Ministerpräsidentenwahl in Thüringen: Ramelow ist wieder wer
Der Landtag wählt den Linken-Abgeordneten im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten. Sein AfD-Konkurrent Björn Höcke hatte zuvor zurückgezogen.
ERFURT afp/taz | Der Linkspolitiker Bodo Ramelow ist zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden. Im dritten Wahlgang erhielt der 64-Jährige am Mittwoch im Erfurter Landtag 42 Jastimmen. 23 Abgeordnete stimmten mit Nein, 20 enthielten sich. Ramelow nahm die Wahl an und wurde vereidigt. Sein Kontrahent Björn Höcke von der AfD hatte zuvor auf eine Kandidatur im dritten Wahlgang verzichtet.
Die 42 Stimmen für Ramelow entsprechen der Stärke der Fraktionen von Linken, SPD und Grünen. Der rot-rot-grünen Minderheitskoalition fehlen im Landtag vier Stimmen für eine absolute Mehrheit. Im dritten Wahlgang reichte dann die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen für die Wahl zum Ministerpräsidenten.
Die 21-köpfige CDU-Fraktion hatte zuvor angekündigt, sich zu enthalten. Einer der CDU-Abgeordneten stimmte im dritten Wahlgang vermutlich mit Nein, ebenso die AfD. Die vier im Plenarsaal anwesenden FDP-Abgeordneten stimmten nicht mit ab und blieben sitzen. Den Boykott der Wahl hatten die Liberalen zuvor angekündigt.
Als Höcke nach der Wahl Ramelow gratulieren wollte, verweigerte ihm dieser den Handschlag. Ramelow sagte im Anschluss an den AfD-Mann gerichtet, er werde ihm erst wieder die Hand geben, wenn er die Demokratie verteidige statt sie mit Füßen zu treten.
Mit der Wahl des neuen Ministerpräsidenten soll die seit Wochen andauernde Regierungskrise in Thüringen beendet werden. Anfang Februar war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Hilfe seiner eigenen Fraktion sowie von CDU und AfD im dritten Wahlgang überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Das löste ein politisches Beben in ganz Deutschland aus.
Leser*innenkommentare
Pfanni
Der Trick, dem „Gegner“ alle eigenen Stimmen unterzuschieben, war nach erstmaliger Anwendung vor 4 Wochen verbraucht. Herr Ramelow hätte damit nicht mehr überrumpelt und lächerlich gemacht werden können, wie damals der mit der Situation überforderte FDP-Mann Kemmerich.
Außerdem hatte Höcke wohl eingesehen, dass weitere Tricksereien dieser Art künftigen AfD-Wahlergebnissen nur geschadet hätten.
Und zum Glück hielten sich CDU und FDP an die „Nicht“-Vereinbarung mit RRG.
Also hat Thüringen wieder eine verlässliche Regierung. Gut so!
Sarg Kuss Möder
Es wäre durchaus Platz für eine etwas korrektere, will sagen ausführlichere Beschreibung, daher hier: Die AfD hat vor dem 3. Wahlgang eine Auszeit genommen. Wozu wohl? Da die FDP konsequent nicht abstimmte und die CDU glaubhaft sich enthalten wollte, war die Zuordnung der Stimmen wesentlich leichter als vor 4 Wochen und die Verwirrungsstrategie der AfD schwieriger. Dann Ramelow zu wählen, wie von Gauland vorgeschagen, also wesentlich durchsichtiger, so dass Höckes IQ nicht mehr ausreichte. Ein Lehrstück, wie die AfD zu schlagen ist, ausgetüftelt von Ramelow im Interesse des Landes. Ganz im Gegensatz z. B. von Merz, genau so alt wie Ramelow, aber nur Schreihals im Hinblick auf die Dezimierung der AfD. Der Mann tönt nur, gerade auch in Thüringen (Apolda) Ich glaube nicht, dass er irgendetwas für das Land auf die Reihe bringen kann, für seine Klientel schon, dann könnte er aber für die 5%-Partei antreten, das wäre ehrlicher.
Rainer B.
„Sein Kontrahent Björn Höcke von der AfD hatte zuvor auf eine Kandidatur im dritten Wahlgang verzichtet.“
Da werden die „Historiker“ landauf landab jetzt aber höchst kontrovers diskutieren müssen, wie die Wahl wohl ausgegangen wäre, wenn Höcke im dritten Wahlgang doch noch mal angetreten wäre. Der Lackmustest für die braune Machtergreifung steht also immer noch aus. (;-))
nelly_m
@Rainer B. jaja, wir werden es noch zu genüge in den ganzen nachrichten hören, wenn die afd ihre welt erklären darf, hättehättefahrradkette.
edmond
@Rainer B. Da sehr ich keinen Interpretationsspielraum. Die CDU hat sich doch bis auf eine Neinstimme enthalten und Ramelow zum Amt verholfen.
Werner S
Eine Minderheitsregierung, jetzt ist Thüringen dort wo es vor 4 Monaten schon mal war, aber ziemlich viel Porzellan zerschlagen.
Peter Farrenkopf
@Werner S Weit mehr als nur ein Polterabend bei dem die bösen Geistern und Dämonen durch zerschlagenes Porzellan vertrieben werden.
RoteZora
Kann die TAZ nicht richtig zählen - oder ich?
42 Ja-Stimmen! War das nicht die Zahl von RRG?
Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
@RoteZora Gut aufgepasst. Das war mein Fehler nach einem Missverständnis und wurde direkt korrigiert.
RoteZora
@Tobias Schulze Kommentar entfernt. Bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl und kommentieren Sie respektvoll.
RoteZora
@RoteZora Der Kommentar bezog sich auf die - nun ohne die übliche Erklärung/ Entschuldigung wegen der falschen Meldung, es fehle eine Stimme von RRG - korrigierte Fassung des Artikels von vor 10 Minuten, ist damit jetzt hinfällig.
Eine Erklärung/Entschuldigung der TAZ ist überfällig!
Hampelstielz
@RoteZora Sehe ich auch so. Diese Standardform wird ständig außer acht gelassen, was unprofessionell wirkt. Die Frage, ob die Taz noch seriös sei, würde sich allerdings erst stellen, wenn absichtlich Falschinformationen gestreut würden. Die Antwort ist also, ja, die Taz ist seriös.
Rainer B.
Die FDP tut nix - die will nur spielen
Die AfD wählt jetzt im dritten Wahlgang geschlossen Ramelow - nur, um ihn zu ärgern. (;-))
mowgli
Ach ja, die Politik! Nirgendwo ist der Mensch freier als da. Nicht eine Stimme mehr, nicht eine Stimme weniger - das nenne ich mal eine Parteidisziplin! (Wäre ich bösartig, hätte ich vielleicht Kadavergehorsam geschrieben.)
nanymouso
Vielleicht sollten sich CDU und FDP das mit der parlamentarischen Beteiligung noch mal grundsätzlich überlegen. Wenn sie sich schon in solch grundlegenden Fragen zu keiner Aktion durchringen können, warum den anderen Parteien dann die Sitze wegnehmen?
Für Beratung zur außerparlamentarischen Opposition stehen ihnen sicherlich viele Linke helfend zur Seite. Außerdem werden sich wohl auch noch ein paar Alt-Grüne auftreiben lassen...
*kopfschüttel*