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Milliardär auf fossiler EinkaufstourDer Mann, der die Kohle mag

Daniel Křetínský macht viel Geld mit Geschäften, die zum Aufheizen des Klimas führen. Jetzt will er den deutschen Energiekonzern Uniper übernehmen.

Reich durch Geschäfte, die die Klimakrise beschleunigen: Milliardär Daniel Křetínský Foto: David W. Cerny/reuters

Berlin taz | Manchmal bekommt man ihn sogar zu sehen! Wie jeder Oligarch, der etwas auf sich hält, hat sich auch Daniel Křetínský einen Fußballklub gekauft. Es ist zwar nicht Juventus Turin, Atlético Madrid oder Manchester City – obwohl sich der Tscheche Křetínský solch illustre Vereine durchaus leisten könnte. Auf 9,7 Milliarden US-Dollar taxierte das Magazin Forbes zuletzt sein Vermögen. Trotzdem ist Daniel Křetínský „nur“ Eigentümer des tschechischen Klubs Sparta Prag. Und weil er diesem Traditionsverein auch als Präsident vorsteht, sehen Zuschauer von Fußballspielen den demnächst 50-Jährigen manchmal im Stadion.

Sonst aber kennt das interessierte Publikum Daniel Křetínský nur durch die Schlagzeilen, die er produziert. Den jüngsten zufolge plant „das Phantom aus Prag“ – wie die Wirtschaftszeitung Handelsblatt ihn bezeichnet – den deutschen Kohlekonzern Uniper zu übernehmen. Was sinnlos klingt, schließlich will Deutschland aus der Kohle aussteigen. Und schließlich war Uniper gerade pleite. Was aber Křetínský-like ist: Wo immer ein Kohlekraftwerk abgeschaltet werden soll, investiert der tschechische Oligarch.

Zum Beispiel in Buschhaus. Der Energiekonzern Eon wollte das Kraftwerk im kleinsten deutschen Braunkohlerevier nahe dem niedersächsischen Helmstedt vor fast zehn Jahren stilllegen, weil der Tagebau ausgekohlt war. Křetínský schlug zu, 3,6 Millionen Euro soll Eon für das längst abgeschriebene Altkraftwerk bekommen haben. Und tatsächlich rentierte sich das Geschäft: Zuvor hatte Křetínskýs Firmenimperium bereits die Mibrag gekauft, die Mitteldeutsche Braunkohlen AG.

Jetzt wurde in Buschhaus Kohle aus der Region Leipzig verstromt. 2016 wurde der reguläre Betrieb eingestellt. 2019 gelang der nächste Coup: Buschhaus wurde in die sogenannte „Sicherheitsbereitschaft“ überführt. Allein im ersten Jahr kassierte der Kraftwerksbesitzer 25 Millionen vom Steuerzahler – ohne dass Buschhaus dafür arbeitete.

Bezahltes Einkaufen

Seinen bislang sicherlich größten Deal in Deutschland fädelte Křetínský 2016 ein: Er „kaufte“ Vattenfall die Lausitzer Braunkohle ab. Neben den Kraftwerken, den Tagebauen und den Anlagen bekam Křetínskýs Firmenimperium auch noch 1,7 Milliarden Euro überwiesen. Dieses Geld ist für die Rekultivierung der Tagebaue vorgesehen.

Allerdings stieg Investor Křetínskýs nicht direkt in der Lausitz ein, sondern über ein komplexes Firmengeflecht. Wer Verbindung zum Oligarchen suchte, musste die Lausitz Energie Verwaltungs GmbH finden, eine im Cottbuser Handelsregister registrierte Kapitalgesellschaft, die haftungsbeschränkt ist – auf nur 25.000 Euro. Umweltschützer fürchten, dass sich Křetínskýs an dem Tag mit dem überwiesenen Geld vom Acker macht, an dem die Kraftwerke aufhören zu arbeiten.

Reich geworden ist Křetínský mit dem Erdgasgeschäft in der Slowakei. Aber auch in Frankreich, Großbritannien, Italien oder Tschechien verdient der Oligarch mit dem Aufheizen des Planeten Milliarden. Seine Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von zuletzt 12,2 Gigawatt stoßen mehr Treibhausgase aus als ganz Finnland. In der Europäischen Union ist Křetínský Firmengeflecht damit drittgrößter Klimafrevler – hinter dem polnischen PGE-Konzern und RWE.

Und jetzt sollen gut 34 Gigawatt fossile und nukleare Erzeugungskapazität hinzukommen, die das Unternehmen Uniper international betreibt. Der 2016 von Eon abgespaltene Konzern war 2022 ins Trudeln geraten, weil ein Hauptstandbein durch den russischen Überfall auf die Ukraine wegbrach – der Handel mit russischem Erdgas. Damals zahlten die Steuerzahler 15 Milliarden Euro, die Bundesrepublik stieg als Eigentümer ein. Allerdings verpflichtete sich die Regierung, diese Beteiligung bis spätestens 2028 auf höchstens 25 Prozent plus eine Aktie zu reduzieren. Woher sich Daniel Křetínský dafür die Milliarden organisieren kann, ist unklar: Erst im vergangenen Jahr hatte er sich 20 Prozent der Stahlsparte von Thyssenkrupp gekauft.

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12 Kommentare

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  • Es macht durchaus Sinn, den guten Mann mal etwas näher zu durchleuchten:



    Hier in Frankreich hat er sich das zweitgrößte Presseunternehmen zusammengekauft mit Titeln von "Elle" bis zum Aufleben des Resistance Blattes "Franc-Tireur", sich aber auch nach einem erheblichen Engagement bei LeMonde bei der Liberation engagiert.



    Daneben kauft er sich auch einen hübschen Mischkonzern zusammen, zu dem u.a. die Handelsgruppe Casino und Darty gehören, sowie die ehemals zu Uniper gehörenden fossilen Kraftwerke in Frankreich.



    In UK ist er zudem (u.a.) größter Aktionär von Royal Mail (+/- die deutsche Post von UK), ebenso in Holland bei postnl, www.vesaequityinve...ies/our-portfolio/



    Da die Beteiligungen in unterschiedlichen Gruppen liegen sind sie nicht so einfach ersichtlich: Presse etwa hier: fr.wikipedia.org/w...Czech_Media_Invest



    Interessant auch:



    fr.wikipedia.org/w...9et%C3%ADnsk%C3%BD



    Ach ja: Im "großen Fussball" auch dabei, bei West Ham United...

  • Bei dem Einkaufspreis rechnet sich da ganze vielleicht schon, wenn das ungenutzte Kraftwerksgelände als Filmkulisse für Tatorte uäm vermarktet wird....



    Aber so große Löcher sind natürlich nicht nur für Seenlandschaften interessant, sondern auch für Mülldeponien verschiedenster Art...

  • Es ist schon unfassbar, für welche Kleckerbeträge hier QuadratKILOmeterweise der Grund und Boden Deutschlands an Oligarchen verschleudert wird. Den für ALLES, was dort in Zukunft stattfinden könnte, muss man sich mit diesem Oligarchen und Firmengeflecht auseinandersetzen...



    Und ein praktisch nie beachteter Nebeneffekt: Mit derart riesigen Flächen in Privateigentum entstehen faktisch (nicht juristisch) rechtsfreie Räume. Denn was-auch-immer eine deutsche Behörde, Justiz, Polizei auf diesen Flächen zu erledigen hat - durch die schiere Entfernung von Grundstücksgrenze bis zum "Einsatzort" entstehen Vorwarnzeiten, die einige Straftaten praktisch nicht mehr verfolgbar machen: zB Schwarzarbeit mit Illegalen: In der Zeit, in der Zoll oder Polizei zum vermuteten Aufenthaltspunkt anreisen, können Menschen von hier nach da und dort verbracht werden. Denn ein Durchsuchungsbeschluß gilt wohl nie für 30 Quadratkilometer....



    Dasselbe gilt übrigens auch für die riesigen "Landwirtschaftsbetriebe" aus Ex-LPGs der DDR mit 200qkm Größe...



    Meinjanur...

  • Uniper war 2022 nicht allein deshalb ins Trudeln geraten, weil der Handel mit russischem Erdgas wegfiel, sondern weil bei leeren Speichern bereits viel Gas, das noch gar nicht da war, an Unipers Abnehmer zu festen Preisen verkauft worden war.



    Darunter sicherlich viele Stadtwerke, die



    ihrerseits Lieferverpflichtungen eingegangen waren. Die Uniper-Rettung war damit eine versteckte Stadtwerkesubvention.

  • Naja, es ist ja vorauszusehen, dass E-Autos und Wärmepumpen Strom brauchen.



    Was ist ein Spekulant? Ein Mensch, der weiter denkt als ein Politiker :-)

  • waren jetzt die manager von eon und mibrag zu doof, sich das nicht an einer hand abzaehlen zu koennen, dass es so kommen wird, wie es kam, sondern nur das genie aus prag? oder irgendjemand vielleicht, der beim staat arbeitet und vielleicht ein paar insider optionen hat?

    • @the real günni:

      Dass Kohlekraftwerke dafür, dass sie ausser Betrieb gehen, was infolge des CO2-Preises ohnehin wirtschaftliche Ratio gewesen wäre, noch Geld hinterher geworfen bekommen, war vielleicht eine Möglichkeit, aber sicher nicht die naheliegendste Erwartung.

      Gibt es bei Helmstedt auch Rekultivierungsauflagen, derer sich Eon auf diese Weise zusammen mit dem Kraftwerk entledigt hat?

  • Ganz schon schwer, da keinen Namenswitz zu machen, bei dem Christen, der sich vielleicht bald schon als Benko II oder Marsalek II entpuppen könnte.

    Zerschlagen wir vielleicht doch besser die Fossilbarone, bevor sie unseren Planeten zerschlagen können?

  • Da aus dem dt. Kohleausstieg so schnell nichts wird, die Politik das aber noch nicht zugeben mag und Probleme gerne unter einem Berg Steuergelder vergräbt, entstehen da gute Profitmöglichkeiten. Aber kein Grund das negativ zu sehen: Mit Uniper kann er seine Gewinne aus deutschem Fossilstrom in den Neubau schwedischer AKWs investieren, vernünftig.

  • Es mag gut sein, daß das Kraftwerk in 2019/20 (der Zeit des unvorhersehbaren Covideinbruchs) nicht arbeitete. Die zahlreichen Mitarbeiter aus der Region taten es, wenn die Sicherheitsbereitschaft nicht nur auf dem Papier bestehen sollte (wie ungeprüft und ungeahndet zahlreiche Notfallbetten dieser Zeit) sehr wohl. Sollten sie das ohne Lohn und ohne Gehalt tun? Normalerweise fordert die Taz das Gegenteil.

  • Bei Geschäften, die zum Aufheizen des Klimas führen, hat er ja wirklich reichlich Auswahl. Und in diesem Punkt sind sich sogar Konkurrenten absolut einig.

  • Sicher ein Freund von Merz und der AfD.