass man für ein gutes Leben nicht überall Internet braucht.
Rundherum nur Flaschen
Um die Liberalen herum: Nur Flaschen. Sozis, die die Faulen mit Mindestlohn und Grundsicherung verwöhnen. Ein grüner Wirtschaftsminister, der es einfach nicht kann: Der Deutschland so schnell vom russischen Gas weggeführt hat, dass die Menschen in ihren Wohnungen erfrieren und die Wirtschaft zusammenbricht. Der überall Windräder und Solarparks bauen lässt und dabei nicht mal den Rotmilan ausrottet. Der die Industrie mit Milliarden in diesem komischen „grünen Umbau“ zu sauberem und sicheren Wohlstand lockt. Der ideologisch verblendet immer noch darauf beharrt, seine Politik zu erklären und Kompromisse zu suchen.
Völlig verständlich, dass die Liberalen sich nostalgisch die Zeiten zurückwünschen, als sie mit der Union so erfolgreich die Regierung führten – und die Grundlagen ihrer selbst eingefädelten Herausforderungen legten: Deckelung der Erneuerbaren, kein Netzausbau für Strom oder Daten, Ruin der Bahn, wachsende soziale Ungerechtigkeit.
Bestimmt hilft hier ebenfalls der bewährte Trick aus dem Kinderzimmer: Augen schließen, Ohren zuhalten und ganz laut schreien: „Ihr seid ja alle doof!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund