Ministerpräsident in Volkswagen-Krise: Teil des Systems VW
Stephan Weil gibt in der jetzigen VW-Krise den mahnenden niedersächsischen Landesvater. Dabei hat er als Aufsichtsrat viel Einfluss.
N iedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil ist ein Meister der Leutseligkeit, was für einen sogenannten Landesvater nichts Schlechtes ist. Der freundliche Mann kann irgendwie mit jedem; habituell ist er erkennbar von seiner langen Oberbürgermeisterzeit in Hannover geprägt.
Das Problem bei der aktuellen VW-Krise ist aber, dass er nicht nur am Spielfeldrand steht und es nicht ausreicht, mahnende Landesvaterworte von sich zu geben – so wie zuletzt am Mittwoch in der Talkshow von Markus Lanz. „Bis Weihnachten“ müsse es für die VW-MitarbeiterInnen eine Lösung geben, denn die Situation sei „unglaublich belastend“. Das ist einleuchtend, aber selbstredend.
Es wäre ganz nützlich, wenn Weil einmal Auskunft darüber geben würde, wo er die Ursachen der Krise sieht und was seine Rolle in den vergangenen Jahren eigentlich bei VW war: Als Vertreter des 20-prozentigen VW-Anteilseigners Niedersachsen sitzt er zusammen mit seiner grünen Kultusministerin (warum eigentlich die Kultusministerin?) im Aufsichtsrat und kontrolliert den Vorstand mit. Mehr noch, im Aufsichtsrat wird auch über strategische Fragen und die Produktpalette (wie viele Elektroautos brauchen wir und in welcher Preisklasse?) beraten. Und dass Vorstandschef Oliver Blume, der die derzeitige Krise zumindest mitzuverantworten hat, der Spitzenverdiener unter den DAX-Vorstandsvorsitzenden ist, wird vom Aufsichtsrat jedes Jahr gebilligt.
Politik spielte immer eine große Rolle bei Volkswagen. 2009 kaufte VW Teile der insolventen Autofabrik Karmann in Osnabrück (das waren die mit den Cabrios) – auf Druck der damaligen CDU-geführten Landesregierung. Man muss kein kalter Neoliberaler sein, um festzustellen, dass VW dieses zusätzliche Werk eher nicht brauchte; VW hatte und hat genug Produktionskapazitäten. Mit VW wird immer auch kräftig regionale Standortpolitik gemacht.
Es ist für Niedersachsen und die Beschäftigten ein Segen, dass VW keine normale Aktiengesellschaft ist, die nur nach den Regeln des Shareholder-Value funktioniert. Aber ein paar offene, gern auch selbstkritische Worte der Landespolitik wären hilfreich, damit die Öffentlichkeit die Komplexität der VW-Krise besser begreifen kann.
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