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Menschenhandel in LibyenEnde des Wegsehens

Der Sender CNN veröffentlichte kürzlich ein Video, welches belegt, dass Migranten in Libyen verkauft werden. Nun reagiert Afrikas Politik.

Guineas Präsident Alpha Condé, hier vor der UN-Generalversammlung, verlangte sofortige Schritte Libyens Foto: reuters

BERLIN taz | Eine Welle der Empörung breitet sich durch Afrika und die afrikanische Diaspora aus, seit das CNN-Fernsehen am 14. November Szenen aus Libyen wie aus dem Mittelalter zeigte: Junge schwarze Männer, die in der Dunkelheit einzeln vorgeführt und versteigert werden – Startgebot 400 US-Dollar. 12 Menschen aus Niger wurden dem knapp siebenminütigen Film zufolge vor den Augen der schwarzen CNN-Reporterin am 22. Oktober auf diese Weise in einem ungenannten Ort als Sklaven verkauft. Das Fernsehteam hatte zuvor ein Video erhalten, wo „kräftige junge Männer, zur Farmarbeit geeignet“ verkauft worden waren, und war der Geschichte vor Ort nachgegangen.

Der Film machte die Runde in Afrika – angereichert durch andere Filmaufnahmen von libyschen Internierungslagern voller verzweifelter Afrikaner. Und Afrikas Künstler, die bei ihrer Jugend viel mehr Respekt genießen als Afrikas Politiker, machten mobil: Alpha Blondy aus der Elfenbeinküste, Youssou N’Dour aus Senegal, Koffi Olomide aus dem Kongo.

„Haben Sie die Reportage gesehen?“, fragte vor der Kamera der ivorische Reggaestar Blondy, kochend vor Wut, Nigers Präsidenten Mahamadou Issoufou. „Worauf warten Sie, um zu reagieren?“ Und er rief: „Ich fordere alle Afrikaner – und alle Personen, die von diesen Akten schockiert sind, die ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen – dazu auf, alle libyschen Botschaften in ihren Ländern zu belagern, bis zur vollständigen Befreiung aller Gefangenen auf dem libyschen Territorium.“

Gesagt, getan. In Paris und Brüssel, wo die größten frankophonen Exilgemeinschaften von Afrikanern in Europa leben, gingen wütende Menschen am Samstag auf die Straße gegen die Sklaverei. „Wir sind Schwarze, wir sind Menschen“, skandierten 1.000 Demonstranten vor der libyschen Botschaft in Paris. Die französische Polizei sprach von einem „illegalen“ Aufmarsch und nahm eine Person fest.

Nun reagiert Afrikas Politik. Guineas Präsident Alpha Condé, amtierender Vorsitzender der Afrikanischen Union (AU), verlangte sofortige Schritte der libyschen Regierung. Mali rief seinen Botschafter aus Libyen zurück. Niger will den Vorfall auf die Tagesordnung des EU-Afrika-Gipfels in der Elfenbeinküste kommende Woche setzen.

Da wird Europa es nicht leicht haben. Die Afrikaner in Libyen sitzen dort fest, weil Europa sie nicht hineinlässt – und weil Europa Libyens Küstenwache dafür bezahlt, sie abzufangen. Kritik daran kam vorige Woche von der UNO.

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9 Kommentare

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  • "Sklaven spielten im traditionellen System eine wesentliche wirtschaftliche Rolle." bei den Tuareg laut Wikipedia und es wird behauptet, dass dies immer noch nicht ganz vorbei sein soll.

     

    Also bitte auch die Botschaften von Mali, Algerien, Niger und Burkina Faso belagern, aber nicht bei uns.

     

    Ich denke es gibt noch andere afrikanische Gesellschaften, die das auch noch nicht umfänglich unterbunden haben.

     

    Das ist nicht neu. In Griechenland und in Italien wurden vergangenes Jahr sklavenartige Bedingungen mit z.T. bewaffneten Aufpassern entdeckt.

     

    Wenn man das Einkommen eines 1-euo-Jobbers betrachtet könnte man das auch so bezeichnen.

    • @haraldarc:

      Was sind sie nur für ein Mensch?

    • @haraldarc:

      Sie glauben wirklich, dass die Situation eines Sklaven der eines 1-Euro-Jobbers ähnelt? Der Sklave erhält also eine kleine monatliche Grundsicherung und dazu noch einen Euro pro Arbeitsstunde? Und natürlich hat der Sklave im Bedarfsfall die Möglichkeit, sich krankschreiben zu lassen?

      • @Ewald der Etrusker:

        "Migranten in Italien. Die neuen Sklaven Europas" ein Artikel auf Deutschlandfunk.

        Sklavenähnlich ist eine Geschäftsbeziehung u.A. dann wenn man zwar Geld bekommt, aber es nichts übrig bleibt, weil man alles wieder bis Basisausgaben abgeben muss.

        Krankschreiben lassen geht nicht überall auf der Welt. Das ist ein Luxus, den wir uns hier erkämpft haben. Dann wäre der überwiegende Teil der Welt versklavt oder nicht?

         

        Versklavung sollte bekämpft werden und ist weiter verbreitet wie der Artikel den Anschein macht.

  • Interessant auch, dass die Sklaverei von CNN bewiesen wurde, einem Privatsender aus den USA.

     

    Die Gerüchte über Sklaverei in Libyen gab es schon länger, warum haben sich europäische Sender nicht damit befasst? Zum Beispiel die sehr gut finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender aus Deutschland.

     

    Anscheinend gibt es in Deutschland hauptsächlich Hofberichterstattung und Unterhaltung.

    • @Eike:

      Vielleicht besteht eins von Afrikas Problemen darin, dass der Rest der Welt Afrikanern nichts konstruktives zutraut. Der Bericht kam von CNN, und sofort fragen wir: Warum waren es nicht die Europäer? Afrikaner kommen in diesem Gedankenspiel nicht vor.

  • Ich bin gespannt darauf, wie und ob die hiesige Politik darauf reagiert.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Hampelstielz:

      Mehr Geld von der EU für die libyschen Menschenjäger?

    • @Hampelstielz:

      Zunächst muss die lybische und die (nord)afrikanische Politik reagieren. Eine allgemeine Protest-Note der hiesigen Politik nützt den Betroffenen gar nichts.